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für ihre Arbeit loben würde, wird bitter enttäuscht. In seiner „Gauleiterrede“ zum vierten Jahrestag des „Anschlusses“ am 11. März 1942 schildert Friedrich Rainer die denkwürdige Begegnung am Berghof: „Der Führer ist uns angefahren. Er sagte uns klar und eiskalt, warum er dieses Abkommen geschlossen habe. Der Führer sagte: Meine außenpolitischen Aktionen vertragen diese Belastung mit Österreich nicht. Ich bekomme dauernd Demarchen über Paris und London und ich muß ein freundschaftliches Verhältnis mit Italien ausbauen und ich brauche Zeit, die deutsche Wehrmacht auszubauen … Ich brauche noch zwei Jahre, um Politik machen zu können. Solange hat die Partei in Österreich Disziplin zu bewahren. Sie hat sich zu fügen, sie hat mit allen Mitteln Politik zu machen und auf dem Boden der Tatsachen zu stehen.“ Rainer wagt es nachzufragen, was denn mit „Politik machen“ genau gemeint sei, ob das auch eine Tätigkeit im Rahmen der Vaterländischen Front bedeuten könne, was Hitler bejaht; Globocnik, der nun auch zu Wort kommt, schildert die schwierige Lage der vielen verhafteten Parteigenossen und ihrer Familien und verweist darauf, dass man mit der Unterstützung des Reiches rechne. Hitler, der in Gegenwart von Martin Bormann und Joseph Goebbels mit den beiden Kärntnern spricht, gibt sich allmählich versöhnlicher und überträgt ihnen die Verantwortung für die künftige Entwicklung der NS-Bewegung in Österreich. Rainer zeigt sich als gehorsamer Parteisoldat: „Mein Führer, wir verstehen, was Sie wollen, wir werden uns bemühen, dem Rechnung zu tragen.“ Hitler meint daraufhin: „Ich bin ja der treue Eckart Österreichs.“ Dann tritt er zum großen Fenster des Berghofs und erklärt: „Hier stehe ich, und werde Euch nicht verlassen.“ Rainer, der die einstündige Begegnung in der Rückschau etwas verklärt, verschweigt, dass Enttäuschung und Irritation groß sind, mit dem Unmut Hitlers hatte man in dieser Form nicht gerechnet.

      In der Nacht vom 16. zum 17. Juli kehren sie über die grüne Grenze zurück nach Österreich, um 4 Uhr früh erreichen sie Großgmain. Friedl Rainer fasst das Erlebte zusammen: „Lieber Globus, die Situation ist einfach. Machen wir einen Fehler, werden wir vom Führer ins KZ gesteckt, machen wir die Sache richtig, werden wir dem Führer helfen können.“ Vorsorglich haben sie die Vertreter der Gauleitungen nach Anif bestellt, wo sie noch am selben Tag Bericht über ihr Abenteuer am Obersalzberg geben, vor allem die von Hitler gewünschte Strategie vorstellen. Man einigt sich darauf, den „Anweisungen“ des „Führers“ zu folgen und die Zusammenarbeit mit der „Vaterländischen Front“ zu suchen. Globocnik obliegt es, mit den Parteigenossen die organisatorischen Fragen zu besprechen.

      Wenige Tage später, am 23. Juli 1936, wird Landesleiter Hauptmann Josef Leopold aus dem Anhaltelager Wöllersdorf entlassen, am 31. Juli gibt es ein Treffen mit den Kärntner Parteigenossen in Leopolds Wohnung in Krems. Globocnik und Rainer berichten über ihr Gespräch mit dem „Führer“ und sichern dem Landesleiter ihre Loyalität zu; Leopold, der damit wieder die Führung der Partei übernimmt, zeigt sich zur Zusammenarbeit bereit – Rainer und Globocnik sollen mit ihm als Chef das leitende „Kabinett“ bilden. Die beiden Kärntner Freunde nehmen den Vorschlag an, nach zwei Wochen ist der Pakt von Krems jedoch bereits Makulatur – der alte „Kämpfer“ Leopold kann sich mit der neuen Taktik, die Passivität, geduldiges Abwarten und politische Aktivität auf legaler Ebene verlangt, nicht anfreunden und er misstraut ihnen – er hat Angst, dass die beiden jungen „Rebellen“ eine oppositionelle Gruppe gegen ihn anführen könnten, etwa im Bündnis mit dem steirischen Gauleiter Walter Rafelsberger. Und er fürchtet, nicht ganz zu Unrecht, mögliche direkte Kontakte der Kärntner mit Berlin hinter seinem Rücken. Das Verhältnis zwischen der Landesleitung und Klagenfurt verschlechtert sich kontinuierlich; Leopold-Intimus und Stabsführer der SA Alfred Persche notiert über diese Zeit: „Menschen wie Dr. Rainer, Globotschnigg (sic!), Seys-Inquart (sic!) haben überhaupt kein Gesicht und nicht die geringste Aussicht, sich irgendwie durchzusetzen; wenn sie sich aber auf Namen berufen können, wie Clausner (sic!), Reinthaler“ – es ist das immer stärker werdende Netzwerk der Kärntner Gruppe, das Leopold beunruhigt. Was Reinthaller betrifft, so vertritt er eine klare Linie: Reinthaller sei „undiszipliniert“ und überschreite „den Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben“, er habe sich um die „Organisation der Bauernschaft zu kümmern, aber um sonst nichts“, stattdessen „fuhrwerke er ununterbrochen in der Geschichte herum und versuche große Politik zu machen“, wie Alfred Persche referiert, nun sei aber die Geduld des Landesleiters zu Ende: Große Politik, die will Hauptmann Leopold selbst machen, und so wird Reinthaller im Lauf des Jahres 1937 „entmachtet“ und an den Rand gedrängt. Gleiches hat Leopold mit Rainer und Globocnik vor, doch in ihrem Fall muss er zunächst etwas Geduld beweisen. Die „nationale Opposition“ hat sich indessen eine neue „politische Leitfigur“ (Maurice Williams) erkoren: den Rechtanwalt Dr. Arthur Seyß-Inquart (1892 – 1946). Während Rainer mit Seyß-Inquart, der 1936 von Schuschnigg in den Staatsrat berufen wird, hervorragend zusammenarbeitet, ist das Verhältnis zwischen Globocnik und dem „Verbindungsmann“ zum Kabinett Schuschnigg von Anfang an gespannt: Der katholisch-nationale Seyß-Inquart kann mit der hemdsärmeligen „Macher“-Mentalität Globocniks nichts anfangen, Globus wiederum gefällt die zögerliche, betuliche Art des Rechtsanwalts nicht. Seyß-Inquart ist zudem noch nicht einmal Parteimitglied, er beugt sich aber der Mehrheit der Parteigenossen, die ihn an die Spitze schieben wollen.

      Noch weniger kann ihn aber Hauptmann Leopold leiden, der sich zunehmend einer wahren Phalanx von Gegnern seines Kurses gegenübersieht. Im August 1937 kommt es zum Eklat: Leopold schließt Globocnik aus der Partei aus, Seyß-Inquart und seine Anhänger nennt er „Verräter, Schurken und Lumpen“; den Parteigenossen wird jeder Kontakt zu diesen Männern untersagt. Auch Rainer wird geächtet und erhält die Anweisung, sich nicht mehr in Angelegenheiten der Partei einzumischen – eine Aktion, die letztlich Hauptmann Leopold selbst zum Verhängnis werden wird. Da hilft es auch nichts, dass er Hitler gegenüber Globocnik und Rainer als Feinde der NS-Bewegung anschwärzt – er hat sich selbst ins Aus gestellt: Hitler wird ihm das nicht verzeihen und ihn am 20. Februar 1938 endgültig mattsetzen.

      Vom wilden Rundumschlag Leopolds wenig beeindruckt, widmen sich Globocnik und Rainer weiter ihren illegalen Aktivitäten; Probleme mit der Polizei gibt es wieder im Frühjahr 1937, als die Landesleitung des NS-Hilfswerks in Kärnten „aufgedeckt“ wird. Globocnik reagiert mit gewohnter Ruhe und Übersicht: Am 8. März 1937 gibt er einer gewissen Karoline Thaler den Auftrag, dem aus Wien anreisenden Rechtsanwalt Dr. Heinrich Gmoser, der einen „größeren Geldbetrag“ für das NS-Hilfswerk bei sich trage, bis nach St. Veit an der Glan entgegenzufahren und ihn vor einer Kontrolle durch die Polizei zu warnen. Gleichzeitig solle sie von Gmoser das Geld übernehmen und „gesichert“ nach Klagenfurt bringen. Globocnik erwartet Karoline Thaler, die den Auftrag erfolgreich abwickelt, in der Bahnhofstraße in Klagenfurt, nimmt ihr das Geld ab – und verschwindet. Die Sicherheitsdirektion für das Land Kärnten schreibt ihn daraufhin im Z. P. Bl. unter dem Art. 3886/​36 wegen „Verdachtes des Hochverrates“ zur Verhaftung aus.

      Am 14. Juli 1937, um 12.10 Uhr, wird Globocnik aufgrund dieses Haftbefehls in Klagenfurt verhaftet, doch noch am gleichen Tag, um 17 Uhr, trifft aus Wien der „fernmündliche Auftrag“ von Staatssekretär Michael Skubl ein, dass Globocnik auf freien Fuß zu setzen und die Ausschreibung zu widerrufen sei. Michael Skubl, der Staatssekretär für Angelegenheiten des Sicherheitswesens und Leiter der Bundespolizeidirektion, ist wie Globocnik Kärntner und 1877 in Bleiburg geboren – Globus, so scheint es, hat nun schon einflussreiche Fürsprecher.

      Ende Januar 1938 geht Globocnik von Klagenfurt nach Wien, er will vor Ort sein, wenn hier die Entscheidung im Ringen um die Macht fällt. Eine Wohnung ist rasch gefunden: Am 25. Januar 1938 meldet er sich als „Baumeister“ in der Köstlergasse 11/​2/​22 im 6. Bezirk Mariahilf an; von hier sind alle wichtigen Adressen in der Innenstadt gut zu erreichen.

      In seinen nach dem Krieg in jugoslawischer Gefangenschaft verfassten Schriften behauptet Friedrich Rainer immer wieder, dass es der „gut entwickelte und ausgeprägte politische Instinkt“ Globocniks gewesen sei, der die Arbeit der Partei geprägt habe. Und so sei es auch die Idee Globocniks gewesen, Schuschnigg und Hitler zum Treffen vom 12. Februar 1938 am Obersalzberg in Berchtesgaden zu bewegen. Umsichtig arbeitet man an der Umsetzung dieses Plans: Rainer

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