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(kurz „Bleep“) gehört zweifelsohne zu den Klassikern dieses Genres. Dabei demonstrieren die Macher gekonnt, wie man göttliche Offenbarungen auf Welttournee schickt. Schließlich gilt der Streifen nach eigenen Angaben als „einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme (sic!) der USA aller Zeiten“ und soll dort bereits über zwölf Millionen Dollar eingespielt haben. In Deutschland durften sich die Macher über mehr als 270.000 Kinobesucher freuen. Bei Amazon spricht man sogar von „weit über 500.000 Menschen“, die diesen Film „begeistert gesehen“ haben sollen.

      Immerhin liefert der 108-Minüter neben der Oscar-Preisträgerin Marlee Matlin gleich „14 Wissenschaftler und Lehrmeister“, die dem Zuschauer „verblüffende Erklärungen und Erkenntnisse“ servieren. Dass seine Produzenten allesamt Absolventen von „Ramtha’s School of Enlightenment“ sind, steht nicht nur auf einem anderen Blatt, sondern erklärt auch, warum in „Bleep“ permanent eine Dame namens JZ Knight zu Wort kommt. Dieses US-amerikanische Medium channelt nämlich ebenjenes 35.000 Jahre alte lemurische Geistwesen Ramtha. Hierzu passend auch die zentrale Message des Films: „Du bist Gott!“

      Gestützt auf die Eingebungen einer Spiritistin verpackt man hier ideologisch durchfärbte Glaubenssätze in eine spritzige Filmdoku. Diese eröffnet auch anderen metaphysischen Autoren eine willkommene Bühne. Gemeinsam trägt man so die Message in die Welt. Ein Massenpublikum springt auf den Zug auf. Bald darauf formen sich vielerorts Fangemeinden und spirituelle „Bleep“-Communitys. Verankert wird das Ganze in immer noch mehr „Bleep“-Filmen, -Büchern, -Study-Guides, -Kongressen, -Reisen und anderen Angeboten. Es formiert sich eine Bewegung, die Millionen umsetzt. Zusätzliche mediale Unterstützung erhält der Film schließlich noch durch prominente Gesichter.

      Dass die im Film propagierten Halb- und Unwahrheiten nicht bei jedem auf positive Resonanz stoßen, beweist ausgerechnet der in spirituell-esoterischen Kreisen so geschätzte Ken Wilber: „(…) Die Physik in diesem Film ist ebenso grauenhaft wie sein Mystizismus“, meint er. Der Vordenker der transpersonalen Szene spricht wortwörtlich von „Schund“.

      Quellen: [41] [42] [25][43] [44] [45]

      Wir werden einen Ü-Dax brauchen

      Einen Aktienindex des Übersinnlichen [39]? Peter Wippermann vom Trendbüro Hamburg spricht von „Karma-Kapitalismus“ und konstatiert dem Wellnessmarkt einen Jahresumsatz von 50 Milliarden Euro [46]. Wenn man bedenkt, dass die „World of Wellness“ oft nur als Vorhalle für den Charterflug ins Paradies der Feinstofflichkeit fungiert, dann ist dem Medienphilosophen Norbert Bolz wohl beizupflichten. In Zeiten krachender Märkte und des schwindenden Interesses an etablierten Kirchen gilt das Übersinnliche als eine der ersatzreligiösen „Produktivkräfte des 21. Jahrhunderts“ [47].

      Lassen Sie uns dieses Kapitel mit einer kleinen Geschichte beginnen. Dabei soll die latente Ironie nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es hier mit einer wahren Begebenheit zu tun haben. Humor hilft bekanntlich im Umgang mit dem Unfassbaren. Und wer weiß? Vielleicht kennen auch Sie ähnliche Werdegänge aus Ihrem Bekanntenkreis?

      Angefangen hat alles ganz harmlos. Der ausgebildete Altenpfleger und Hobbymusiker hatte es sich mit seiner Lebensgefährtin gemütlich eingerichtet. Double income, no kids. Manuel und Manuela trafen sich gerne mit Freunden und pflegten vitale soziale Kontakte. Von übertriebenem Luxus hielten die beiden nicht viel. „Mut zum einfachen Leben“, lautete ihr Wahlspruch. Mit Klebeband am Küchenschrank befestigt signalisierte man damit jedem Besucher ein erlösendes „Sei wie du bist“. Gemeinsames verbindet. Auch Manuela liebte die Arbeit mit Menschen. Der Job als Krankenpflegerin war da genau das Richtige. Sogar Nachtdienste störten die Enddreißigerin kaum, immerhin konnten sie somit beträchtliche finanzielle Rücklagen bilden. Ein Häuschen sollte es einmal werden, irgendwo draußen in der Natur. Die Stadtwohnung war gut gelegen, doch kein Vergleich zur Ruhe am Land, die Manuel der urbanen Hektik vorzog.

      Verbindend war nicht nur die Namensgleichheit. Das Paar tat seit gut zehn Jahren jeden Schritt gemeinsam. Konzerte, Reisen, Vereine, Freundeskreis, alles wurde miteinander geteilt. Für Natur pur sorgte der örtliche Reformladen. Kuren, Heilfasten und regelmäßiges Entgiften – stets im Duett – waren treue Begleiter auf dem gemeinsamen Weg. Yogakurse und regelmäßige Meditations-Retreats trugen das Ihre zu einem harmonischeren Miteinander bei. Mit Horoskopen und anderen astrologischen Höhenflügen hingegen war das so eine Sache. Derart explizit Esoterischem gegenüber pflegten die beiden eine eher ambivalente Haltung.

      Doch eines Tages traten gewisse Veränderungen in Manuels Verhalten unübersehbar zutage. Gereiztheit, Nervosität und innere Unruhe waren die Folge von Personalabbau und damit verbundener Überbelastung. Im Altenheim trieb der Rotstift sein Unwesen. Auch Manuels Beziehung erfuhr daraufhin eine gehörige Belastungsprobe. Den Job wechseln? Das kam nicht infrage. Und in den alten Beruf als Lohnbuchhalter wollte er keinesfalls zurück. Das seelische Gleichgewicht war zweifelsohne verloren gegangen. Und so erhöhte man kurzerhand das meditative Pensum. Nach der Arbeit verschwand Manuel nun regelmäßig im abgedunkelten Wohnzimmer. Yogamatte3, Kerzenschein und CDs mit kraftspendenden Affirmationen etablierten sich zum täglichen Ritual. Antworten waren es, die Manuel da suchte. Struktur und Halt schätzte Manuel seit jeher hoch. Und je mehr diese im Alltag verloren gingen, desto hoffnungsvoller suchte er sie im Außeralltäglichen. Und er wurde fündig, vorerst jedenfalls.

      Mantren singen, meditieren und in unendlicher Liebe baden. Diese lichtvollen Erlebnisse und Zustände erhabener Glückseligkeit waren es, welche Manuel auf seinem Weg weiter bestärkten. Arbeitsplatzsituation, finanzielle Probleme, die Spannungen in der Beziehung, alles relativierte sich. Manuel entwickelte Sendungsbewusstsein. Ja, er strahlte geradezu. Auch Manuela konnte sich diesem Glanz nicht verweigern. Anfangs skeptisch, begrüßte sie nun diese neu gefundene Ruhe in Manuels Leben. Der innere Friede wurde zelebriert, jetzt auch von Manuela: „Schaden kann’s ja nicht.“

       „Auraspray Engelmeditation“ –

       „Affirmation: Ich lasse mich auf die Engelwelt ein.“[48]

      Das Innerweltliche erblühte zum neuen verbindenden Element. Die beiden schwammen gemeinsam im Ozean des Lichtes. Die Fragen des Alltags wurden an höhere Ebenen delegiert. Channeling und Pendel gediehen zum Werkzeug der Entscheidungsfindung. Die Innenwelt begann mehr und mehr die Außenwelt zu überlagern. Manuel fühlte Anschluss. Alles bekam Bedeutung. Das Universum kommunizierte mit ihm. Der ehemalige Fan Bach’scher Kantaten lauschte nun den Gesängen „aufgestiegener Meister“. Dem CD-Regal widerfuhr energetische Säuberung, die wertvolle Klassiksammlung wurde verschenkt. Hochfrequente Lichtmusik fand nun neben Aurasprays und Engelstinkturen ein würdiges Plätzchen. Als flankierende Maßnahmen dienten, über die gesamte Wohnung verteilt, allerhand Räucherstäbchen und Glöckchen.

       „Auraspray Engel Sonael“ –

       „Ich bin vor äußeren Einflüssen geschützt.“

      Unbedarfte Besucher waren oft überrascht, warum denn nun das eigene Foto inmitten von Chamuel, Michael und Uriel, ihres Zeichens Erzengel, herauslachte. „Das ist dein Schutzkreis, den haben wir für dich gelegt“, bedeutete Manuela mit einem wohlmeinenden Lächeln. Das bunte Kartenset bestätigte den begründeten Verdacht: Die beiden sahen sich nun als spirituelle Leuchttürme, Berufene in einer heiligen Mission.

      Und so war es ein Ding der Unmöglichkeit, ihre Wohnung ohne den feinstofflichen Segen Marke Raphael zu verlassen. Ob man nun wollte oder nicht, das Pumpfläschchen mit dem vieldeutigen Symbol stand stets bereit. Jeder Gast sollte diese „Energien der neuen Zeit“ in die Welt hinaustragen. Besonders gute Freunde kamen in den Genuss exquisiter Gastgeschenke: Meister-Elixiere, Engelstropfen und Transformations-Öle, Manuel verschenkte das „Neue Zeitalter“ literweise. Denn „es kommt alles zurück“, wähnte er sich zuversichtlich. Dass es im Universum gerecht zugeht, wussten sie

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