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könnten Sie sich meiner Stimme sicher sein«, hatte Linda ironisch bemerkt, als sie allein gewesen waren.

      Kuhnert hatte ungehalten abgewinkt und ein paar Sekunden vergehen lassen, bevor er geantwortet hatte. Wahrscheinlich hatte er sicherstellen wollen, dass sein Hirn wieder vollständig durchblutet wurde.

      »Ich erspare uns die ›Es ist nicht so wie Sie denken‹-Peinlichkeit.«

      »Danke! Ich frage auch nicht, wie es Ihrer Frau und den lieben Kleinen geht.«

      Seine Augen hatten gefährlich aufgeblitzt. »Machen wir es kurz! Bei der Verbesserung meiner Lebensqualität erwischt worden zu sein degradiert mich zum Rumpelstilzchen. Ich schulde Ihnen einen Gefallen. Sie sind eine aufstrebende, taffe junge Frau mit hervorragenden Leistungen, und Sie wollen, kaum dass Sie Ihre Ausbildung beendet haben, in der Berliner Mordkommission arbeiten. Habe ich das richtig in Erinnerung?«

      »Exakt! Nur haben Sie mein Anliegen abgelehnt.«

      Kuhnert hatte einen Augenblick gewartet und dann gönnerhaft geantwortet: »Ihr Wunsch sei Ihnen erfüllt!«

      Ein Dank war Linda nicht über die Lippen gekommen.

      Er hatte nach der Türklinke gegriffen und ihr in die Augen geschaut. Mit festem Blick, der hatte ahnen lassen, wie er üblicherweise mit Gegnern umzugehen pflegte, hatte er gefragt: »Habe ich Ihr Wort, dass von dem … Personalgespräch mit der Pressereferentin nichts an die Öffentlichkeit dringt?«

      Drei Wochen nachdem Ralf Kuhnert seine Ernennungsurkunde zum kommissarisch eingesetzten Polizeipräsidenten in den Händen gehalten hatte, war der Versetzung Linda Mörikes entsprochen worden, gegen den Widerstand des Chefs der Abteilung LKA 1 Max Herting. Am vergangenen Freitagnachmittag hatte sich Linda Mörike in der Keithstraße 30, Berlin-Tiergarten, gemeldet. Noch immer klangen Hertings Worte in ihren Ohren: »Mein liebes Fräulein!«

      Der Leiter des LKA 1 hatte tatsächlich »Fräulein« gesagt, als redete er mit einem der Hunde, die er in seiner Freizeit züchtete, bezeichnenderweise Riesenschnauzer.

      »Wie auch immer Sie es angestellt haben, die Stelle bei der Mordkommission zu bekommen – beim ersten groben Fehler, der Ihnen unterläuft, versetze ich Sie in den Innendienst. Da können Sie dann Rotlichtvergehen bearbeiten, bis Sie grün sind.«

      Als Rotlichtvergehen wurden die Delikte jener Autofahrer bezeichnet, denen es an Kreuzungen und Gehwegen an Geduld mangelte. Herting hatte jedes freundliche Wort vermieden und Linda Mörike nur den Namen ihres Mentors genannt: Hans Morgenstern. Er würde sich um sie kümmern.

      Ein Geräusch riss sie aus ihren Gedanken. Die Katze spitzte wachsam die Ohren. Als Linda endlich das Smartphone in einer der vielen Taschen ihrer Angeljacke gefunden hatte, war schon geraume Zeit vergangen.

      »Hallo?«

      »Mörike, sind Sie es?«

      Sie wusste genau, wer an der anderen Seite der Leitung sprach. Dennoch konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. »Mit wem spreche ich?«

      »Lassen Sie den Scheiß! In dreißig Minuten am Hundeauslaufgebiet im Mauerpark. Melden Sie sich bei Morgenstern! Es gibt Arbeit.«

      Das Gespräch war beendet.

      Vom Ufer der Spree in Köpenick bis zum Mauerpark in Prenzlauer Berg brauchte man selbst bei wenig Verkehr vierzig Minuten. Verzweifelt schaute Linda erst an sich herab und dann zu der Katze hinüber, die noch immer darauf zu warten schien, dass sich ein weiterer Fisch ihrer erbarmte.

      »Das schaffe ich niemals!«

      Kommissar Bruno Biondi stand, in eine hautenge Jeans und ein farblich zum Gürtel passendes T-Shirt gekleidet, in der Mitte des Hundeauslaufplatzes im Mauerpark. Wie immer war er perfekt gestylt, getreu dem Motto: Dem Mann deiner Träume kannst du an den unmöglichsten Orten begegnen. Bisher waren seine Bemühungen, einen Partner zu finden, allerdings erfolglos geblieben. Als er den Leiter der Mordkommission entdeckte, tippelte er vorsichtig über den verwilderten Platz. Ob er Hundehaufen oder anderen Bedrohungen auswich, konnte Kriminalhauptkommissar Morgenstern nicht erkennen. Allerdings musste er alle Register der Beherrschung ziehen, um nicht laut loszulachen. Beide Hände leicht gespreizt, auf gleicher Höhe mit den Schultern, als steige er in kaltes Wasser, bemühte sich Biondi, unbeschadet das Eingangstor des Hundeauslaufplatzes zu erreichen. Die Angst, eine der »Tretmienen« zu übersehen, wie er die Hundehaufen nannte, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

      »Die Gerichtsmedizin ist gerade fertig geworden. Der Tatort ist freigegeben«, bemerkte Biondi und drückte die Hand seines Chefs wie gewöhnlich einen Deut zu fest, als gelte es, den Nachweis der Männlichkeit zu erbringen. Dann ging er voraus, um Morgenstern den Fundort der Leiche zu zeigen.

      »Wer hat Dienst?«

      »Unsere allerliebste Matroschka!«

      Morgenstern nickte zufrieden. Sonja Bubka verstand ihr Handwerk und erledigte die Arbeit leise und gewissenhaft. Sie würde sich bei ihm melden, sobald Ergebnisse vorlagen. Ihre russischen Wurzeln und die beeindruckende Körperfülle, bei übersichtlicher Größe, hatten ihr den Spitznamen Matroschka eingebracht.

      Wie immer bei einem Todesfall hatten die Polizeibeamten das gesamte Terrain abgesperrt und mussten sich nun von wenig einsichtigen Bürgern wütende Bemerkungen gefallen lassen.

      Der Junge lag quer über dem Pfad auf dem Rücken und schien in den blauen Himmel zu starren, als suchte er in den Wolkengebilden nach Phantasiegeschöpfen.

      Ein paar Kärtchen mit Ziffern dokumentierten jene Stellen, an denen die Spurensicherung fündig geworden war. Routiniert machte ein Polizeifotograf Aufnahmen von einem demolierten Fahrrad. Bruno Biondi spulte nach einem Zeichen seines Chefs wie auf Knopfdruck eine erste Zusammenfassung herunter. Dabei wischte er über den Bildschirm eines iPad, um sicherzugehen, dass er auch keine Informationen vergaß.

      »Der Junge wurde von einem Punk gefunden. Eigentlich mehr von dessen Hund. Der Typ lief seine übliche Runde, um Flaschen zu sammeln. Nach seiner Aussage hat er anschließend Freunde besuchen wollen, die sich hier regelmäßig zum Morgenbier treffen. Als er mal pissen musste – seine Worte –, habe der Hund plötzlich komisch gejault. Besorgt habe er nach Bastard, so heißt der Köter, geschaut und dabei die Leiche entdeckt. Fünf Minuten später waren die Kollegen vor Ort.«

      Morgenstern drehte sich um und schätzte die Entfernung bis zum Eingangstor. Es konnten nicht mehr als zehn Meter sein. Außerdem wuchsen die Büsche hier nicht sehr hoch. »Woran ist der Junge gestorben?«

      »Wahrscheinlich wurde er vergiftet. Genaueres wissen wir nach der Obduktion.«

      Morgenstern schaute Biondi erstaunt an. »Deutet etwas auf Rauschgift hin?«

      »Nach meinem Wissensstand wurde bisher nichts Derartiges gefunden«, verneinte Biondi.

      Morgenstern rieb sich die Stirn und überlegte.

      Noch bevor er etwas sagen konnte, fuhr Biondi fort: »Glasige Augen hatte der Hund nicht.«

      »Der Hund von dem Punk?«

      »Von Tierärzten weiß ich, dass die Jungs sich um ihre Tiere ausgesprochen liebevoll kümmern. Wir dürfen davon ausgehen, dass unser Punk ab und an sein Bier mit Bastard teilt. Aber dass beide gemeinsam auf eine psychedelische Reise gehen, können wir sicherlich ausschließen.«

      Morgenstern verdrehte die Augen. »Ist der Mann noch da? Ich möchte gern mit ihm sprechen.«

      »Er ist unten bei den Kollegen und klagt über seinen Umsatzausfall.«

      »Wie bitte?«

      »Es geht um die Flaschen, die ihm die anderen Sammler inzwischen weggeschnappt haben. Der Typ ist ein bisschen neben der Spur. Er will nicht gehen, bevor er Finderlohn bekommt.«

      Dass jemand für den Fund einer Leiche Geld verlangte, ließ Morgenstern nur den Kopf schütteln. Er würde mit dem Kerl reden und ihm, wenn dabei etwas herauskam, ein Frühstück spendieren. »Ist schon ein Todeszeitpunkt bestimmt worden?«

      Erneut wischte

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