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doch etwas frei bewegt. Wir müssen am besten jede Stunde da unten nachschauen gehen!“, berichtete uns Peter eine halbe Stunde später, als er zusammen mit Gerd wieder auf die Brücke kam.

      „Wir werden am besten Wachen aufstellen müssen, Kapitän. Ich schlage vor, dass Peter und Gerd sich jetzt schlafen legen, Martin und ich übernehmen die erste Laderaumwache bis zwanzig Uhr, danach sind Sie dann dran!“

      „Ja, Chief, machen wir es so, ich bleibe sowieso hier auf der Brücke“, antwortete der Mann, der doch in ein paar Stunden um Jahre gealtert zu sein schien.

      Endlich konnten Peter und ich uns umziehen gehen. Martin hatte ich schon vorher, während die beiden im Laderaum waren, nach unten geschickt, wo er seine nasse Klamotte wechselte.

      Gerd hatte sich noch, bevor er wieder auf die Brücke kam, schnell umgezogen, nun waren wir beide dran, und so gingen wir in unsere Kabinen.

      Schnell zog ich mich im Badezimmer aus, ließ die nassen Sachen auf den Boden fallen, trocknete mich rasch ab und zog mir frische, saubere und vor allem trockene Klamotten an.

      Luwala lag immer noch selig auf dem Rücken in meiner Koje.

      Sie hatte sich zwischen die Matratze und den Schott eingekeilt, sie musste aber irgendwann aus der Koje gekommen sein, denn sie hatte auf den Boden gepisst.

      „Gut für dich, dass du nicht in die Koje gepisst hast, du alte Sau!“, sagte ich ihr und ohne mich um ihre treudoofen Augen zu kümmern, legte ich ein paar Putzlappen auf ihre Pisse drauf und ging in den Maschinenraum zu den Deutz-Bullen.

      Dort, wie erwartet, war alles bestens.

      Vorsichtshalber aber tat ich, was ich von Anfang unserer Misere und aufgrund der übermäßigen Schaukelei hätte tun sollen: Ich stellte nämlich den Schmierölseparator ab, ließ den zweiten Hilfsdiesel anlaufen und brachte es parallel zu dem anderen aufs Netz.

      Das hätte ich wirklich früher tun müssen, denn ein Blackout war das allerletzte, was wir in so einem Zustand hätten brauchen können.

      Danach erinnerte ich mich, dass ich seinerzeit am Schott im Maschinenraum neben der Ballastwasserpumpe an Steuerbord eine Zehn-Millimeter-Schraube eingeschraubt gesehen hatte.

      Dieser Schott ist die Trennung zwischen Maschinenund Laderaum und ich wunderte mich damals sehr, dass jemand so dämlich gewesen sein konnte, dort ein Loch zu bohren.

      Ohne lange zu zögern, schraubte ich den Bolzen raus und schon hatte ich eine Verbindung zum Laderaum.

      Welches wunderbare Arschloch auch immer das getan hatte, war mir Wurst, insgeheim aber bedankte ich mich bei ihm für seine Dämlichkeit, denn aus dem Loch kam kein Wasser; das Schiff war also noch dicht.

      Unterwegs nach oben traf ich Peter, der gerade aus der Kombüse mit einer Plastiktüte voll mit Wurstbroten kam, und ich bat ihn, kurz mit mir in den Maschinenraum zu kommen.

      Dort zeigte ich ihm das Loch am Schott und gleich darauf, wieder unterwegs nach oben, bat ich ihn, jede halbe Stunde während seiner Wache danach zu sehen, ob Wasser daraus kommen würde.

      „Wenn ich da Wasser rauskommen sehe, dann ruf ich dich, okay?“

      „Eben, dann schauen wir mal nach, wie groß das Loch im Laderaum ist. Wenn es nur ein kleines Loch ist, dann sehe ich zu, das Wasser außenbords zu pumpen und ihr dichtet es ab, wenn es zu groß ist, kommen wir nicht gegen an, dann springen eventuell alle gemeinsam samt dem Hund außenbords in die Rettungsinsel“, antwortete ich genauso lapidar.

      Als ich auf die Brücke kam, war mein erster Eindruck, dass der Sturm am Nachlassen war.

      Die Jungs hatten anscheinend ganz andere Sorgen im Kopf, denn als Peter denen sagte, dass er etwas zu essen mitgebracht hatte, stürzten sich die beiden wie hungrige Wölfe auf die Brote und fingen an; wie die Wilden an zu mampfen.

      „Es lässt nach, Chief!“, sagte der Kapitän, nachdem er sich zum x-ten Mal bei Ouessant Radio gemeldet hatte.

      „Diesen Eindruck hab ich auch, Kapitän, es scheint nur noch so gute sieben bis acht da draußen zu pusten“, pflichtete ich ihm bei.

      „Es ist noch hell, wenn Sie möchten, könnten wir jetzt doch mal in den Laderaum gehen.“

      „Dann nichts wie hin, Chief!“, antwortet er sofort und ohne sich um den Steuermann zu kümmern, der immer noch wie angewurzelt neben der Tür zum Steuerbordnock stand, rief er Peter am Fahrtstand.

      „Bootsmann, halte den jetzigen Kurs, sollte die Ruderanlage ausfallen, so geh sofort auf Handsteuerung, versuch diesen Kurs, bis wir wiederkommen, bei zu behalten.“

      „Das geht klar, Kapitän, 315° liegen an!“, bemerkte Peter. Er nahm seine Stellung am Fahrtstand an und der Alte und ich gingen in den Laderaum.

      Auch dieses Mal schafften wir es ohne Probleme dorthin zu gelangen.

      Wir bekamen noch nicht mal nasse Füße.

      Im Laderaum hatten auch die Geräusche des Schiffes im Sturm nachgelassen.

      Der Hauptmotor jaulte zwar immer noch, aber nicht mehr so oft und nicht mehr so wild, fast rabiat und laut, wie Stunden zuvor.

      Beim Anblick des Raums vorne wurde der Kapitän blass.

      „Danke, Chief!“, mehr sagte er nicht, für mich aber war das mehr als genug.

      Dort kontrollierte ich noch den Zustand der Spannketten und Schrauben, ich fand alles wie gehabt und so zeigte ich dem alten Kapitän die abgerissenen Spannten am Schiffsrumpf. Nicht nur die zwölf Stück an Steuerbord, nein, ich zeigte ihm auch die dreizehn Stück an Backbord. Ich ließ ihn auch das abgerissene Ballastwassertank-Peilrohr nochmals an Steuerbord begutachten und machte ihm klar, dass gerade dieses Rohr höchstwahrscheinlich dazu beigetragen oder eben gerade verhindert hatte, dass einer der Pontons uns nicht glattweg durch die Wand ging.

      „Wie konnte das bloß geschehen?“, fragte der Mann fassungslos.

      „Sie sind immer auf großer Fahrt gewesen, Kapitän, dort haben Sie immer gute Steuerleute, gute Bootsmänner und gute Matrosen gehabt, hier an Bord haben Sie einen unerfahrenen Steuermann und zwei unerfahrene Jungs als Deckbesatzung, unser aller Betriebsgewohnheit tat den Rest, deswegen sind wir hier und heute fast zugrunde gegangen“, antwortete ich ihm.

      „Mit achterlichen Seen ist dieses Schiff Weltmeister, die schaukelt zwar etwas, aber nicht so viel, die Pontons sind soweit gut gesichert, das Wetter hat merklich nachgelassen, meinen Sie nicht, dass wir doch beidrehen können und unter Landschutz fahren sollten, wir müssen all die Pontons im Zwischendeck setzen, so können wir nicht weiter fahren. Wie viel Zeit brauchen Sie, um die Pontons wieder in Position zu bringen, Chief?“

      „Normalerweise keine zwanzig Minuten, nun aber wird es wohl eine gute Stunde dauern, Kapitän, mehr nicht.“

      „Nur eine knappe Stunde Ruhe und ich könnte weiterfahren!“, murmelte der Alte vor sich hin.

      Am liebsten hätte ich dem alten Sack eine geschmiert, denn er dachte immer noch nur an sich.

      „Es gab Leute auf See, die, um ihr Leben zu retten, nur noch Sekunden brauchten, die bekamen sie aber nicht, eine Stunde dagegen sind viele Ewigkeiten, Kapitän.“

      „Gut, Chief, Danke noch mal, dann lass uns nach oben gehen, wir wollen den Dampfer drehen und hoffentlich behalten Sie auch dieses Mal recht“, sagte der Mann und ging, sich immer noch gut festhaltend, aus dem Raum, nach oben zum Fahrtstand.

      „Während ihr im Laderaum wart, hat der Steuermann hier sich beschwert, weil es heute weder ein warmes Mittag- noch Abendendessen gab“, informierte uns Peter, als wir wieder auf der Brücke waren.

      Während der Kapitän seinen Platz am Ruder einnahm und dabei den Steuermann der sich langsam zum Leben erweckt und von seinem Posten neben der Tür zu dem Radar gewechselt hatte, von oben nach unten, fast verachtend anschaute, fragte ich Gerd, was er dazu getan hatte.

      „Nichts Besonderes, den hab ich nur kurz am Hals gepackt und ihm

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