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zu finden? Und warum auch nicht? Schließlich träumen viele Frauen vom Ritter auf dem weißen Pferd, doch bei Susi durfte er auch im roten Ferrari auftauchen.

      Warum passierte das komischerweise immer nur den anderen Frauen oder auch Weibern, die es ganz und gar nicht verdienten, wie Divas von ihren Gönnern verwöhnt zu werden?

      Genau hier lag der Punkt, der Susis „gewöhnliches“ Leben so unerträglich machte. Ihre innerliche Unzufriedenheit wuchs von Tag zu Tag und die Angst, am wahren Leben vorbeizugehen, schien ihr langsam zum Verhängnis zu werden.

      Vielleicht hatte sie nicht mehr viel Zeit, schon bald könnte sie eine schlimme Krankheit dahinraffen?

      Ihr Lebenstraum bestand darin, ein Haus am Meer (irgendwo in der Normandie) zu besitzen. Natürlich nicht allein! In einer harmonischen Partnerschaft gemeinsam alt zu werden, schien ihr vernünftiger. Susi musste sich also einen Mann angeln! Aber wie zum Teufel? Auch ihr übereifriger Chef, Herr Mutz, würde sie davon nicht abhalten können, denn schon viel zu lange hatte sie kein Privatleben mehr, und lebte einzig und allein für ihre Arbeit.

      Außerdem – was sollte das ständige Streben nach besseren Verkaufszahlen? Immerhin war Susi nicht die Schlechteste in dieser Region. Mutz konnte sie keineswegs mehr motivieren mit seiner ewigen Nörgelei, für die er im Distrikt bestens bekannt war.

      Die Härte für Susi war, wenn er sich ansagte, um sie einen ganzen Tag zu begleiten. Schon eine Nacht zuvor konnte sie nicht schlafen und schluckte Anti-Depressiva bzw. Beruhigungstabletten.

      Er war ein wirklicher Schleimer und wollte stets der Beste sein unter allen Regionalmanagern.

      Nur weit gefehlt, denn auch sein großer Boss kannte seine kleinbürgerliche Denkweise, die ihn wie einen absoluten Spießer rüberkommen ließ. Das hielt Mutz dennoch nicht davon ab, von einem dicken, fetten Sessel in der oberen Chefetage zu träumen.

      Für so einen Mann möchte Susi niemals die Socken waschen müssen. Allein der Gedanke erfüllte sie mit Brechreiz.

      Er war ziemlich klein von Wuchs, stark untersetzt, weil er sich den ganzen Tag etwas unter seiner Nase reinschob, beinah kahlköpfig und darum kämmte er die spärlichen Haare von links nach rechts und brachte dieses Gebilde mit einer Dose Haarspray in Form. Nach dem Motto von Drei-Wetter-Taft: „Wesel – die Sonne brennt – … “

      Susi wollte zu gern wissen, wie er wohl aussehen würde, wenn es wie aus Kannen gießt, aber der Pedant hatte immer einen Schirm dabei. Kein Wunder, dass diese Schießbudenfigur keine Frau abkriegen konnte.

      Dennoch schien es angebracht, diese Antisympathie ihm gegenüber geschickt zu verbergen. Bei der angespannten Arbeitsmarktlage wäre es nicht auszudenken, wenn sie ihren Job verlieren würde.

      Darum blieb Susi lieber still und schwamm mit der breiten Masse mit – nach der Devise: ‚Nur nicht auffallen!‘

      Ihren Kollegen im Distrikt konnte sie wenig Vertrauen schenken und private Kontakte untereinander bestanden nicht.

      Das Arbeitsleben war nicht mehr das, was es früher mal war. Ethische Begriffe, wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit etc. hörten sich wie Fremdwörter an.

      Dafür tauchten täglich neue amerikanische Bezeichnungen wie z. B. Mobbing auf, mit denen jeder heute oder schon morgen konfrontiert werden konnte.

      Um weiteren Gefahren aus dem Wege zu gehen, dachte sie sich einen perfekten Plan aus. Sie musste taff bleiben und wollte die übliche Durchschnittlichkeit der meisten Frauen in den Schatten stellen. Darum beschloss sie, ihr Leben fortan so zu verändern, dass sie innerhalb kurzer Zeit keine finanziellen Sorgen mehr haben würde. Ihre Rente, die laut ihren Berechnungen mehr oder weniger bescheiden ausfallen würde, verschaffte ihr regelrecht Albträume. Oft genug hatte Susi von einem Zehn-Punkte-Plan in der Politik gehört, wenn die Großen nicht weiter wussten. Sie musste etwas Adäquates tun, um schneller ans Ziel ihrer Träume zu kommen.

      Entschlossen brachte sie einen „ABC-Plan“ zu Papier. Susi wusste genau was sie tat, denn sie wollte den Spätsommer sowie den Herbst ihres Lebens genießen, nachdem es Frühling und Sommer nicht so gut gemeint hatten mit ihr.

      Und der Winter könnte viel Kälte mit sich bringen, wenn er dann überhaupt noch käme.

      Skrupel kannte sie in ihrer Vorgehensweise nicht, denn sie würde nach dem Alphabet vorgehen und sich einen Arzt nach den anderen vornehmen, ihren Charme spielen lassen, und vielleicht … naja … somit den Richtigen finden.

      Fingerspitzengefühl und Taktik waren keine Fremdwörter für Susi. ‚Also auf geht’s!‘ dachte sie.

      Bei A dachte sie sofort an den netten und freundlichen Dr. Albertino, der ursprünglich aus Italien stammte.

      Zu seiner Praxis-Einweihungsfeier war sie ihm zum ersten Mal begegnet. Neben dem Strauß Blumen, der natürlich bei solch einer Angelegenheit dazugehört, hatte Susi eines ihrer Werbegeschenke dabei und das war leider nicht so treffend, denn es handelte sich hierbei um ein gewöhnliches Fernrohr. Vielleicht passend für einen Augenarzt!?

      Aber Dr. Albertino war nun mal Gynäkologe!

      Ein peinlicher Auftritt für Susi.

      Inzwischen hatte Susi ihre Hausaufgaben gemacht und genau dieser Dr. Albertino sollte in ihrem ABC-Plan das erste Opfer bzw. ihre allererste Versuchung sein.

      A – wie Dr. Albertino

      „Hallo, Dr. Albertino, ich bin froh, Sie nach dem letzten peinlichen Zwischenfall zu Ihrer Praxiseröffnung, hier ganz allein wiederzusehen und natürlich muss ich mich bei Ihnen entschuldigen für das etwas unpassende Mitbringsel, auch wenn es einige Besucher sehr witzig fanden – glauben Sie mir bitte – mir ist es immer noch sehr fatal!“ sagte Susi.

      „Sorry, im Moment kann ich mich überhaupt nicht an Sie erinnern!“ erwiderte der Doktor.

      „Na, ich bin doch die Pharmareferentin mit dem dämlichen Fernrohr! Sie haben gelacht über mich.“ so Susi.

      „Ach ja, natürlich jetzt fällt es mir wieder ein! War doch lustig von Ihnen, ich meine dieses Geschenk. Wissen Sie, viele Leute können natürlich nicht darüber lachen, das wissen wir beide! Intelligente Menschen haben bekannter Weise immer Humor und darum – wo liegt denn Ihr Problem?“ schmunzelte der Doktor.

      „Ja, aber ich kam mir so unendlich dumm vor und deswegen bin ich jetzt hier, um mich bei Ihnen zu entschuldigen.“ betonte Susi. „Ach nun übertreiben Sie aber, “ meinte der Doktor „und um dieser Angelegenheit, die Sie doch mehr oder weniger verlegen macht, ein Ende zu bereiten, habe ich hier einen Vorschlag, wenn Sie möchten?“

      „Und was soll das Ihrer Meinung nach sein?“ Susi verklickerte ihn mit einem fast bösen Blick, dass er nicht zu viel von ihr erwarten durfte. Albertino schmunzelte und das stand ihm fantastisch.

      Mit seinem italienischen Charme sagte er sehr gelassen: „Zunächst kann ich Ihnen nur das DU anbieten, denn wie ich festgestellt habe, sind Sie oder auch Du meine zuständige Pharmareferentin und wir werden es sicher eine Weile miteinander aushalten müssen, ob wir nun wollen oder nicht, habe ich recht?“

      Susi war perplex, und erwiderte sehr spontan: „Ach ja, ich hoffe, Sie nicht nur durch ein Fernglas zum Lachen bringen zu können, denn ein altes Sprichwort sagt: ‚Wozu in die Ferne schauen, sieh das Gute liegt so nah!‘“

      „Das ist auch meine Meinung und deshalb möchte ich Dich für morgen Abend in mein Stammlokal einladen, gleich hier um die Ecke links, Du musst also kein Fernrohr mitbringen, wenn Du weißt, was ich meine?“

      Susi fühlte sich angemacht von dem kleinen und viel zu schönen Italiener. Sie sagte gelassen: „Ich werde kommen, wie spät?“

      „Ja, das ist immer so eine Sache, aber 20.00 Uhr ist okay und Du bist selbstverständlich von mir eingeladen!“ versicherte Albertino. Inzwischen waren aus dem Wartezimmer Stimmen zu hören, und es wurde Zeit für Susi zu gehen. Noch ein letzter Blick und mit einem fast zufriedenem Gesicht, verschwand

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