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      SELTSAMES

       SAKKARA

      Antiker Segelflieger, das unheimliche Serapeum und ein altägyptisches Flugrad

       Ich bin eine Idee, in Fleisch gehüllt, die aus dem Bauch des Himmels entsprang. Wie ein Falke fliege ich über das Bekannte hinaus in das Reich des Unbekannten.

      Aus dem Totenbuch der alten Ägypter

      Das Gräberfeld von Sakkara ist ein magischer Ort. Er führt zur Wiege unserer Zivilisation und liegt südlich der ägyptischen Pyramiden von Giseh am westlichen Nilufer. Das kilometerlange Areal war die Nekropole der einstigen Reichshauptstadt des vereinigten Ober- und Unterägyptens – Memphis. Alle Epochen der ägyptischen Geschichte sind hier vertreten, von den ältesten Zeiten bis zu den Griechen, Römern und Kopten.

      Bedeutendste Hinterlassenschaft ist die legendäre Stufenpyramide des Königs Djoser aus der 3. Dynastie. Sechs gewaltige, bis zu zehn Meter hohe Stufen ragen verjüngend immer weiter empor zum Himmelszelt. Mit 60 Metern Höhe, um 2700 v. Chr. errichtet, ist sie der erste bekannte monumentale Steinbau der Menschheit, der für alle nachkommenden Pyramiden Pate stand. Ihre Konstruktion, angelegt in verschiedenen Bauperioden, wird von vielen Altertumsforschern als Sinnbild einer „Himmelstreppe“ interpretiert. Mit ihr, so die Glaubensvorstellung, konnte der verstorbene König zu den Göttern emporsteigen. Oder umgekehrt: Kulturheroen kamen von den Sternen herab zu den Menschen.

      Die Djoser-Pyramide ist die einzige, deren Grundfläche rechteckig (109 x121 Meter), also nicht quadratisch ist. Umgeben ist die Pyramide von einer 1645 Meter langen und über zehn Meter hohen Kalksteinmauer mit Nischen und „Scheintoren“. Ihre Funktion ist genauso umstritten wie jene des 40 Meter breiten Grabens, der den Außenbereich des Geländes umgibt. In Nord-Süd-Ausrichtung hat er eine Länge von 750 Metern. Wie tief die heute weitestgehend verschüttete Kluft ursprünglich war, ist nicht geklärt. In fünf Metern Tiefe endeten die Untersuchungen der Archäologen.

      Interessant wird es unterhalb der Pyramide: Der Zugang zum Gebäude liegt im Innenhof eines Tempels und führt über eine zentrale Treppe in die Tiefe. In der Mitte liegt die Kammer aus Granitplatten, direkt unter einem imposanten 28 Meter tiefen, 7,5 x 7,5 Meter weiten Schacht, der später zugeschüttet wurde. Im Pyramideninneren begegnen wir einem verwirrenden System aus Kammern, Gängen und Galerien, die sich bis zu 32 Meter tief unter dem Totentempel hinziehen. Es ist das ungewöhnlichste Labyrinth, das jemals unter einer Pyramide angelegt worden ist. Die Gründe für den Plan, Zweck und die Mühe wusste nur der Architekt, das Universalgenie Imhotep. Der legendäre Bauherr wurde von den Ägyptern als Halbgott verehrt. Die Griechen setzten ihn mit ihrem Heilgott Asklepios gleich. Das Grab des weisen Imhotep wird in der Nähe der Djoser-Pyramide vermutet, konnte aber bislang noch nicht aufgespürt werden.

      Von der glänzenden Metropole Sakkara-Memphis, die neben Babylon die größte Stadt der Antike war, ist die Stufenpyramide eines der wenigen optisch fassbaren Überbleibsel. Das liegt daran, dass erst die Byzantiner, dann die Araber das „herrliche Memphis“ rücksichtslos als Steinbruch nutzten.

       Die Stufenpyramide des Pharaos Djoser

      Alles was an brauchbarem Baumaterial abtransportiert werden konnte, wurde in den Gebäuden von Alt-Kairo verarbeitet. Der Rest zerbröselte oder versank im Grundwasser. Archäologen haben dennoch Hoffnung, dass viele verborgene Schätze des Alten Reiches, darunter auch Imhoteps Mausoleum, versteckt unter dem Wüstenboden auf ihre Entdeckung warten. Die Vorfreude ist berechtigt, denn erst ein Bruchteil der ehemaligen Pharaonenresidenz ist bisher ausgegraben worden.

      Was bisher im Umfeld der Djoser-Stufenpyramide entdeckt wurde, verwirrt die Fachwelt. Dazu zählt auch eine 1898 aufgefundene Grabbeigabe, die um 250 v. Chr. datiert wird. Sie ist heute als „Taube von Sakkara“ bekannt und wird im Ägyptischen Nationalmuseum in Kairo aufbewahrt: zuletzt im Obergeschoß, Raum 22, Inventarnummer 6347. Jahrzehntelang lag das Relikt unscheinbar inmitten unterschiedlicher Vogelfiguren, bis der ägyptische Arzt und Altertumsforscher Prof. Dr. Khalil Messiha (1924 – 1999) bei ihrem Anblick stutzig wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder, einem Luftfahrtingenieur, kam Messiha zu dem Schluss, dass dieses seltsame Artefakt eher einem Segelflugzeug-Modell entspricht. Sein Hauptkörper misst 14 cm, die Flügelspannweite beträgt 18 cm, das Gewicht 39 Gramm. Es wurde aus dem Holz des Maulbeerfeigenbaumes geschnitzt und hat auf der rechten Kopfseite ein gemaltes Auge. Flugexperimente mit größeren maßstabsgetreuen Modellen bestätigen den Eindruck: Der pharaonische „Vogel“ besitzt die aerodynamische Form moderner Tragflächen und das senkrecht stehende Seitenruder entspricht dem Leitwerk heutiger Flugzeuge!

      Es soll angeblich noch ein Dutzend weitere antike Gleiter geben, die im Museumsdepot aufbewahrt werden. Was im Untergeschoß auf mehr als 10 000 Quadratmetern Fläche gehortet wird (beziehungsweise zum Teil in andere Museen ausgelagert wurde), bekommen nur wenige Auserwählte zu Gesicht. 2010 berichtete die damalige Museumsleiterin Wafaa el-Saddik, dass man bei der Inspektion der Kellermagazine auf rund 2000 original versiegelte Holzsärge, unbekannte Mumien und Kunstobjekte gestoßen war, von denen bis dahin wegen fehlender Inventarlisten niemand etwas wusste. „Der Keller des Nationalmuseums gleicht einem Labyrinth“, gab sich die Generaldirektorin überrascht. „Jeden Tag entdecken wir neue Schätze.“

       Altägyptisches Segelflugzeugmodell (l.) und die flugtüchtige Rekonstruktion (r.)

       Luftbildaufnahme des Gräberfelds von Sakkara mit der Stufenpyramide von Pharao Djoser

       Die Stufenpyramide in Sakkara

       Statue des legendären Architekten Imhotep: Die Grabstätte des Genius blieb bislang unentdeckt.

      Das Ägyptische Museum in Kairo beherbergt pharaonische Hightechschätze wie das „Segelflugzeug-Modell“ und das „Schwungrad“ aus Sakkara.

       Im „Jungfraupark“ in Interlaken ist eine originalgetreue Replik des „Schwungrades“ ausgestellt.

      Beispiele von Pyramiden als „Himmelskammern“ und „Wohnstätten der Götter“, ausgestellt im Pariser Louvre (o.) und im Archäologischen Museum von Florenz (u.)

       Die Falicon-Pyramide nahe Nizza

       Denkmalgeschützt, aber wenig geehrt: versteckte Pyramidenruine bei Nizza

       Pyramide von Xianping, China

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