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Spuren hinterlassen. An den kleinen abgerundeten Steinplatten, die vielleicht ursprünglich mit einer geglätteten Kalkschicht überzogen waren, wird das im Detail sichtbar. Der obere Abschnitt fehlt. Ob mutwillig zerstört, von Souvenirjägern abgetragen oder als Baumaterial anderweitig verwendet, bleibt ungeklärt. Setzt man voraus, dass die Pyramide oben spitz zulief, muss sie einst neun Meter hoch gewesen sein.

      Von der Markierung als Höhleneingang oder als Freimaurersymbol einmal abgesehen, haben Historiker noch eine andere nüchterne Erklärung für das Bauwerk parat: Die Falicon-Pyramide sei demnach einfach ein Werk, das an Napoleon Bonapartes Ägyptenfeldzug (1798 – 1801) erinnern soll. Sie wäre nichts weiter als eine Folge und Ausdrucksform der „Ägyptomanie“, die damals als gesamteuropäisches Phänomen populär war. Zeitlich würde das passen. Parks und Gärten des späten 18. Jahrhunderts und Friedhöfe des 19. Jahrhunderts sind übersät mit Denkmälern in Pyramidenform. Imposante Standbilder lassen sich unter anderem auf dem Marktplatz von Karlsruhe, im Barockgarten von Potsdam, im Schlossgarten Garzau oder im Branitzer Park bei Cottbus entdecken. Bleibt man in der Region Côte d’Azur, dann bietet sich ein Ausflug zum Schlosshügel von Nizza an. Hier liegen nebeneinander ein christlicher und ein jüdischer Friedhof (Cimetière du Château) mit sehenswerter Architektur im neoägyptischen Baustil.

       Die Falicon-Pyramide hat eine „Zwillingsschwester“ in Marseille: die Pyramide „Roy d’Espagne“ (historisches Foto um 1900).

      Was bei der „Ägyptomanie“-These dennoch irritiert: Die Verbindung zwischen Pyramidendenkmal und der Funktion als Höhleneingang. Das ist, wenn man die Bestimmung als Grabmal ausschließt, recht ungewöhnlich. Und ist es wirklich plausibel, dass ein napoleonisches Ehrenmal an einem wenig sichtbaren und schwer zugänglichen Ort errichtet wird? Wäre es nicht Sinn und Zweck eines solchen Gedenksteins, dass man ihn auch sieht und rühmt?

      Eine bislang unbeachtete Spur führt 150 Kilometer westlich in die Hafenstadt Marseille. Hier steht versteckt in einer Parkanlage des 8. Stadtbezirks die Zwillingsschwester der Falicon-Pyramide! Sie trägt den Namen „Roy d’Espagne“ („König von Spanien“) und wurde um 1804 in der gleichen Bauweise und Größe wie die Falicon-Pyramide errichtet. Aus den spärlich vorhandenen Chroniken erfahren wir, dass damals ein gewisser Dominique Bastide Besitzer des inzwischen abgerissenen Schlosses Roy d’Espagne war. Er gilt als Architekt der Steinpyramide, die er als Mausoleum für seine Familie errichten ließ. Bastide? Der Name klingt mir im Zusammenhang mit der Falicon-Pyramide im Ohr. Der Ortsteil, wo das Bauwerk und die Ratapignata-Grotte liegen heißt La Bastide!

      Die auffälligen Gemeinsamkeiten lassen auf eine vereinte Geschichte schließen. Wieso nahmen Historiker bislang keine Notiz davon? Auch die Frage, woher die Inspiration zum Bau der beiden Pyramiden kam, liegt im Dunkeln. Auswüchse der damals stark verbreiteten „Ägyptomanie“? Denkbar, aber keine zwingende Schlussfolgerung. Für beide Pyramiden charakteristisch ist der extrem schräge Neigungswinkel ihrer Seitenlängen.

      Neben den Zwillingsbauten von Falicon und Marseille existiert noch eine weitere außergewöhnliche Pyramide im Département Saône-et-Loire. Ihre Überreste liegen auf einem römischen „Urnenfeld“ nahe der Ortschaft Autun (das frühere Augustodunum) im Osten der Region Burgund. Der Monumentalbau mit steilem Neigungswinkel und elf Quadratmetern Bodenfläche hatte die Höhe von 33 Metern, heute sind es noch 25 Meter. Die Pyramide wurde nach ihrem Entdecker „Pyramide de Couhard“ getauft und ist nachweislich rund 2000 Jahre alt. 1960 wurde am Sockel des Monuments eine Tafel aus Blei gefunden. Sie misst 15,8 mal 5,8 cm und enthält „magische Inschriften“ in Latein und Griechisch. In ihrem Sinn wurden die „verhexten“ Texte bisher nicht verstanden. Der Fund aus der Frühzeit wird im Stadtmuseum Rolin in Autun aufbewahrt.

      Wer sie wozu errichtet hat, weiß niemand. Der Bogen ihrer möglichen Funktion ist weit gespannt: Observatorium, Signalturm, Mausoleum, Scheingrab oder Siegesdenkmal lauten die gängigsten Hypothesen. Keine überzeugt wirklich. Im Ziegelmauerwerk wird ein künstlicher Schacht oder eine Aushöhlung vermutet, doch bisher fehlt der Beweis für Hohlräume. Alte Kupferstiche bezeugen, dass die Pyramide bis zum 16. Jahrhundert mit weißen Marmorplatten verkleidet war.

       Welche Bedeutung hatte die Autun-Pyramide in römischer Zeit?

      Das Verblüffende: Wir finden die gleiche pyramidenförmige Bauart beim 36 Meter hohen Denkmal des Volkstribuns Gaius Cestius Epulo an der Piazza Ostiense in Rom. Es besteht ebenso aus Ziegeln, die mit weißen Marmorplatten verkleidet sind. Ein schmaler, niedriger Gang führt hinein zu einer 4 mal 6 Meter großen Gruft. Als Papst Alexander VII. anno 1663 den Zugang zur Pyramide freilegen ließ, fand man nur ein leeres Grab. Selbst die sterblichen Überreste des hohen römischen Beamten sind verschwunden. Grabräuber im Mittelalter hatten die Kammer geplündert.

      Das Monument ist die einzige noch erhaltene römische Pyramidengrabstätte aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert. In jener Zeit soll es in der Ewigen Stadt mindestens vier weitere Standbilder dieser Art gegeben haben. Marmorblöcke aus einer Pyramide, die nahe der heutigen Engelsburg stand, wurden im Bereich des Petersdoms verbaut. Recycling nennt das die Industrie. Anerkennender wäre die Erhaltung gewesen. Ab und zu erinnern romantische Nachbeter an vergangenen Ruhm. Sind die eigenartigen Pyramiden von Falicon und Marseille verkleinerte Kopien der römischen Cestius-Pyramide?

      VERHEXTE

       VERFORMUNGEN

      Heilige Abdrücke, kuriose Kultsteine und der „Thron des Teufels“

      Aus jener Zeit, die man „damals“ nennt, die man heute nur mehr aus Märchen kennt, liegt wie ein Bote im Wald ein Stein und so wird’s wohl auch noch in tausend Jahren sein. Roland Kernstock, Schriftsteller und Liedermacher aus dem Waldviertel

      DIE FUSSABDRÜCKE VON JESUS UND MOHAMMED

      Gibt es verborgene Kräfte, durch die Steine weich wie Butter werden können? Bei eigentümlichen Versteinerungen, die an Fuß-, Knie, Arm- oder Handspuren erinnern, könnte man zu dieser Auffassung gelangen. Solche Funde stehen meist in Verbindung mit Sagen über Hexen, Dämonen, Götter, Helden und Heilige. Die berühmtesten Beispiele sind die angeblichen Fußabdrücke von Jesus in den Kirchen „Quo vadis Domine“ und „San Sebastiano“ an der Via Appia Antica in Rom sowie in der Himmelfahrtskapelle auf der höchsten Stelle des Ölbergs in Jerusalem. Es soll jener Platz sein, wo Christus zum Himmel aufgefahren ist.

       Fußabdrücke in der Kirche Santa Maria an der Via Appia Antica in Rom. Stammen sie wirklich von Jesus?

      Dagegen gibt es in Srinagar im Himalaja-Staat Kaschmir ebenfalls Fußabdrücke, die Wundmale zeigen und einer Legende zufolge Jesus zugeschrieben werden. Einige Forscher schließen daraus, dass sich dort im Haus „Rozabal“ das Grab des Erlösers befindet. Ebenfalls deutliche Zeichen seiner Existenz soll der islamische Religionsstifter Mohammed im 7. Jahrhundert der Nachwelt hinterlassen haben. Eine Steinplatte mit dem angeblichen Fußabdruck des Propheten wird im Topkapi-Palast in Istanbul aufbewahrt. Und am Tempelberg in Jerusalem sieht man im Fels Fußspuren, die dem Glauben nach von Mohammed verewigt worden sind, als er der Überlieferung nach mit dem geflügelten Luftgefährt Al-Buraq zu einer Himmelsreise aufstieg. Auch Fingerabdrücke, die vom Erzengel Gabriel stammen sollen, sind im Stein zu erkennen.

      UNBEACHTETES

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