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die uns noch durch die Wand und dann ist wohl Feierabend mit lustig und wir gehen alle baden!“, erklärte ich denen.

      Der Kapitän schien nicht begriffen zu haben, was ich da gesagt hatte, denn als ob ich nicht da gewesen wäre, laberte er und dozierte weiter mit den Jungs über Wasser und Wellen.

      „Sagen Sie mal, Kapitän, haben Sie mir überhaupt zugehört?“, fragte ich wütend den alten Sack, der immer noch am Schnacken war.

      „Wie bitte?“, fragte der alte Mann fast erschrocken.

      In aller Ruhe erklärte ich noch einmal, in welcher prekären Lage wir uns befanden und was ich dagegen tun wollte.

      „Ja, Chief, wenn das so ist, dann haben Sie natürlich recht. Ich will mir aber zuerst selber die Lage im Laderaum anschauen!“

      „Den Teufel werden Sie tun, mein Lieber. Sie bleiben hier brav auf der Brücke und fahren das Schiff und gehen nirgendswo hin!“, antwortet ich bissig, ohne ihn weiterreden zu lassen.

      „Ich bin der Kapitän und ich muss mir selber ein Bild über den Zustand meines Schiffes machen!“, antwortete mir der alte Sack trotzig.

      „Falls Sie jetzt die Brücke verlassen, um in den Laderaum zu gehen, so breche ich Ihnen ein Bein. Auf den Steuermann ist kein Verlass, Sie sind hier jetzt der Einzige, der das Schiff in so einer Situation fahren kann und ich brauche die Jungen und den Koch mit mir im Raum. Wir sind tief in der Scheiße und alles, was ich zur Verfügung habe, sind zwei achtzehnjährige Jungs, die zum ersten Mal auf See sind, und Peter. Hinzu kommt ein Steuermann, der von nichts eine Ahnung hat und ein 68 Jahre alter Kapitän, der, obwohl er kaum auf den Beinen stehen kann, in den Laderaum gehen will, nur weil er den Kapitän spielen will und ich soll dem Mann kein Bein brechen?“, fragte ich zum Schluss, verbittert und angeekelt über seinen Hochmut und seine überhebliche Einstellung.

      Ohne mich weiter um den alten Mann zu kümmern, ging ich aus der Brücke, Peter und die Jungs folgten mir ohne Widerrede.

      Ein paar Minuten später waren wir alle vier zwar etwas nass und außer Atem, aber mit heilen Knochen bei dem losen Pontons im Laderaum.

      Wir brauchten gut und gerne zwei Stunden, um all die Pontons so zu sichern, dass die einigermaßen gut und fest an der Backbordseite des Schiffes sicher befestigt worden waren.

      So was hört sich einfach an, es war aber nicht so und ungefährlich war’s erst recht nicht.

      Wir befanden uns im vordersten Teil des Laderaums, und das Schiff sprang wie ein wilder Mustang mit bis zu sechs Metern in die tiefen Wellentäler.

      Am Ende aber, ohne uns dabei die Knochen zu brechen, hatten wir es fertig gebracht, nicht nur jeden der losen Pontons an die Spannten des Schiffes festzumachen, wir hatten auch noch eine gehörige Portion Holzpolster zwischen diese und die Schiffswand gesetzt.

      Ganz felsenfest gelascht waren die nicht, wir hatten es nur geschafft, die alle gut zu befestigen, dort, wo die waren und so, wie die dort auch lagen.

      Mehr war in so einer Lage einfach nicht drin gewesen.

      Um zu vermeiden, dass die sich durch Eisen-auf-Eisen-Reibung noch weniger bewegen konnten, waren wir in der Lage gewesen, eine gute Verkeilung, nicht nur zwischen jedem Einzelnen von denen, sondern auch zwischen denen, die direkt an Deck lagen, und das Deck selbst hinzukeilen.

      Damit hatten wir zur Rettung unserer Leben all das getan, was uns unter den gegebenen Umständen möglich gewesen war, der Rest lag nur noch in Gottes Hand.

      Mir ist es heute noch ein Rätsel, wie wir es immer schafften, von unserem Wohnbereich in den Laderaum zu gelangen und zurückzukommen, ohne dabei von den anrollenden Brechern über Bord befördert zu werden.

      Tatsache ist, dass wir es alle schafften und das alles auch ohne Verletzungen.

      Auf der Brücke dann berichtete ich dem Kapitän, wie die Lage nun war, ich erklärte ihm, was wir getan hatten und was ich davon hielt.

      Dabei machte ich ihm klar, dass die Pontons keineswegs sicher waren, sondern dass die eben nur so sicher waren, wie das Schaukeln des Schiffes es eben zuließ, mehr nicht und nicht weniger.

      Mittlerweile hatte der Sturm an Stärke zugenommen.

      Er schien sich bei einer steifen neun mit bis zu guten zehn Windstärken eingependelt zu haben.

      Das Schiff schaukelte im Sekundentakt bis auf Dreißig-Grad-Neigung wild hin und her und man konnte nicht auf den Füßen stehen, ohne sich nicht irgendwo festzuhalten. Solange wir aber Kopf auf See blieben, war das im Grunde genommen zwar verflixt unangenehm und gefährlich, wir hätten es aber überleben können.

      Hinzu kam, dass das Gewicht der Pontons, die an Backbord gestapelt waren, uns zwangsläufig ein paar Grade willkommener Schlagseite gab und das half noch mehr, die Scheißdeckel dort zu halten.

      Jeder Kapitän, den ich kenne, aber auch die blödesten unter denen – und davon gibt es viele – wäre nun weiter, bis sich der Sturm beruhigt hatte, Kopf auf See geblieben.

      Nur dieses Arschloch von Kapitän nicht, nein, der Trottel, als er hörte, dass die Pontons im Laderaum befestigt worden waren, schien nur den Teil meines Berichtes in sich aufzunehmen, der ihm passte zu begreifen.

      „Mensch, Chief, danke, das war gute Arbeit, jetzt kann ich wieder auf Kurs gehen und mich bei Ouessant Radio abmelden!“, das war es, was der Herr Kapitän mir sagte.

      Meine Antwort kam postwendend.

      „Wenn Sie es wagen, dieses Schiff auch nur einen einzigen Grad aus dem gegenwärtigen Kurs zu bringen, so schließe ich Sie in Ihre Kammer und übernehme das Schiff!“, mehr sagte ich nicht.

      „Das ist ja Meuterei. Ich werde Sie ins Tagebuch eintragen und bei der nächstbesten Gemeinheit den Hafenbehörden anzeigen!“, weiter kam er nicht.

      „Machen Sie es ruhig, Kapitän, und da Sie schon dabei sind, setzen Sie meinen Namen gleich dazu!“, schrie ihn Peter auf Holländisch sofort an. „Falls Sie lebensmüde sind, so springen Sie meinetwegen gleich außenbords. Dieses Schiff drehen Sie aber nicht, nicht jetzt, denn ich habe Frau und Kinder daheim und die wollen mich wiedersehen, haben Sie mich verstanden, Herr Kapitän!“

      Peter, als erfahrener Bootsmann, hatte die Gefährlichkeit unserer Lage sofort erfasst und war mir zu Hilfe gekommen.

      „Da draußen gibt es manche Sturmböen, die fast Orkanstärke haben!“, sagte ich zu dem alten Mann und dabei deutete ich mit meiner Hand auf die rollenden Wellen, die an uns vorbeizogen. „Wo zum Teufel wollen Sie eigentlich hin, Kapitän?“, fragte ich den alten Mann, der, erschrocken über Peters Einmischung, sprachlos geworden war.

      „Ihre Pflicht ist es, am Ouessant Radio unsere Situation zu melden, wir sind faktisch in Seenot. Jede Minute kann sich ein Ponton lösen, jede Minute kann einer davon durch die Schiffswand gehen und wir saufen, ohne dass es jemand merkt, einfach ab; Kapitän, melden Sie uns unverzüglich der französischen Küstenwache als Schiff in Seenot, bitte!“

      Der Mann, der nur an sich selbst und sein eigenes Ansehen dachte, griff wortlos nach dem UKW-Mikrofon und rief Ouessant Radio an.

      Ruhig, mit fast monotoner Stimme, meldete er unsere Position und Schiffslage und bat sie, wenn wir auch quer zum Fahrweg standen, dort bleiben zu können, wo wir waren, so wie wir waren.

      Er beantwortete all die Fragen, die Ouessant Radio ihm über Schiffsgröße, Tiefgang, Art der Ladung, Ausgang und Ankunftshafen sowie Reederei und Agentennamen stellte. Er gab alles durch, und am Ende verlangte die Küstenradiostation, nachdem sie uns auf ihrem Radar festgenagelt hatte, von ihm bis auf weiteres im Fünfzehn-Minuten-Takt Position und Schiffszustandsmeldung.

      Danach wünschte sie uns Hals- und Beinbruch und beendete somit das Gespräch.

      Gerade als ich dachte, nach unten zu gehen, um meinen nassen Kombianzug zu wechseln, begann am Peildeck über uns etwas gegen etwas anderes zu knallen.

      Die Schläge kamen im Rhythmus des rollenden Schiffes und wurden immer lauter.

      „Was

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