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klar kann man das, aber nicht, wenn es um die Dienstvorschriften geht. Seit dem Tag, an dem ich dich kennengelernt habe, hast du dich immer an die Vorschriften gehalten.“

      „Na, dann müssen vielleicht die Vorschriften geändert werden.“

      Bis zum letzten Sommer war ihr dieses Leben eigentlich immer recht gewesen. Sie hatte sich in der Alltagsroutine und ihrer Identität als Polizistin eingerichtet. Damals war ein neun Monate langer Undercover-Einsatz geplatzt, bei dem eigentlich Drogendealer wie Boudreaux und Vinny Campanile festgenommen werden sollten.

      Nach dem missglückten Zugriff hatte sich das ganze Team noch im Rosie’s getroffen, um den Frust zu ertränken, und sie hatte …

      „Was ist?“, fragte sie, als ihr Blick durch das gespenstische Licht der Straßenlaternen und dem gelblichen Licht aus den Wohnungen auf seinen traf, die Hupen und Motorengeräuschen der Autos im Hintergrund.

      „Nichts“, antwortete Hogan und blinzelte in ihre Richtung. „Du bist mir nur gerade kurz so verändert vorgekommen.“

      „Ich bin immer noch die Alte, aber ich werde diesen Hund nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Bring du Boudreaux aufs Revier. Die Festnahme geht auf dich – das ist mein Neujahrsgeschenk für dich –, und ich gehe zum Tierarzt.“ Sie wirbelte herum, als der Hund gequälte Schmerzenslaute ausstieß, und eine kalte Träne lief ihr seitlich an der Nase herunter.

      Zuerst waren ihre Schritte zaghaft und unentschlossen, während sie die Avenue entlangging. Ihre Handknöchel taten immer noch weh, aber als sie abwechselnd durch breite Streifen Licht und Dunkelheit ging, wurde sie immer zuversichtlicher und sicherer. Der schwache und erschöpfte kleine Hund schmiegte sich an ihre Brust, und ihr war, als trüge sie ein Stück ihrer eigenen Seele auf dem Arm.

      KAPITEL 2

       Bruno

      Januar

      Scooba, Mississippi

      Für einen Jugendlichen mit einer unglücklichen Kindheit war doch etwas aus ihm geworden. Er hatte seinen Abschluss an der Florida State University mit Auszeichnung gemacht und es in den Law Review geschafft, mit dem besten Spielerberater aus der Branche, Kevin Vrable, als Mentor, der ihm einen Wohnsitz in Beverly Hills beschert hatte – Yeah.

      Eine Zeit lang hatte er nach dem Motto „Was kostet die Welt …“ gelebt.

       „Ich mache dich zum besten Sportagenten der gesamten Branche.“

       „Wenn ich mich zur Ruhe setze, gehört das alles dir, Bruno.“

       „Du bist begabt, mein Junge. Hast einen guten Instinkt.“

      Doch letztes Jahr war es dann immer mehr bergab gegangen und zwar eigentlich aus keinem anderen Grund als Kevins Ego. Immer häufiger hatte er Bruno ausgeschlossen, hatte seine Abschlüsse gemacht und dann sowohl das Geld als auch den Ruhm für sich selbst eingeheimst – und zwar nur für sich selbst.

      Darüber hatte Bruno bis zu dem Moment geschwiegen, als Kevin seine Boni gekürzt hatte. Im Vorjahr hatte Bruno nur noch einmal einen Bonus ausgezahlt bekommen, und als Bruno ihn deshalb zur Rede gestellt hatte, war er von Kevin gefeuert worden. Damit war seine acht Jahre lange Karriere bei Watershed Sports beendet.

      Kevin Vrable war ein kleinkarierter, neidischer, gieriger Mann, für den es keine moralische Verpflichtung war, seine Versprechen zu halten, aber Bruno hatte all die gebrochenen Versprechen überlebt.

      Am Boden zerstört und völlig fassungslos hatte er beschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen. Schließlich war er seit drei Jahren einer der besten und erfolgreichsten Spielerberater im Land. Er hatte Einfluss, einen hervorragenden Ruf, Branchenkenntnis und Know-how.

      Und das war der Grund, weshalb er jetzt in einem billigen Mietwagen saß und auf dem Weg nach Scooba, Mississippi, war, einem Ort mit sechshundertsiebenundneunzig Einwohnern.

      Sein Kumpel Stuart Strickland hatte ihn mit einer selbst aufgemotzten Gulfstream Maschine zum Golden Triangle geflogen, den Rest des Weges legte er in einem klapprigen Mietwagen auf Landstraßen zurück.

      „Da sind Sie ja. Gut. Das ist gut“, begrüßte Coach Brown ihn und klopfte ihm auf die Schulter. Bruno reckte und streckte sich, nachdem er aus dem Auto gestiegen war, und der kalte Wind erfrischte seine warmen, reisemüden Beine. „Danke, dass Sie den weiten Weg zu uns auf sich genommen haben. Ich hatte schon fast damit gerechnet, dass Sie es sich doch noch anders überlegen.“

      „Das hätte ich auch beinah“, erklärte Bruno, hängte sich seine Ledertasche um und schlug die Autotür zu. „Ihnen ist aber schon klar, dass Sie hier am Ende der Welt sind, oder?“ Er fiel mit dem Coach in einen Gleichschritt und betrat mit ihm den Verwaltungstrakt der Trainingshalle. Das Geräusch der Absätze seiner Slipper auf dem Fliesenboden hallte von den Wänden des Ganges wider.

      „Jap. Das hier ist tiefste Provinz“, bestätigte Coach Brown, gab Bruno mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er seine Tasche in seinem Büro abstellen sollte, und ging dann mit ihm zusammen den Gang hinunter. „Aber wir haben ein großartiges Football-Programm.“

      „Und Ihnen ist hoffentlich auch klar, dass ich nur hier bin, weil ich Calvin Blue einen Gefallen tun will, oder?“ Calvin von der Florida State University war der Protoptyp eines amerikanischen Footballspielers. Ein Spieler, den Bruno und seine neu gegründete Agentur Sports Equity unbedingt brauchte.

      Der Spieler auf der Tailback-Position würde diesen April in die erste Runde des NFL-Drafts, dem Auswahlprozess der neuen Spieler, gehen, das bedeutete für Calvin das ganz große Geld, und für Bruno auch, vorausgesetzt, er konnte den Jungen überreden, bei ihm zu unterschreiben. Außerdem würde dadurch Brunos Ruf in der Branche wiederhergestellt werden.

      Es war ja das Eine, dass er sich von Kevin und Watershed getrennt hatte, um selbst eine Sportleragentur zu gründen, aber gegen die bösartigen Gerüchte anzugehen, die Kevin streute, um Misstrauen bei den Kontaktpersonen des Profisports für die Top-Universitäten zu säen, war noch mal etwas ganz anderes.

       „Es läuft nicht mehr bei ihm.“

       „Er kriegt keine Abschlüsse.“

       „Eine Ein-Mann-Agentur? Was soll denn das? Der kann doch gar nichts für deine Jungs tun. Der pfeift aus dem letzten Loch.“

      Trotzdem machte er mit seinem Einfluss, seiner Schlagkraft, seinem guten Ruf und seinem Können weiter mit.

      „Calvin ist ein guter Junge“, sagte Coach Brown. „Hat Talent. Ich bin wirklich dankbar, dass er versucht, seinem alten Teamkameraden zu helfen.“ Brown leitete ein Programm am Junior College, das Jungs, die – aus welchen Gründen auch immer – im Sportprogramm eines großen Colleges gescheitert waren, wieder zurücknahm. „Haben Sie sich die Videos angeschaut, die ich Ihnen geschickt habe? Dieser Tyvis … der hat alles, was man braucht.“

      „Ja, ich hab mir die Videos angesehen. Der hat schon einen ganz ordentlichen Wurf, aber meine Hauptsorge ist der Grund, weshalb er hier bei Ihnen ist.“ Bruno ging mit dem Coach durch den Kraftraum zum Trainingsplatz nach draußen und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu, um sich gegen den Wind zu schützen.

      „Er hat ein Aggressionsproblem. Ist ein paar Mal Trainern gegenüber ausgerastet und er hat einen Kiosk überfallen. Vor Gericht hat er wirklich Gott auf seiner Seite gehabt, denn der Richter hat ihn nur zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, verbunden mit der Auflage, das ganze erbeutete Geld zurückzuerstatten. Seine Auflagen hat er alle erfüllt. Er hat das gesamte letzte Jahr gearbeitet, um das Geld zurückzuzahlen, und dann ist er hier aufgetaucht.“

      Browns Aufgabe in dem angesehenen Community College, auch Junior College, kurz

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