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       And this is wisdom in a weary land; ask nothing, shut your teeth upon your need.

      „Selva Oscura“, Joy Davidman

       Neunzehn Monate später August 1951

      Im August flirrte die Luft durch Hitze und Regen, als unser alter Impala mit röchelndem Vergaser auf den Sommersitz von Chad und Eva Walsh einbog. Nachdem ich Chad wegen seines Artikels kontaktiert hatte, war durch Telefonate und Briefe eine intellektuelle wie geistliche Freundschaft zwischen uns entstanden. Letztlich hatten seine Frau und seine vier Töchter uns auf unserer Farm nördlich von New York besucht. Die Walshs waren gute Freunde geworden.

      Davy und Douglas hüpften auf dem Rücksitz herum, erschöpft von der langen Fahrt und hungrig. Sie hatten ihren großzügig eingepackten Proviant bereits vollständig verdrückt, bevor wir auch nur die Staatsgrenze von New York passiert hatten. Bills Hände umklammerten angespannt das silberfarbene Steuer, als wir eine saftig grüne Landschaft durchfuhren – mit zerklüfteten Felsen und moosbewachsenen Bäumen, mit dichten, wilden Feldern und einem kristallklaren See, der im Sonnenlicht funkelte.

      Wir waren uns beide einig, dieser Ausflug, um Chad und Eva zu besuchen, bot die Aussicht auf eine willkommene Atempause.

      Doch am Morgen hatte Bill sich plötzlich quergestellt. „Willst du den Urlaub bei Chad verbringen, nur weil er Lewis gut kennt?“, fragte er mich, während wir packten.

      „Das ist doch absurd.“ Ich stand am Fußende des Bettes mit meinem halb gefüllten offenen Koffer.

      Bill zog eine Schublade auf und wandte sich dann wieder mir zu. „Immerhin war er es, der dich überhaupt auf die Idee gebracht hat, Lewis zu schreiben.“

      „Bill“, sagte ich und trat näher zu ihm. „Chad ist der führende Experte für Lewis in den Vereinigten Staaten. Er ist ein Professor. Und er hat genau wie wir in der Mitte seines Lebens zum Glauben gefunden. Er ist dir ein ebenso guter Freund wie mir. Wenn du diesen Urlaub nicht machen willst, dann fahren wir eben nicht zu ihm. Aber sag es mir bitte jetzt.“

      Bill gab mir einen flüchtigen Kuss, der meinen Mund verfehlte und auf meiner Wange landete. „Nein, wir müssen hier mal raus. Wir brauchen eine Pause“, sagte er. „Vermont ist vielleicht genau das Richtige.“

       Joy:

       Mr. Lewis, ich stecke fest in einem „dunklen Wald, wo der Weg völlig verschwunden ist“, wie Dante es beschreibt. Mutterschaft ist etwas Selbstloses. Schreiben ist egoistisch. Das Aufeinandertreffen dieser beiden unerbittlichen Wahrheiten schafft ein dünnes Drahtseil, von dem ich jeden Tag herunterfalle, und wir alle Schaden erleiden. Doch von meinem Garten zehre ich. Ist Ihrer schon erblüht?

       C. S. Lewis:

       Mrs. Gresham, in diesem dunklen Wald habe ich mich auch schon verirrt und dasselbe empfunden, natürlich nicht im Hinblick auf Mutterschaft (was sehr merkwürdig wäre), sondern auf mein Leben und meine Arbeit. Gott hat uns solche Zeiten vorausgesagt; die Dunkelheit gehört dazu. Wie Sie finde ich Trost und Stärkung in der Natur und bei meinen langen Spaziergängen auf dem Shotover Hill (Werden Sie eines Tages kommen und sich diesen Ort anschauen und mit uns wandern?). Das Einzige, was die Natur von uns verlangt, ist hinzuschauen und einfach da zu sein. Aber verlangen Sie nicht mehr von ihr, als sie geben kann.

      Es war anderthalb Jahre her, seit jener erste Umschlag aus Oxford gekommen war. Inzwischen wusste ich schon nicht mehr, wie viele Briefe Mr. Lewis und ich bereits ausgetauscht hatten. Sie flogen über den Ozean wie Vögel, die sich im Flug begegneten.

      Ich sammelte die kleinen Begebenheiten meines Alltags und bewahrte sie auf wie Schätze. Das alles wollte ich ihm erzählen, wollte ihm mein Leben zeigen und von seinem lesen. Auf nichts in meinem Leben wartete ich so gespannt wie auf seine Briefe, und die alten las ich immer wieder, bis ein neuer eintraf.

      Im Jahr zuvor war Der König von Narnia auf unserer Seite des Ozeans erschienen, wodurch meine Jungs Anteil an Mr. Lewis genommen hatten, als ich ihnen das Buch vorlas. Nun war gerade Prinz Kaspian veröffentlicht worden, und wir hatten es mit auf die Reise genommen. Unentwegt las ich aus der Erzählung vor, bis Aslan und Lucy und Edmund uns so vertraut waren, als gehörten sie zur Familie.

       C. S. Lewis:

       Aha, Sie bemerken den mittelalterlichen Einfluss in meinen Geschichten; er rührt vor allem aus meiner Weltsicht. Von Beruf bin ich hauptsächlich ein Mediävist – mit einem Verlangen nach Sinn und auf der Suche nach Wahrheit, und ich glaube daran, dass Geschichten dazu da sind, zu erfreuen und zu belehren.

       Joy:

       Ihre arthurischen Einflüsse stecken tief in Ihrer Prosa. Sie müssen schon früh auf seine Legenden gestoßen sein.

       C. S. Lewis:

       Tatsächlich habe ich König Arthur schon sehr früh entdeckt, mit acht Jahren, um genau zu sein. Wie ich sehe, war das im selben Alter, als Sie beschlossen haben, Atheistin zu sein. Und seitdem hat er meine Vorstellungskraft vermutlich stark beeinflusst. Nebst Dante, Platon und antikem griechischen Denken und natürlich vielen anderen Einflüssen. Wie können wir je sicher sein, was alles unsere Arbeit durchdrungen hat? Aus eben diesem Grund müssen wir gut darauf achten, was wir lesen.

      Durch die Sichtweisen in seinen Briefen lernte ich eine andere Art von Leben kennen: eines, das von Frieden, von Verbundenheit und von intellektueller Vertrautheit geprägt war, von Humor und Freundlichkeit, und ich labte mich daran.

      Indessen drehte sich im Jahr 1951 die Welt weiter um ihre Achse: die „Große Flut“ überschwemmte die Staaten des Mittleren Westens, an einem geheimen Ort in Nevada wurde die Atombombe getestet, im Koreakrieg kamen amerikanische Männer ums Leben. Und Perry Como, Tony Bennett und I Love Lucy bemühten sich, unsere Ängste mit Musik und Gelächter zu zerstreuen, während Harry Truman General MacArthur feuerte.

      In unserem Haus aber tobte ein anderer Kampf. Meine immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen mit Bill nahmen monströse Ausmaße an. Es war mir peinlich, was im Laufe der Jahre aus uns geworden war, und ich war entschlossen, es zu ändern und unsere Ehe zu retten und zu heilen.

      Nur einen Monat vor dem Urlaub hatte Bill betrunken die Seiten eines misslungenen Manuskripts durchs Zimmer geschleudert und sich dann sein Jagdgewehr geschnappt und wild damit herumgefuchtelt.

      „Hör auf!“, hatte ich gerufen. „Du machst mir Angst, und die Jungs schlafen!“

      „Du hast mich nie verstanden, Joy. Nicht ein einziges Mal. Du hast das Haus bekommen, das du wolltest, den Ruhm, den du dir gewünscht hast, aber was ist mit mir?“

      „Bill, du redest Unsinn. Du bist betrunken. Leg jetzt das blöde Gewehr weg!“

      „Es ist nicht geladen, Joy. Mach doch nicht so ein Drama um alles!“

      Er richtete den Lauf zur Decke empor, zog den Abzug und schoss ein Loch in den Putz. Voller Angst, getrieben von einem Adrenalinschub und mit wild pochendem Herzen, stürmte ich die Treppe hinauf. Ich war so verwirrt, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wo mit Blick auf das Schlussloch das Zimmer der Jungs lag. Ich konnte vor Panik kaum atmen, als ich den oberen Treppenabsatz erreicht hatte und merkte, dass die Kugel ins Gästezimmer eingedrungen war und im Fußboden ein Guckloch hinterlassen hatte.

      Bill kam gemächlich hinter mir her, das Gewehr hing schlaff in seiner Hand.

      „Oh!“, sagte er und starrte auf das zersplitterte Holz. „Ich dachte, die Kammer wäre leer.“

      Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu,

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