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dass die Familie sogar ausgeladen wurde und sich die Schwester Clara und ihr Sohn Alexander und der Schwager Walter Benecke den Besuch ertrotzten.

      Aus dem Jahre 1904 liegen verhältnismäßig viele Briefe vor. Die meisten wurden von der Mutter Marie Hütterotts geschrieben und lassen vermuten, dass mindestens einmal pro Woche ein Brief gewechselt wurde. Zu manchen Zeiten, wie z. B. in den Sommerferien, wird an jedem zweiten Tag ein Brief verfasst. Über die Insel und das Leben der Familie Hütterott erfahren wir leider so gut wie nichts. Die einzige Information in dieser Richtung ist die Mitteilung, dass Barbelis das Schwimmen gelernt hat und dass die Umkleidekabinen errichtet wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt nutzte die Familie eine andere Badestelle. Es wird auch kurz erwähnt, dass Georg die „Arbeiten beim Hafenbau überwacht“. Demnach wurde der kleine Hafen mit dem Löwen (wobei strittig ist, ob es sich um einen chinesischen oder venezianischen Löwen handelt) und der eingelassenen Windrose im Jahre 1904 angelegt. Interessante Einblicke gewähren die Briefe aus Frankfurt in das dortige gesellschaftliche Leben. Die Familie Keyl scheint in den Kreis der Frankfurter Patrizier voll integriert zu sein und auch eine maßgebliche Rolle gespielt zu haben. Ein solches Ansehen lässt sich für die Hütterotts in Triest nicht nachweisen. Louise Keyl scheint alle kulturellen Angebote der Stadt Frankfurt genutzt zu haben, und auch gesellschaftliche Empfänge besucht und im eigenen Haus in der Savignystraße gegeben zu haben. Der vorhandene Briefbestand endet abrupt mit dem vorwurfsvollen Schreiben anlässlich der Silberhochzeit. Es ist nicht anzunehmen, dass es sich um (Nach)Kriegsverluste handelt, sondern eher dass aus Verärgerung eine „Funkstille“ eintrat. Aus den vorhandenen Unterlagen lässt sich aber entnehmen, dass Georg bei seinem Aufenthalt in Wien im März seiner Frau zur Silberhochzeit eine lange Perlenkette mit zwei Brillantschließen kaufte.

      Für die Entwicklung der Insel sind zwei Briefe aus dem August interessant, die von dem Plan berichten, die Insel an das örtliche Telefonnetz anzuschließen. Georg nimmt davon aber wieder Abstand, da er der Meinung ist, er würde sich nicht oft und lange genug auf S. Andrea aufhalten, um den finanziellen Aufwand zu rechtfertigen.

      Die finanzielle Lage der Hütterotts scheint vermutlich angespannt gewesen zu sein, denn Louise Keyl erwähnt in einen Brief vom 27. Januar, dass sie den „mageren Ertrag aus den Verkauf von zwei Häusern“ gerne nach Triest gibt, der Anteil am Erbe dann aber für Hütterotts später geringer ausfallen wird. Über einen Informationsaustausch Sigmundts und Neufvilles erfährt die Mutter auch von Grundstücksgeschäften ihres Schwiegersohnes, auf die sie aber leider nicht weiter eingeht. Die Finanzlage Georgs scheint bei seinen Schwestern und ihren Männern durchaus ein Gesprächsthema gewesen zu sein.

       1905

      Der Winter in Triest war für die Familie angenehm. Leider wird nie erwähnt, womit sich Hütterotts in Triest beschäftigen. Aus den Unterlagen im Heimatmuseum ist durch aufwändig gedruckte Menü- und Einladungskarten bekannt, dass größere Diners und auch Hausbälle zu Ehren der Tochter Hanna gegeben wurden. Trotzdem ist es nicht gelungen, sie „an den Mann zu bringen“. Im März/April wird eine vierwöchige Mittelmeerkreuzfahrt mit dem Erzherzog auf der „Rovenska“ unternommen (Riviera, Elba, Neapel). In den Briefen aus Deutschland klingt es, als ob diese Reise eine „Entschädigung“ für Hanna war, deren angeblich geplante Hochzeit mit einem Mitglied des Hochadels wegen kaiserlichen Einspruchs nicht stattfand.

      Am 10. Juli, also mitten im Hochsommer, wird die Insel bezogen. Aber es können keine Gäste aufgenommen werden, da an der Wasserversorgung gearbeitet wird. Da scheint es sich um die Verlegung der Wasserleitung vom Festland zur Insel gehandelt haben, denn der Zisternenbrunnen trägt ein früheres Datum. In diese Zisterne wurden nach Augenzeugenberichten die Unterlagen der Hütterotts (Akten und Bücher) geworfen, nachdem sich 1945 die Partisanen in den Besitz der Insel gebracht hatten. Die Zisterne ist zu dieser Zeit wohl nicht mehr für die Wasserversorgung genutzt worden. Es ist mir auch nicht bekannt, ob eine Wasserleitung vom Festland vorhanden war, die kriegsbedingt zerstört wurde oder aber einem natürlichen Verschleiß unterlag, denn sie wäre dann ja bereits 40 Jahre alt gewesen. Zu Beginn des Tourismus auf der Insel kam das Wasser wöchentlich in Tankwagen, die mittels Landungsbooten der jugoslawischen Marine transportiert wurden. Wenn die Touristen zu viel Wasser verbraucht hatten, saßen sie für einige Tage sprichwörtlich „auf dem Trockenen“.

      Für dieses Jahr und das folgende Jahr liegen die meisten Briefe vor. Ein großer Teil der Korrespondenz befasst sich mit den Umbau- und Renovierungsplänen des Schlossgebäudes. Es wurde eine Wasserleitung mit Kalt- und Warmwasser (sogar noch unterteilt in See- und Süßwasser) installiert und auch die Fenster in ganzen Haus wurden erneuert. Leider lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen, ob die Räume in Inneren baulich verändert wurden. Den Briefen ist jedenfalls zu entnehmen, dass es nicht möglich war, das Gebäude in dieser Zeit zu bewohnen.

      Gesellschaftlicher Höhepunkt 1905 war sicherlich die Berufung Georg von Hütterotts als Abgeordneter in das Herrenhaus. Seinem Wirken als Politiker ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Ausgelassen wurde aber die Möglichkeit, die Silberhochzeit des Ehepaares zu feiern. Weder in Triest, noch auf S. Andrea fand eine entsprechende Festlichkeit statt. Vielleicht lag es an den noch nicht beendeten Bauarbeiten oder der fehlenden Einrichtung. An diesem Tag hielt sich die Familie auf der Insel auf und wurde von Maries Schwester Clara, ihrem Sohn Alex und dem Schwager Walter Benecke besucht. In den Briefen der Mutter Louise Keyl ist der Unmut über den Ausfall der Feier zur Feier der Silberhochzeit mehrfach dokumentiert. Dafür tauchen aber auch regelmäßig Berichte über Hochzeiten in Frankfurt auf. Die Großmutter scheint immer indirekt darauf hinzuweisen, dass es an der Zeit ist, Hanna zu verheiraten. Da das Thema nie direkt angesprochen wird, dürfte es sich um einen heiklen Punkt gehandelt haben.

      Pula, April, Mary Pott, Mizzi und Lola Minutillo

       1906

       Blatt–36

      In diesem Jahr beginnt das Buch nicht mit einer Eintragung zum Winter in Triest. Der Reigen der Gäste beginnt mit der Erzherzogin Maria Josepha und als Begleiterin Carla Attems, die bereits erwähnt wurde. Sie wird vermutlich zu dieser Zeit ihren Dienst als Oberhofmeisterin bei der Erzherzogin Maria Josepha aufgenommen haben.

      Der militärische Höhepunkt der Insel scheint am 2. August dieses Jahres erreicht zu sein, indem Admiral Rudolf Graf Montecuccoli der Insel einen offiziellen Besuch abstattet. Er bringt sogar seine Bordkapelle mit, die den ganzen Abend im Säulenhof musiziert. Das ist das einzige Mal, dass eine musikalische Unterhaltung auf S. Andrea erwähnt wird. Die Militärkapelle ist somit die Vorgängerin der nachfolgenden zahlreichen Bands, die für die Unterhaltung der Touristen sorgen. In den letzten Jahren ist diese Tradition auf einen einzelnen Musiker zusammengeschrumpft. Ich muss aber erwähnen, dass diese Einmannkapelle (Franjo) eine sehr gute Leistung erbringt. Der Admiral war einer der größten Förderer des Schiffsneubaus für die Marine und daher für Georg von Hütterott geschäftlich äußerst wichtig.

      Anstelle der fehlenden Einleitung sind dafür vier Wetterbeobachtungen eingetragen. Im November wird die Insel verlassen, und Hanna reist mit ihrer Großmutter (Keyl) nach Frankfurt.

      Einem Brief des Advokaten Alvise Rismondo ist zu entnehmen, dass Georg in Rovinj, oder Umgebung, fünf Ölmühlen betrieben hat. Im Jahre 1906 wurden 391 Liter gekeltert und zu einem durchschnittlichen Preise verkauft (worauf Rismondo extra hinweist!). Die landwirtschaftliche Verwaltung des Besitzes scheint demnach ausschließlich von Rovinj aus vorgenommen worden zu sein. Georg beteiligt sich auch mit einer größeren Spende für die Figur der Hl. Euphemia auf dem Altar der Pfarrkirche. Anlass für diese Spende war der Tod des Dr. Matteo Campitelli, des Direktors der Tabakfabrik. Aber auch in die Planungen für die erste Wasserleitung der Stadt war Georg eingebunden.

      Aus diesem Jahr liegt auch ein umfangreicher Schriftwechsel mit der Firma „Carl Geyling´s Erben für Glasmalerei“ vor. Georg von Hütterott bestellt ein Glasfenster für die Kapelle und schreibt die Gestaltung genau vor: „eine segnende Madonna, darunter links mein Wappen, rechts die Inschrift Hanna v. Hütterott“. Vermutlich ist dieses Kapellenfenster eine Vorbereitung auf die geplante Verehelichung mit einem Mitglied des Hauses Habsburg. Die Hütterotts waren von Hause aus Calvinisten und nahmen auch in der Triestiner Kirchengemeinde gehobene Funktionen wahr. Eine Madonnendarstellung

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