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Wir werden unseren Freunden von deiner Großzügigkeit berichten.“

      „Ich danke auch euch“, sprach der Wirt, nahm den Krug Wein vom Tisch und ging mit einem befriedigten Gesichtsausdruck ins Haus.

      „So ein Geschäft lasse ich mir gefallen“, platzte Hervar heraus. „Wenn es jedes Mal ein Essen als Zeichen der Gastfreundschaft gibt, werde ich wohl als Händler hier noch fett werden.“

      „Ja, meine Freunde, wir haben einen Grund zum Feiern. Unser Traum ist etwas näher gerückt. Jetzt wissen wir dass Björkendal einen wirklichen Schatz hat, nämlich unseren Apfelwein. Dass der Nils sofort auch den größeren Krug kaufen will, spricht wirklich für unseren Wein.“

      Alvitur sah deutlich erleichtert aus, als er sich entspannt zurücklehnte und seine Augenbinde zurechtzupfte.

      Nach einer Weile des friedlichen Genusses, meinte Alvitur: „Freunde, jetzt kommt der ernstere und gefährlichere Teil des Tages. Wir wollten uns doch um den kleinen Jungen kümmern, oder wollt ihr den ganzen Abend lang lieber unseren Erfolg genießen?“

      „Nein, wir waren ja alle dafür den Kleinen zu befreien. Am liebsten würde ich gleich aufspringen und diese Kerle verprügeln“, sprudelte Ernir aufgebracht hervor.“

      „Dann trinkt euer Bier aus uns lasst es uns erledigen“, mahnte Alvitur, „aber erst beraten wir unser Vorgehen.“

      Wie abgesprochen teilten sich die Männer auf. Alvitur und Hervar näherten sie dem Sklavenplatz und sahen, dass von den drei Sklaven nur noch ein Mann an dem Balken stand.

      „Egal“, zischte Alvitur, wir müssen herausbekommen, wohin das Kind gehört. Danach richtet sich unser weiteres Vorgehen.“

      Mit Erleichterung stellen sie fest, dass auch nur noch einer der Sklavenhändler über seinen Besitz wachte und Alvitur steuerte direkt auf ihn zu.

      „Sei gegrüßt, tapferer Mann. Heute hatte ich im Vorbeigehen gesehen, dass du hier gute Ware stehen hattest, aber du hast sie wohl nicht mehr?“

      Der Angesprochene setzte ein freundlicheres Gesicht auf und antwortete in einem dänischen Dialekt: „Da kommst du zu spät. Ja, es war gute Ware und das Pärchen habe ich auch verkauft. Ha, die haben einen guten Preis gebracht und meine Freunde sitzen bestimmt schon und feiern.“ Er zeigte auf den angeketteten Mann. „Den da könnt ihr noch haben, wenn du mir dein Schwert dafür gibt’s. He, das ist ein Sonderangebot.“

      Alviturs legte seine Hand auf den Schwertgriff und schaute den Kerl belustigt an. „Glaubst du, dass ich für so eine Klappergestalt dieses prächtige Schwert hergebe, mit dem ich schon so viele nach Walhall geschickt habe? Und außerdem ist diese Prachtstück bedeutend mehr wert. Aber sag mal, dieses Balg dort, gehörte das nicht zu dem Paar, das ihr verkauft habt?“

      In diesem Moment liefen zwei Männer vorbei, die ein paar Schritte weiter stehen blieben und sich heftig zu streiten begannen. Es waren Leif und Feykir, die ihre Rollen wirklich gut spielten. Sie sollten für Ablenkung sorgen, damit sich der Kerl nicht richtig konzentrieren konnte. Nun kam auch noch Ernir von der anderen Seite her und grölte, so laut er konnte, ein Lied über die schönen Walküren in Walhall. Dieses Szenario zeigte Wirkung und der Kopf des Sklavenhändlers ging hin und her.

      „Hä? Ach so ja, dieses taube und stumme Drecksstück dort? Nein, dessen Eltern sind tot, aber keiner will das Balg haben. Der ist doch zu nichts zu gebrauchen, aber in die Hand hat es mich gebissen, wie ein Köter.“

      Was wollt ihr denn mit diesem kleinen Köter anfangen, wenn er zu nichts zu gebrauchen ist?“, fragte Alvitur in einem höhnischen Ton.

      „Entweder fressen wir ihn zum Frühstück, oder wir schmeißen ihn morgen ins Wasser, wenn ihn keiner kaufen will.“

      Ganz unmerklich schob Alvitur seinen Dolch am Gürtel weiter vor, so dass er gut zu sehen war und spielte daran herum.

      „Von wo kommt ihr denn?“, fragte er. „Ich sah heute auch deine Freunde hier stehen, richtige Kämpfer.“

      „Ach, guter Mann, woher wir kommen – jeder von uns aus einer anderen Ecke der Welt, aber unsere Ware hatten wir dieses mal in der Nähe von Dublin eingefangen, in Irland. Da fahren wir auch wieder hin. Ist ‘ne ertragreiche Gegend dort“, und sein Gesicht verzog sich zu einer hämischen Grimasse.

      „Sag mal, weißt du den Genuss von gutem Wein zu schätzen? Vielleicht überlässt du mir ja die klapprige Gestalt dort für einen guten Schluck. Ich rede von einem großen Krug mit köstlichem Wein.“

      Leif hatte sich unbemerkt zu Seite bewegt und tauchte, mit seiner grauen Kleidung, im Halbschatten zwischen den Häusern unter. Jetzt stritten Hervar und Feykir wieder lautstark miteinander und Ernir grölte, nun auf der anderen Seite des Platzes, immer noch sein Lied.

      Im Schatten der Hütten huschte Leif an das Kind heran und zerschnitt blitzschnell dessen Fesseln. Er legte ihm den Finger auf den Mund und fragte ganz leise: „Kannst du mich verstehen?“

      Der Kleine, mit seinem dreckigen Gesicht, hatte sofort begriffen und nickte. Leif bekam feuchte Augen, als er in die großen, verängstigten Kinderaugen blickte. Er hielt immer noch seinen Finger auf dem Mund des Kindes und zeigte ihm mit der anderen Hand den Weg den es nehmen sollte.

      „Wenn ich dem dort auf die Schulter schlage, läufst du dort entlang“ – und schon war Leif wieder im Schatten verschwunden.

      Alvitur konnte sich natürlich nicht mit den Händler einigen, aber das hatte er ja auch nie vorgehabt.

      „Komm mein Freund“, sagte Leif, der nun wieder neben Alvitur stand, „da musst du dir wohl woanders einen neuen Diener kaufen. Lass uns gehen“ – und er schlug Alvitur auf die Schulter.

      Wie verabredet, verschwand der kleine Junge wieselflink, im Schatten, zwischen den Hütten.

      Ernirs Gegröle hatte aufgehört und Alvitur richtet noch ein paar umständliche Abschiedsworte an dem Sklavenhändler, dann wandte er sich auch zum Gehen. Ein schadenfrohes Grinsen lag auf seinem Gesicht, als er den Händler noch einmal ansprach: „Haben deine Freunde diesen kleinen Köter geholt? Ich sehe ihn gar nicht mehr.“ Der Kerl fuhr blitzschnell herum und suchte mit den Augen die Umgebung ab.

      Alvitur hatte den Zeitpunkt so gewählt, dass sie ihr Unternehmen in der Dämmerung starteten. Nun war es schon fast dunkel und der Händler musste sich entscheiden, entweder den noch vorhandenen Sklaven zu bewachen oder den kleinen Jungen zu suchen. Er brüllte wir ein angeschossener Bär herum, aber das half auch nichts mehr und Alvitur spielte mit einem boshaften Grinsen noch den guten Freund. „He, mach dir doch nichts daraus. Er war doch sowieso zu nichts nützlich. Da habt ihr eine Sorge und einen Fressbeutel weniger.“

      „Du hast Recht, aber meine Freunde werden mir ganz schön in den Hintern treten. Na und zu fressen hat der von uns sowieso nichts bekommen.“

      Alvitur fragte noch: „Sag mal, wenn ich mal wieder hier bin, finde ich euch mit eurem Angebot auch wieder hier?“

      „Ja, aber jetzt hau ich hier auch ab und setzte mich zu meinen Freunden. Muss nur dieses Klappergestell noch wegbringen“ – und der deutete mit dem Kopf auf den armen Mann am Balken.

      Alvitur grinste befriedigt und zog Leif mit sich.

      Sie hatten ihren Rückweg genau festgelegt und ein paar Hütten weiter trafen sie auf Ernir, der den kleinen Jungen auf dem Arm hielt.

      Das Kind saß in Ernirs Armen und aß Fladenbrot mit Bissen, wie ein ausgehungerter Krieger.

      Ernirs Gesicht zuckte, als er sich entrüstete: „Diese Hunde. Sind das überhaupt noch Menschen, das sie so mit einem Kind umgehen?“

      „Kommt, wir schlafen auf dem Boot“, befahl Alvitur mit belegter Stimme und nahm Ernir das Kind aus dem Arm.

      Der Kleine legte seine Arme um Alviturs Hals, schaute ihn mit großen, fragenden Augen an und flüsterte mit dünnem Stimmchen: „Bist du mein Vater?“

      

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