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nutzte die Gelegenheit, flog ihm nach, in die Hütte und setzte sich zu Hilda und tat mit wildem Flattern kund, dass er Hunger hatte.

      Hilda schob ihren Krug mit dem Rest des Tees zur Seite und lächelte Sölvi an. Sie mochte ihn. Er war feinsinniger als die anderen Jungen und nie bösartig oder hinterhältig. Sölvi war außerdem auch klug. Wenn Alfger nicht wäre, dann würde sie bestimmt Sölvi so mögen, so wie sie Alfger jetzt mochte.

      Es stand noch etwas Brei, Gemüse und Trockenfisch auf dem Tisch und Hilda frage: „Sölvi, magst du noch etwas essen?“

      „Eigentlich habe ich schon gegessen, aber wenn ich hier bei dir etwas esse, kann ich noch ein Weilchen länger bei dir sitzen.“

      Sölvi lächelte Hilda etwas schüchtern an. Er war immer etwas befangen, wenn er alleine mit ihr war. Er mochte sie sehr und wenn sie ihn direkt in die Augen schaute, durchrieselte ihm stets ein sehr merkwürdiges, aber schönes Gefühl.

      Als Sölvi mit dem Essen fertig war und schaute er Hilda an, aber diesmal direkter und fragend, bis Hilda wegschaute und ihn dann fragte: „Was ist, sollst du mich holen?“

      „Ja“ – und mit heiserer Stimme fügte er hinzu: „und Fifilla ist auch schon da. Die beiden haben eine ganze Weile nur über dich geredet. Ich hab ja nicht viel verstanden, weil sie mich rausgeschickt haben, aber so viel steht fest, du bist eine ganz wichtige Person!“

      Dann schaute Sölvi sie mit verschwörerische Mine an und ergänzte: „Ich glaube, Alvitur meint, dass du Ragnarök, also das Göttersterben verhindern kannst!“

      Stumm, abwartend schaute er Hilda direkt in die Augen.

      „Quatsch, du hast dich bestimmt verhört, ich doch nicht, oder soll ich das mit meinem Raben machen? Ich bin doch nur ein normales Mädchen, nichts Besonderes, keine Kriegerin, keine Heldin und keine Zauberin.“

      „Na ja, so richtig habe ich es ja auch nicht verstehen können, aber du warst im Gespräch und Ragnarök hat er auch gesagt und Fifilla hat immer genickt.“

      Sölvi schaute plötzlich etwas verlegen drein und fast flüsternd sagte er: „Aber eine Zauberin bist du sehr wohl. Ich …“ Er zögerte plötzlich, lief rot an und sprudelte dann sehr schnell heraus: „Komm, lass uns gehen, sonst zieht er mir die Ohren lang. Sie warten beide schon auf uns.“

      Sölvi stand auf und zog die etwas verdutzt Hilda auf die Füße.

      Auf dem Weg zu Alviturs Hütte, liefen sie quer durch das Dorf und sahen, dass viele gerade ihr Tagwerk begannen. Alfger lief ihnen in einiger Entfernung über den Weg, aber in Richtung Bootsanlegestelle. Als er sie sah, winkte er und steuerte gleich auf sie zu.

      „Guten Morgen meine schöne Hilda, guten Morgen Sölvi. Wo wollt ihr den so eilig hin?“

      Hilda schaute Sölvi fragend an und der zeigte zu Alviturs Hütte: „Alvitur hat Hilda rufen lassen. Er muss mit ihr reden. Hilda ist jetzt eine Frau!“

      Seine ernste Miene sollte wohl die Wichtigkeit seiner Worte unterstreichen und Hilda wurde bei Sölvis letzten Worten rot. Sie fühlte sich in diesem Moment irgendwie komisch und schaute Alfger von unten her schräg an.

      Alfger jedoch grinste Hilda frech an. „Hmmm, na dann mag ich jetzt eben die Frau Hilda und nicht mehr das Mädchen.“

      Alfger stellte sich in Positur, reckte die Brust: „Und ich, bin ich schon eine Mann?“

      Da lachten alle drei und Alfger tat wichtig: „Jetzt muss ich mich aber beeilen. Ich muss zum Fischen mitfahren, aber wenn ich ein richtiger Mann bin, dann wirst du meine Frau. Das kannst du Alvitur schon sagen. Er soll mal schon die Zeremonie vorbereiten!“

      Dann grinste er und schoss wie der Blitz davon, in Richtung Strand.

      „Angeber“, murmelte Sölvi und sein Gesicht war plötzlich nicht mehr ganz so fröhlich, als ihm bewusst wurde, was Alfger so lustig dahergesagt hatte. Er wusste ja, dass Alfger seine Worte wirklich ernst meinte.

      Schade, dass Hilda nie sein Mädchen, seine Frau sein würde. Er mochte sie wirklich und würde alles für sie geben.

      Hilda schaute immer noch Alfger nach, als Sölvi sie an der Hand ergriff und mit sich zog.

      Kurz danach standen sie vor Alviturs Hütte und als Sölvi die Tür öffnete, beschlich Hilda ein merkwürdiges Gefühl. Sie ahnte, dass heute etwas besprochen werden sollte, dass für ihre Schicksal große Bedeutung haben würde.

      Aber Alviturs Hütte mochte sie; hier gab es für sie immer etwas zu entdecken. Seine Wände und alle Ecken waren voll mit Gegenständen, die er aus der weiten Welt mitgebracht hatte.

      In einer Ecke hingen Waffen und ein prächtiger Schild, wie sie hier nicht üblich waren und alles sah fremdartig aus. Hilda war fasziniert, konnte ihren Blick kaum abwenden und vergaß fast, weswegen sie hier waren. Doch dann zähmte sie ihre Neugier und wandte sich Alvitur zu.

      Alvitur war Hildas Blicken gefolgt und sagte unvermittelt: „Ja, ich war nicht immer so ein alter Mann und ich konnte auch sehr gut mit diesen Waffen umgehen.“

      Dann schaute er sie direkt an. „Kommt setzt euch zu uns. Hilda, du musst keine Angst haben. Es ist nichts Schlimmes passiert, obwohl das, worüber ich mit dir reden will, schon ein ernstes Thema ist. Es betrifft dich, aber auch uns alle, doch insbesondere geht es um dein Schicksal.“

      Wenn Alvitur so dasaß, war Hilda jedes Mal beeindruckt, egal ob er seine Geschichten erzählte, oder wie jetzt, ernsthaft mit ihr redete.

      Alvitur konnte sie mit seinem einzigen Auge so ansehen, dass sie sich plötzlich ganz klein fühlte und auch jetzt ging ihr sein Blick bis in die Zehen.

      Die Stelle, wo einmal das andere Auge war, hatte er heute mit einem roten Band überdeckt, das er um den Kopf gebunden trug. Gleichzeitig spürte sie aber auch, dass sein Gesicht voller Güte strahlte und ihr wurde wieder wohler.

      Sie fand, dass Alvitur ein edles Gesicht besaß, in dem nur das Leben deutliche Spuren hinterlassen hatte. In ihren Augen machte ihn das aber nicht alt, nein er wirkte auf Hilda eher wie etwas Großes, Strahlendes, fast wie ein Gott.

      Gemütlich saß er auf seinen Fellen und sah Hilda freundlich, aber auffordernd in die Augen. Er deutete auf den Platz rechts neben sich und sagte an Sölvi gewandt: „Hole mal noch zwei Becher für euch und setz’ dich dann zu uns. Da du mein Nachfolger sein wirst, solltest du auch wissen, worum es hier heute geht. Sölvi, dir muss aber klar sein, dass das, was wir jetzt bereden, unter uns bleibt. Ich denke, du wirst das verstehen.“

      Alvitur nahm seinen Becher in die Hand und deutete mit dem Kopf auf den Krug, der auf dem Tisch stand. „Fifilla hat mir meinen geliebten Tee zubereitet. Für meine alten, schmerzenden Knochen ist er die beste Medizin, aber er wird euch beiden auch schmecken, wenn ihr etwas Honig in den Becher macht und er nickte den jungen Leuten einladend zu.“

      Hilda schnüffelte an dem großen Krug und sog den Duft genießerisch ein.

      „Das riecht ja wirklich gut. Fifilla, woraus hast du den Tee gemacht? Ich kann Holunderblüten riechen.“

      Fifilla lächelte anerkennend. „Hilda, deine Nase riecht richtig, aber es sind auch noch Birken- und Brennnesselblätter im Tee.“

      Nachdem sich Hilda und Sölvi etwas Tee eingegossen und auch vom kostbaren Honig genommen hatten, schloss Alvitur einen Moment lang sein Auge.

      Er nahm einen Schluck aus dem Becher und begann: „Hilda, seit langer Zeit weiß ich, dass du für uns und für unser ganzes Volk, eine wichtige Rolle spielen wirst. Das Jahr, in dem du geboren wurdest, war schon bedeutungsvoll. Es war das Jahr, in dem nämlich Olaf Tryggvason König von Norwegen wurde. Vielleicht haben es die Götter so gelenkt, dass du als ein Gegengewicht zu seinem verräterischen Tun geboren wurdest. Es ist dein Schicksal, dass du in der besonderen Gunst unserer Götter stehst. Bei deiner Geburt wurde mir offenbart und auch später erhielt ich genügend Hinweise, die mir immer wieder deutlich machten, dass du irgendwann das Zünglein an der Waage sein kannst.“

      „An

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