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jetzt ist es so weit! Der „Badenweiler“ ist nämlich Hitlers Lieblingsmarsch gewesen. Deshalb ist er auch heute weitgehend unbekannt. Er war allein ihm vorbehalten. Er durfte nur bei persönlichen Auftritten Hitlers gespielt werden. Noch lauter wurde gejubelt, als der große Matador endlich auf der Bildfläche erschien. Die lang anhaltenden Ovationen hat Hitler sichtlich genossen. So hat es wieder einige Zeit gedauert, bis er dann endlich mit seiner Rede beginnen konnte.

      Er verkündete mit einigem Stolz, dass es gelungen sei, ein neues Auto zu entwickeln, welches einmalig auf dieser Welt sei. In seiner Klasse gäbe es nichts besseres – vor allem – nichts preiswerteres.

      Das Wunderauto sollte 999,- Mark kosten. Das war ein Hammer. Vergleichbare Autos von Opel oder Ford haben das Doppelte, meist sogar das Dreifache gekostet.

      Jedem Volksgenossen sollte es möglich gemacht werden, dieses Auto zu kaufen. Hitler präsentierte ein sensationelles Finanzierungsprogramm. Mit einer Mindestrate von 2,50 Mark konnte jeder die Anwartschaft auf die spätere Lieferung eines Autos erwerben. Mit der Ratenzahlung konnte sofort begonnen werden. Das vergaß er nicht hinzuzufügen. Die Massen kamen aus dem Jubeln nicht heraus.

      Als Standort für die Fabrikation wurde Fallersleben bestimmt. Fallersleben lag in einem bis dahin strukturschwachen Gebiet in Niedersachsen. Eine Stadt mit dem Namen Wolfsburg hat es 1937 noch nicht gegeben. Heute ist Fallersleben ein Stadtteil von Wolfsburg.

      In der Bevölkerung lösten diese Neuigkeiten eine Riesenbegeisterung aus. Nicht selten hörte ich den oft angewendeten Spruch: „Wie das der Führer wieder hingekriegt hat!“ Allein ihm wurde der Erfolg gutgeschrieben.

      Aus heutiger Sicht klingt das alles sehr unwahrscheinlich. Vielleicht sogar stark übertrieben. Ich fasse es ja selbst nicht mehr. Aber, es ist wirklich so gewesen. Ich habe das alles selbst erlebt.

      Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch so mancher Hitler-Kritiker von dieser riesigen Begeisterungswelle mitgerissen worden ist. Jedenfalls war es nicht leicht, sich dieser Massenhysterie zu entziehen.

      Wir 10-jährigen Pimpfe hatten damit ohnehin keine Probleme.

      In der Folge wurden Kaufverträge in Massen abgeschlossen. In Fallersleben sprudelten die Kassen!

      Auch bei Oma und Opa hatte die Führerrede ihre Wirkung nicht verfehlt. Der Opa machte sich schon Gedanken über die Höhe der Rate, die er sich leisten konnte. Denn solch ein Auto wollte er unbedingt haben.

      Viele Jahre schon hatte er in seiner Autolackiererei mit Autos zu tun gehabt. Einen Führerschein hatte er schon, weil er auch schon einmal ein Auto besessen hatte. Es war ein uralter „Brennabor“, der nach kurzer Zeit seinen Geist aufgegeben hatte.

      An die gemeinsamen Autotouren, so um 1932/1933, kann ich mich noch gut erinnern.

      Die Oma beschäftigte sich derweil mit Gedanken, die in eine ganz andere Richtung gingen. Sie hat gewusst, dass ein Auto schon immer Guidos sehnlichster Wunsch gewesen ist. Sie wollte aber nichts dafür bezahlen.

      „Guido“, sagte sie mit wichtigem Gesicht, „ich werde dir dieses Auto besorgen. Darauf kannst du dich verlassen!“

      Mir stockte der Atem. Wie wollte die Oma das anstellen? Dabei hat sie so getan, als ob sie das Auto schon so gut wie sicher hatte. Aber, überzeugt von sich ist die resolute Oma schon immer gewesen.

      Die schriftstellerisch begabte Oma hatte sich vorgenommen, ein Gedicht zu schreiben. Darin wollte sie das Auto und natürlich auch den Führer loben. Sie hat schon gewusst, worauf es ankommt. Für ein Auto wäre sie bereit gewesen, so etwas zu tun. „Das Gedicht wird so ausfallen, dass bestimmt ein Auto dabei herausspringen wird.“ Davon war sie fest überzeugt.

      Der Opa hat sich das angehört. Und einmal mehr bewunderte er seine einfallsreiche Anna. Sie war immer für Überraschungen gut. Und, dass sie das schaffen würde, das hielt der Opa durchaus für möglich. Kürzlich hatte sie noch anlässlich eines Heimatfestes in Dienstedt mit großem Erfolg selbstverfasste Gedichte – Erinnerungen aus der Kindheit – in Mundart vorgetragen.

      Jedenfalls war der Opa gerührt. Er bekam feuchte Augen. Das war beim Opa immer so. Er ist ein reiner Gefühlsmensch gewesen, der seine Empfindungen nie verbergen konnte.

      Er reagierte so, ganz gleich, ob es eine freudige oder eine traurige Nachricht gewesen ist, die er gerade erhalten hatte.

      Mit leichter Hand hat die Oma das Gedicht geschrieben. Sie hat es sofort abgeschickt.

      Sie hat gewusst, worauf es dabei angekommen ist. Ein klein wenig von der „Bauernschläue“, die man denen, die vom Land in die Stadt gezogen waren, nachgesagt hatte, die hatte sie sich wohl erhalten.

      Wie die Großeltern wirklich gedacht haben, das haben sie in ihrer selbstlosen und hilfsbereiten Art mehr als einmal bewiesen. Als sie im Jahre 1943 den guten alten jüdischen Freund Richard Besser bei sich aufgenommen haben, da haben sie nicht lange überlegen müssen. Das ist für sie eine Selbstverständlichkeit gewesen. Weil er Jude gewesen ist, hat der Buchdruckermeister Besser bei der „Thüringer Allgemeinen“ seine Arbeit verloren. Niemand hat es daraufhin gewagt, ihn einzustellen. Besser war so gut wie mittellos. Er hatte sich nicht mehr getraut, in seine eigene Wohnung zu gehen.

      Die Großeltern haben gewusst, wie gefährlich das gewesen ist, was sie getan haben. Sie fühlten sich verpflichtet, es trotzdem zu tun.

      Richard Besser ist im Jahre 1944 von einem seiner täglichen Spaziergänge nicht zurückgekommen.

      Erst Jahrzehnte später habe ich zufällig erfahren, dass er in den Gaskammern von Auschwitz ein schreckliches Ende gefunden hat.

      Diese Hilfe für den jüdischen Freund, die ist echt gewesen! Das ist ein Riesenunterschied.

      Das Thema KdF-Wagen, wurde bald von den aktuellen Ereignissen überrollt. 1939 begann der 2. Weltkrieg. Alle bis dahin produzierten Autos waren direkt von der Wehrmacht übernommen worden. Bald wurde auch jedem kritischen Volksgenossen klar, dass der Bau des Volkswagens, wie er jetzt genannt wurde, ein Teil der Kriegsvorbereitungen Hitlers gewesen ist.

      In den eisigen Wintern in Russland hat der Wagen unschätzbare Dienste geleistet. Der Volkswagen – luftgekühlt – lief noch, als alle wassergekühlten Autos eingefroren und nicht einsatzbereit gewesen waren.

      Kein einziges Auto ist zum sagenhaften Preis von 999,- Mark an einen der fleißigen Ratensparer ausgeliefert worden.

      Vermutlich hat auch der außerordentlich niedrige Preis zu den vielen Märchen gehört, die uns damals aufgetischt worden sind.

      Nach dem Krieg war das von Millionen Bürgern angesparte Geld futsch!

      Auch Omas heroisches Gedicht war erfolglos. Aber wenigstens haben die Großeltern keinen Pfennig eingebüßt.

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