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in Triest. Es scheint sich aber keine engere Beziehung gebildet zu haben, denn spätere Kontakte sind nicht bekannt. Das ist erstaunlich, denn der Vetter hat die Mutter, Luise Keyl, regelmäßig in Frankfurt besucht und auch Emma Benecke auf Berghof. Es hat den Anschein, dass familiäre Kontakte nicht gepflegt wurden. Vielleicht weil Teile der Familie nicht als nicht mehr „ebenbürtig“ angesehen wurden

       1889

      Für dieses Jahr liegen nur fünf Briefe vor. Den interessantesten hat Curt Netto aus London geschrieben. Dort hatte er sich schon im Vorjahr, aus Essen kommend, wo er Kontakt zur Firma Krupp aufgenommen hatte, niedergelassen, um eine Unternehmung im Bereich der Aluminiumherstellung oder -veredlung zu gründen. Aus dem Bestand des Bremer Archivs wurde die gedruckte Trauerrede auf Carl Hütterott, vom evangelischen Pfarrer in Triest am 26. Januar am Sarge des Verstorben gehalten, dem Bestand in Rovinj beigefügt. Aus dem Inhalt können wir einige Informationen über den Lebensweg und Charakter des Verstorbenen erfahren. Da es sich aber um eine Trauerrede handelt, ist eine gewisse Skepsis angebracht. Interessant ist, dass diese Trauerrede vom Österr.-ungar. Lloyd herausgegeben und auch in dessen Druckerei hergestellt wurde. Damit ist belegt, dass bereits der Vater von Georg starke Verbindungen zur Seefahrt in der Adria hatte und diese nicht erst durch seinen Sohn aufgenommen wurden. Die Verbindung zum Freiherrn von Lutteroth, einem der Gründer des Lloyd, stammte sicherlich von Carl Hütterott. Der Tod des Vaters hat Georgs Leben einschneidend verändert. Er behält zwar das Haus in Triest bei, die „Villa Adele“, trennt sich aber vom Handelsgeschäft seines Vaters und überträgt es an seinen Vetter Küchler, um sich vorwiegend seiner Tätigkeit im Stabilimento Tecnico zuzuwenden. In der Phase dieser Neuorientierung scheint es auch zum Zerwürfnis mit seinen Schwestern gekommen zu sein. Nicht auszuschließen ist eine Auseinandersetzung um das Erbe.

       1890

      Aus diesem Jahr hat sich nur eine Unterlage erhalten. Dabei handelt es sich um einen Brief vom 10. August, verfasst von Alfred Escher, dem Verkäufer der Inseln. Es handelt sich um ein sehr kurzes und distanziertes Schreiben, in dem es um die Räumung von Produktionsanlagen geht. Im August hatte Georg die „Cissa-Inseln“ von Escher erworben und vermutlich sofort mit der Wiederherstellung der Klosteranlage begonnen. Wie weit er in den Baubestand eingegriffen hat, ist nicht bekannt. Die Struktur der Klosteranlage ist in der Anordnung der Gebäude noch zu erkennen. Die Veränderungen im Inneren sind nicht nachvollziehbar.

       1891

      Ab jetzt wird das Gästebuch von S. Andrea der „Rote Faden“ sein, die Unterlagen des Hütterott-Archivs werden erklärend hinzugezogen.

      Der Titel -„CISSA INSEL“- in verblasster Goldprägung auf dem Buchdeckel, von Arabesken umgeben, ist irreführend und auch ungebräuchlich, denn es handelt sich nicht um eine Insel, sondern um eine Inselgruppe, die zum Archipel von Rovinj gehört. Eine dieser Inseln ist „Sankt Andrea“, die ihren Namen von einem Benediktiner-Kloster erhielt, welches dort seit dem 9. Jahrhundert bestanden hat. „Cissa“ war der Name einer sagenhaften Stadt des Altertums, die vom Meer verschlungen wurde und deren Hügel nun als Inseln aus dem Wasser herausragen. Angeblich sollten auf dem Meeresgrunde noch die Überreste der Stadt zu erkennen sein. 1890, also im Jahre des Erwerbs durch Hütterott, stieg im Auftrage der Marine der „Staatstaucher“ in die Tiefe hinab und berichtete von Mauerresten. Leider behinderte ihn seine altmodische Ausrüstung an großflächigen Erkundungen und daran, in größere Tiefen hinab zu steigen. Dieser „amtliche“ Bericht führte sicherlich zu der Beschriftung des Buches.

      Im Juli 1955 wurde unter Leitung eines Zagreber Instituts erneut eine Untersuchung durch inzwischen besser ausgestattete Taucher durchgeführt. Das Ergebnis lautete: „Es gibt in diesem Gebiet auf dem Meeresboden beeindruckende Felsformationen, aber keine Spuren von durch Menschen errichtete Bauwerke“. Eindeutig handelt es sich bei „Cissa“ um die adriatische Version der Atlantislegende.

      Dass dieser Name den Umschlag des Gästebuches ziert, ist vermutlich eine literarische Rangerhöhung. Hütterotts verwenden diesen Namen im Gästebuch nie, sondern schreiben immer nur von „S.Andrea“. Unter dieser Bezeichnung ist die Insel auch auf den österreichischen Seekarten des vorigen Jahrhunderts eingezeichnet. Über der Eingangstür des Schlosses befindet sich in einer Bleiverglasung die Bezeichnung „S. Andrea di Rovigno“ in Verbindung mit einem reifen Granatapfel, unter anderem eines der Wappenbilder von Rovinj. Der Granatapfel ist aber auch in der christlichen Ikonographie von großer Bedeutung. Als Schmuck der Priester des Alten Testaments könnte er auch auf S. Andrea Verwendung gefunden haben.

      Aus 1891 haben sich diverse Schreiben der Firma „Kärntner Holzindustrie Villach“ erhalten. Hauptsächlicher Inhalt ist die Herstellung von Fenstern, aber auch anderer Holzarbeiten, wie z.B. die Renovierung der Fußböden. Da allein über 70 (!) Fenster angefertigt wurden, lässt sich vermuten, dass es sich bei dem Klostergebäude nur noch um eine Ruine handelte, die aus den steinernen Wänden und einem Dach bestanden hat. Die Schriftstücke umfassen den Zeitraum vom 15. Januar bis zum 30. Mai und belegen eine zügige Instandsetzung. Es liegen auch eine Vielzahl von Rechnungen einheimischer Handwerker vor, die aber alle in Italienisch verfasst sind und sich daher für mich noch einer Bearbeitung entziehen. Ein Ritter Alfred von Purschkay, der im Gästebuch mit zwei Eintragungen vertreten ist, reicht eine Rechnung für diverse Besuche und Leistungen ein. Aufgeführt werden unter anderem Sprengungen und unterseeische Sprengungen auf S. Giovanni. Was gesprengt wurde, ist leider nicht vermerkt und heute lassen sich keine Spuren mehr feststellen. Es ist möglich, dass es sich um die Verbreiterung der Fahrrinne und der Anlage des kleinen Hafens auf S. Giovanni handelte. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, dass die Insel durch Hütterott regelmäßig genutzt wurde. In Briefen aus dem Jahre 1907 wird ein Besuch auf der Insel genannt. Belegt sind unter Einbeziehung des kleinen Klosters gelesene Messen für die Sardellenfischer. Für diese kirchlichen Handlungen hat sich Georg aber seine ausdrückliche Genehmigung vorbehalten.

      Im Archiv befinden sich auch zwei Zeitungsausschnitte von Anzeigen aus „deutschen landwirtschaftlichen Blättern“ vom August 1891. Darin wird für S. Andrea ein Aufseher gesucht. Die Insel wird beschrieben mit „kleine Besitzung in südlicher Gegend mit italienischer Landessprache“. Gesucht wir in dauernder Stellung ein junger, möglichst verheirateter Mann, dem seine Frau den Haushalt führen soll. Italienische Sprachkenntnisse werden nicht verlangt. Diesem Stellengesuch ist zu entnehmen, dass Georg von vorne herein die landwirtschaftliche Nutzung seiner neuen Besitzung im Auge hatte. Sicherlich trug er sich auch schon zu diesem Zeitpunkt mit dem Ankauf größerer Flächen auf dem Festland. In dem Fotoalbum von 1904 befindet sich eine Panoramaansicht der Insel, aufgenommen durch Hanna vom Turm auf dem Belvedere, die einige landwirtschaftlich genutzte Flächen erkennen lässt. Letztendlich wurde aber wohl kein deutscher Verwalter gefunden, sondern der aus Piran stammende Giacomo Fonda übernimmt diese Aufgabe für über dreißig Jahre. Bei einer Bremer Handelsgärtnerei werden im November diverse Pflanzen bestellt, die einen Rückschluss auf die ursprüngliche Gestaltung des Gartens zulassen. Es handelte sich unter anderem um verschiedene Arten von Koniferen, Azaleen, Kamelien, Oleander, Zitronen, Orangen und Magnolien.

      Georg Hütterott kaufte im August 1890 die Inseln „S. Andrea“ und „Mascin“, die zum Archipel von Rovinj gehören. Seinen Besitz markierte er mit einem Stein, der sich noch heute direkt an der Treppe zum Säulenhof des Schlosses befindet und in den „H 1890“ eingemeißelt ist. Über die genauen Umstände des Kaufes ist mir nichts bekannt, auch nicht über den Zustand der Gebäude. Es heißt, dass die Klostergebäude sich in einem schlechten Zustand befanden und eine Zeitlang als Zementfabrik gedient haben. Der Turm der Kirche, die in wesentlichen Teilen dem 9. Jahrhundert entstammen soll, wurde als Schornstein zweckentfremdet.

      Als einzige Eintragung befindet sich auf dem Blatt 1 die Signatur des Erzherzogs Karl Stefan (in den Kommentaren immer mit „C“ geschrieben; laut Habsburger-Lexikon ist aber die Schreibweise mit „K“ richtig und wird darum von mir benutzt). Neben seinem Rang (L. Capit.) vermerkt er auch seine Yacht „Christa“.

      In den Jahren bis zum 1. Weltkrieg wechselt er die Schiffe laufend und führt sie Hütterott in S. Andrea vor, der die Namen der Yachten im Gästebuch erwähnt.

      Hinsichtlich des hervorgehobenen Eintrags vermute ich, dass es sich bei

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