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besser zu nehmen weißt und er dich respektiert!«

      Den Rest des Wochenendes verbrachten wir in Waldis gemütlicher Wohnung und genossen ausgiebig unsere Zweisamkeit. Er hat das ehemalige Kapitänshaus des Großvaters nach dem Tod seiner Eltern in zwei Wohnungen aufgeteilt und eine davon selbst bezogen, wobei Kollege Lutz Krause vom KTI die andere mit seiner Familie bewohnt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich festhalten, dass unsere vormalige KTU im LKAvor allem wegen ihres in den letzten Jahren erlangten hochgradigen Spezialisierungsniveausvor Kurzem in den Rang eines Kriminaltechnischen Instituts gehoben wurde und unter der Gesamtleitung eines renommierten Kriminalisten und Akademikers steht.

       Gerade als wir es uns am Sonntagnachmittag mit einem duftenden schwarzen Tee und den restlichen Weihnachtskeksen am Kamin gemütlich machen wollten, klopfte es an der Wohnungstür. Es war Lutz’ Ehefrau Marion, die uns spontan zum Abendessen einlud. Ebenso bereitwillig sagten wir zu. Als wir wieder allein waren, meinte Waldi scherzend, dass die Krauses ihn unwissentlich vor dem Dilemma bewahrt hätten, was er mir denn zum Abendessen anbieten solle. Ein wenig verlegen gestand er, dass der Kühlschrank leer und fast alle übrigen Vorräte aufgebraucht seien, da er in der letzten Woche ständig unterwegs und so gut wie nie zu Hause gegessen hätte. Familie Krause und ihre Söhne Jan und Tim entpuppten sich als sehr angenehme Gastgeber und wir vertilgten genüsslich Marions schmackhaften Nudelauflauf mit geräucherten Putenbruststreifen, glasierten Maronen und Datteln. So wurde dieser Abend zu einem sehr angenehmen Sonntagsausklang.

       Am nächsten Montagmorgen setzte mich Waldi nach unserer Joggingrunde bei meinem turnusmäßigen Judotraining ab. Es war wirklich furchtbar, denn ich war längere Zeit ferngeblieben und total aus der Übung. So landete ich dementsprechend öfter auf der Matte. Erst als unser japanischer Trainer Sakai San sich meiner persönlich erbarmte, um mich wieder in die richtige Stimmung zu versetzen und gezielt meine offensichtlich vorübergehend fehlende Konzentrationsfähigkeit wiederherzustellen, gelang es mir, immerhin die drei letzten Kämpfe zu gewinnen. Dennoch habe ich einige Striemen und einen gehörigen Muskelkater davongetragen. Da mein Cross Polo in Oldenmoor geblieben war, kasteite ich mich selbst und machte mich auch noch zu Fuß auf zu meiner Dienststelle beim LKA. Während ich in Richtung Mühlenweg ging, klingelte mein Handy. Es war Robert Zander, der nach mir fragte. Wenig später traf ich im Büro ein.

      »Gut, dass Sie da sind, Nili. Die Elmshorner Reviervorsteherin hat uns eine Zweitschrift der Akte Baumann zugeschickt. Dann gibt’s auch Neuigkeiten aus Itzehoe über den Fall Heide Mertens, die Sie wissen sollten, und schließlich hat unser Dezernatsleiter, Kriminaloberrat Andreas Heidenreich, unser Team zur Besprechung um 14:30 bei sich einbestellt.«

      Nili dankt Robert für den kurzen Bericht. »Irgendeine Ahnung, worum es geht?«

      »Nein, tut mir leid, hat man uns nicht gesagt!«

      »Nun gut, wir werden es ja erfahren.« Nili bereitet sich einen Becher Kaffee zu und sieht schließlich ihre beiden Kollegen herausfordernd an. »Na dann schießen Sie mal los: Was gibt’s denn Neues?«

      »KOR Stöver rief an und wollte Sie sprechen, Frau Kriminalhauptkommissarin«, berichtet Margrit Förster. »Er ließ ausrichten, dass seine KOK Westermann mit ihrer jüngeren Schwester gesprochen und dabei einiges über Heide Mertens erfahren habe. Sie sollen bitte Frau Westermann anrufen.«

      Nili überlegt einen Augenblick. Dann sagt sie: »Also, zunächst erst einmal fürs Protokoll, geschätzte Kollegin Förster! Darf ich vorschlagen, dass wir uns im Team der Einfachheit halber nur mit dem Vornamen anreden? Also, dies ist Robert und ich bin Nili, okay?«

      »Danke, Nili! Und ich bin die Margrit!«

      »Und? Gibt’s kein Bussi?«, scherzt Robert.

      »Nö, Sie Witzbold, aber gehen Sie mal rasch, um Ihre Reisetasche zu packen, und tanken Sie unseren Dienst-X3 voll, denn gleich nach dem Gespräch mit dem Boss fahren wir nach Itzehoe. Und geben Sie mir mal bitte die Elmshorner Akte.«

       *

      Nachdem Robert gegangen ist, prüft Nili den Ordner mit den Unterlagen und kaut nachdenklich an dem roten Markierstift.

      »Es muss doch möglich sein, irgendwie die letzte Route von Diskjockey Mario nachzuvollziehen«, sinniert sie leise vor sich hin. Dann greift sie zur PC-Tastatur und tippt eine Liste mit den anstehenden Aufgaben für das Team.

       Rundschreiben an alle nördlichen Landes-Polizeistationen – ebenso dänische Polizeistationen im Grenzgebiet – mit der Bitte um Aufklärung des Verbleibs des Vermissten Dominik Baumann (Bild und Beschreibung zufügen):

      - Wo wurde nach dem Ostermontag des letzten Jahres eine Tanzveranstaltung angekündigt, bei der DJ Mario die Musik machte?

      - Wurde der auffällige rot-gelbe VW-Bulli älterer Bauart (T 2) mit dem DJ-Logo und pol. Kennz. IZ-DJ 111 irgendwo gesichtet?

      - Wo/Ab wann ist DJ Mario nicht mehr in Erscheinung getreten? Erl.: MF

      - Wer hat die ebenfalls vermisste Heide Mertens (siehe Bild und Beschreibung) entweder allein oder in Begleitung des D. B. gesehen? Erl.: MF

      - Weder in H. M.s noch D. B.s Akten gibt es Vermerke über Handy- oder Internetprovider (Heide sandte eine SMS an ihre Mutter, angebl. aus Sylt). Bitte nachforschen, vor allem Provider ermitteln, ggfs. Verbindungsnachweise anfordern, falls noch vorhanden. Erl.: MF

      - Nochmalige Befragung der Mutter, Frisörin Anna Mertens, Itzehoe. Erl.: RZ/NM

      - Befragung der Lehrer und Schüler am Gymnasium Itzehoe, insbesondere Heides Schulfreundin Doro Westermann. Erl.: RZ/NM

      - Nochmalige Befragung des Arbeitgebers Wilfried Wiese in Oldenmoor. Erl.: RZ/NM

      - Dito. … der Vermieterin Jutta Wendlandt, Mühlenstr. 38, Oldenmoor. Erl.: RZ/NM

      - Dito. … der ermittelnden Kollegen in Elmshorn. Erl.: RZ/NM

      - Dito. … der Eltern Baumann in Elmshorn. Erl.: RZ/NM

      Diese Liste mailt Nili an die Vorgesetzten und ihre Teamkollegen.

      »Da haben Sie uns ja einen gehörigen Speisezettel aufgebrummt, Frau Kriminal… – ich meine Nili!«, bemerkt Margrit wenig später, als sie die soeben auf ihrem Bildschirm aufgetauchte Aufgabenliste durchgelesen hat.

      »Gut, Margrit, dann beginnen Sie bitte gleich nach der Besprechung mit Ihrem Teil der Aufgaben. Ich hoffe sehr, dass uns diese Umfragen am weitesten bringen. Schicken Sie mir bitte Ihren Entwurf als PDF-Datei per E-Mail auf meinen Laptop, bevor Sie das Rundschreiben versenden. Die Zeugenbefragungen, die Robert und ich heute und morgen durchführen werden, sind nur dazu gedacht, uns zu vergewissern, dass den Kollegen nichts Wichtiges entgangen ist. Nachdem ich mir sämtliche Akten angesehen habe, bin ich mir nämlich nicht ganz sicher, ob hier von allen Beteiligten stets mit der gebotenen Genauigkeit ermittelt wurde.«

       *

      Als Nili und Margrit sich später mit Robert zum Mittagessen in der Kantine treffen, besprechen sie ihre nächsten Vorhaben.

      Plötzlich gesellt sich Waldi mit seinem Tablett zu ihnen. »Kommst du auch zur Besprechung bei KOR Heidenreich?«, will Nili wissen.

      Waldi nickt stumm, während er an seinem gebratenen Hähnchenschenkel knabbert.

      »Wissen Sie, worum es dort geht?«, wagt sich Robert hervor.

      Waldi schluckt den Bissen herunter und grinst. »Ich denke schon, aber ich will unserem Boss nicht vorgreifen.« Er schaut auf seine Armbanduhr. »Nur noch fünfunddreißig Minuten Geduld, Zander, dann erfahren Sie es!«

       *

      »Guten Tag, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bitte Platz. Bedienen Sie sich ruhig nach Belieben, Getränke und Knabberzeug stehen auf dem Tisch.« Kriminaloberrat Heidenreich wartet, bis alle sich gesetzt haben. Er greift zur Kaffeekanne und reicht sie herum, Nili bedient sich aus der Teekanne, einige öffnen

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