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Speisen damals hatten mehr Fettanteil; gekocht wurde mit Schmalz. Eine besondere Delikatesse waren die „Brotwertscht“. Über Generationen überliefert sind die Aussprüche, dass der Vater den Kindern den besseren „Schwartamaga“ oder den Speck anpries und die Kinder antworteten: „Vater den guten Speck überlassen wir dir, wir essen lieber die Brotwerscht.“

      Auch wenn ich selbst nicht mehr schlachte, werden von mir noch heute vor Weihnachten Bratwürste („Brotwerscht“) selbst hergestellt und von mir selbst geselcht. Jedes Jahr in der Weihnachtsnacht – nach der Christmette – lade ich meine Enkel samt Freundinnen und Freunde ein: Bis in die Morgenstunden werden meine Bratwürste mit frischem Kren gegessen und auch das eine oder andere getrunken; und ich freue mich, dass meine „Brotwerscht“ den Jungen so schmecken; auch das hält mich jung.

      Bei der Zubereitung meiner „Brotwerscht“ (Bratwürste) habe ich das Rezept quasi den Erkenntnissen der heutigen Diätologie entsprechend abgeändert und verfeinert; die heutigen „Brotwerscht“ weisen bei weitem nicht mehr jenen Fettanteil auf, den sie damals hatten.

      Mein Rezept für Bratwürste („Brotswerscht“) lautet:

      „Für eine Menge von 20 kg Schweinefleisch

       - 20 kg Faschiertes

       - 3 x 100 g Paprika edelsüß (Pulver)

       - 3 x 35 g Neugewürz-Piment (gemahlen)

       - 1 x 35 g Pfeffer schwarz (gemahlen – Pulver)

       - 1 x 30 g Chili (gemahlen – Pulver)

       - 3 Mal Handvoll – halb grob – halb fein gemischtes Salz

       - 35 dkg Knoblauchzehen (gemahlen)

       Die Masse fest durchkneten, roten Tischwein – ca. 1 Liter (+/​-) – beimengen. Dann kosten und – wenn nötig – nachbessern. Wurstmasse in dünne Schweindärme mit Wurstspritze einfüllen. Frische Würste 8 Stunden ruhen lassen; dann 6 – 7 Stunden selchen (räuchern).“

      Die Kerneier haben auch gut und viel – vor allem auch zu viel – getrunken. Bier kannte man damals noch wenig. An alkoholischen Getränken wurde hauptsächlich selbst erzeugter Rotwein und Weißwein, der in angrenzenden Hügeln der Telecka gereift war, getrunken. Die Trebern von der Traubenlese wurden zu Schnaps vergoren; neben Trebernschnaps hatten wir hauptsächlich noch Schligowitz (Zwetschgenbrand). An antialkoholischen Getränken hatten wir hauptsächlich Sodawasser und Limonaden; mit diesen Getränken wurden wir von einem Erzeuger beliefert, der die Limonaden und das Sodawasser damals in die Haushalte zustellte.

      Hatte man zu viel Wein und Schnaps getrunken, dann war „Sarmenkraut“ nicht nur eine Köstlichkeit, sondern auch das ideale Gericht, um den Magen wieder „einzurenken“. Daher gab es traditionell zu Neujahr und in der Faschingszeit oft „Sarmenkraut“. Das traditionelle „Sarmenkraut“-Rezept besteht aus der Masse von ca. einem Kilo faschiertem Schweinefleisch mit Reis, süßem Paprika, scharfem Paprika, Neugewürz-Piment, Zwiebel, Knoblauch und 3 Eier. Diese Masse wurde in Knödelform gebracht; die einzelnen faschierten Knödel werden mit einem Sauerkrautblatt eingerollt bzw. umhüllt. In den Kochtopf kamen die jeweils mit Sauerkrautblätter umhüllten Sarmenkrautknödel und dazwischen mehrere Lagen Sauerkraut; mit ausreichend Wasser wurde das ganze ca. eine knappe Stunde gekocht. Eine Einbrennsoße verfeinerte das „Sarmenkraut“.

      „Sarmenkraut“ war und ist nicht nur eine Spezialität; nach einem Fest, bei dem man über die Stränge geschlagen hatte, war und ist „Sarmenkraut“ zum „Einrenken des Magens“ bei Alt und Jung beliebt.

      „Sarmen“ ist eine Speise, die aus der Region stammte; es handelt sich um eine serbische oder – wie ich meine – eher eine kroatische Spezialität.

      Die Kerneier Küche hatte auch ihre Tradition aus dem „alten Österreich“: Bekanntlich war die Lieblingsspeise des alten Kaisers Franz Josef der „Tafelspitz“: Bei dieser Speise handelt es sich um gekochtes Rindfleisch, bei dem zuerst die Rindssuppe mit Einlagen (etwa Nudeln) serviert wird und anschließend das gekochte Rindfleisch, der „Tafelspitz“ – damals bei Hof ebenso wie heute in den Restaurants – mit Apfelkern, Schnittlauchsoße, Spinat und Röstkartoffel serviert wird. Damals aßen wir an Sonn- und Feiertagen die einfachere bäuerliche Version dieses Tafelspitzes: Zu jedem Festmahl gab es eine Rindssuppe mit Nudeln (oder auch mit Reis); als Zwischengang wurde das gekochte Rindfleisch – welches die Kraft für die Rindssuppe gegeben hatte – mit Kren serviert; wir nannten dies „Suppenfleisch mit Kren“.

      In Kernei gab es oft Nudel- oder Ribelsuppe. Dieses bestand aus Hühnersuppen, mit Schweinsknochen gekochte Suppen oder eben auch Rindssuppen an Sonn- und Feiertagen mit „Suppenfleisch und Kren“ als Zwischengang. Unter der Woche gab es meist keine Nudeln in der Suppe, sondern einfache „Ribeln“: Dabei handelt es sich um kleine Teigwarenstücke, die aus demselben Teig gemacht wurden wie Nudeln.

      Für „wertags“ (also: werktags – nicht sonntags) waren Nudeln, insbesondere auch für die fleischlosen Gerichte, beliebt: „Bohnen und Nudeln“, Mohnnudeln, „Krumpira und Nudeln“ u. a. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass wir in Kernei weder das Wort „Kartoffeln“ noch das Wort „Erdäpfeln“ (österreichisch) verwendeten, sondern zu dieser Erdfrucht „Krumpira“ sagten; ein Wort, das aus der serbokroatischen Sprache stammt.

      Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Ansichten über Nudeln im Laufe der Jahrzehnte (Jahrhunderte) sehr veränderten: Damals mussten die Nudeln weiß sein, also aus Weizenmehl gemacht sein. Man sagte damals, nur die armen Leute hätten dunkle Nudeln oder dunkles Brot. Heute weiß man, dass das aus Vollkorn gemachte dünklere Brot und die dünkleren Nudeln gesünder sind; heute sind dunkle Teigwaren und dunkles Brot (Vollkornbrot) modern und gesund.

      Die Hauptspeise an Sonntagen und Festtagen war „Gebratenes“ (mehrere Formen des Schweinsbratens) und – aus Österreich stammend – Schnitzeln. Damals gab es aber nur Schweinsschnitzeln; das klassische „Wiener Schnitzel“ ist ja aus Kalbfleisch.

      Der ungarische oder magyarische Einfluss in der Kerneier Küche durfte nicht fehlen: Hauptgang eines jeden Festmahls war der „Paprikasch“; in Deutschland und Österreich würde man dazu heute wohl „Gulasch“ sagen. Zu Faschingsdienstag oder besonderen Festtagen war als Hauptgang der „Kalbs-Paprikasch“ angesagt; ansonsten gab es oft „Hühner-Gulasch“ („Hingl-Paprikasch“) und „Paprikasch“ aus Schweinefleisch.

      Die damalige Bevölkerung der Vojvodina – Deutschsprachige mit historischer Tradition zum alten Österreich, Serben und Kroaten sowie Magyaren (Ungarn) – spiegelte sich in der Kerneier Küche wieder.

       Kapitel 4

       FEIERN UND TANZEN „… BIS DIE PELZKAPP’ WIEDICH WERD“

      Die Kerneier haben viel und schwer gearbeitet: Vom Tagesanbruch an bis zum Abend. Ebenso intensiv und lebenslustig wurde gefeiert und getanzt.

      Feiern und Tanzen war durch die Jahreszeiten und die Vorgaben der katholischen Kirche (Kerweih, Fasching, Fastenzeit) geprägt. Das kontinentale Klima bescherte uns heiße Sommer und kalte, schneereiche Winter. Von Frühjahr bis Herbst wurde viel gearbeitet; sobald der Winter einbrach, wurde Karten gespielt, gefeiert und getanzt. Der ausgeprägte Fasching endete streng katholisch am Aschermittwoch.

      Neben dem Kartenspielen war Tanzen eine große Leidenschaft der Kerneier und der Donauschwaben überhaupt. So wie gekocht wurde, tanzte man auch: Altösterreichisch, serbisch, kroatisch und ungarisch.

      Wir tanzten Walzer im Dreivierteltakt

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