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Übung: Wo finden Sie Ihre Auszeiten?

       Tankstelle: Rituale

       Reflexion: Haben Sie hilfreiche Rituale, Abläufe, die Sie nutzen, um zur Ruhe zu kommen? Wie sieht Ihr Ritual aus?

       Tankstelle: Bewegung

       Tankstelle Kommunikation

       Übung: Welche Kommunikationssituationen genießen Sie?

       Tankstelle: Beruf und Berufung

       Reflexion: Da schlägt mein Herz

       Tankstelle: Alleinsein

       Reflexion: Wie wichtig ist mir das Auftanken im Alleinsein?

       Tankstelle: Ruhe und Achtsamkeit

       Übung: Den Fluss der Gedanken wahrnehmen

       Tankstelle: Glaube und Gebet

       Reflexion: Wie erleben Sie Gott?

       Übung: Erst mal anhalten

       Tankstelle: Gemeinde

       Reflexion: Was schätzen Sie an Ihrer Gemeinde?

       Nachwort

       Anhang

       Anmerkungen

Kapitel 1

      In zwei Stunden beginnt die Betriebsweihnachtsfeier. Die Kollegen werden dort sein, der redegewandte und charismatische Chef, ganz unterschiedliche Leute aus den anderen Abteilungen. Das Essen ist immer gut. Frau Müller wird mit ihrem trockenen Humor wahrscheinlich wieder alle zum Lachen bringen, und Kollege Frankmann hat mit Sicherheit ein heiteres Gedicht vorbereitet.

      Und Sie? Freuen Sie sich schon auf einen netten Abend unter Menschen? Oder graust es Ihnen davor, weil Sie sich selbst stumm vor Ihrem Teller sitzen sehen, konzentriert kauend und den Blickkontakt mit den anderen vermeidend, während um Sie herum alles lacht und redet? Können Sie sich nur schwer überwinden, überhaupt auf diese Feier zu gehen, weil es immer so anstrengend ist, „Smalltalk“ zu betreiben und Sie ja nun nicht die ganze Zeit nur essen können, damit Sie beschäftigt wirken? Wenn das so ist, dann gehören Sie wahrscheinlich zu den „Stillen im Lande“.

      Nun ist es nicht unbedingt ein Nachteil, kein Partyfreund zu sein. Für einen Mönch im Schweigekloster wäre das sogar ein echter Vorteil, aber in unserer Gesellschaft der Kommunikativen haben Sie wahrscheinlich oft das Gefühl, irgendwie „anders“ zu sein. Es scheint, als sei unsere Kultur eine Kultur der Extrovertierten. Wer erfolgreich sein will, muss Kontakte pflegen können. Kommunikationsfähigkeit ist ein wichtiger Schritt zum Erfolg.

      Es ist eine gutgesicherte Erkenntnis, dass der lockere Augenkontakt mit anderen Menschen, der Smalltalk auf der Party oder mit Fremden im Aufzug, Schlagfertigkeit sowie schnelle und spontane Reaktionen helfen, erfolgreich zu sein. All das gehört nicht unbedingt zu den Stärken der Introvertierten. 1994 veröffentlichte der Psychologe Howard Giles eine Untersuchung, der zufolge man Menschen, die schnell und laut sprechen, als kompetenter und sympathischer wahrnimmt, als klüger, interessanter, sogar als besser aussehend. Verschiedene Untersuchungen zum Thema Lebensglück behaupten einheitlich, Extrovertierte hätten im Durchschnitt mehr Glück bei der Suche nach Jobs, nach Wohnungen und dem Lebenspartner. Im Flurfunk hören sie von der frei werdenden Wohnung, sind dem Chef eher im Bewusstsein, wenn er darüber nachdenkt, eine Aufgabe neu zu besetzen, und reagieren schnell genug, wenn sich eine Chance zeigt.

      Der Idealmensch unserer Zeit ist gesellig, arbeitet gut im Team, ist gern unter Leuten, ist risikobereit und gut vernetzt. In den Pausen checkt er seine Mails, postet auf Facebook oder verschickt schnell mal eine Whats App. O. k., auch das ist jetzt etwas plakativ, passt aber trotzdem ins Bild.

      In früheren Zeiten wurde der belesene, ruhige Mensch stärker bewundert als heute. Alleinsein (zu können) galt als ein wichtiger Teil der menschlichen Existenz. Dinge zu durchdenken, in sich zu bewegen war hoch angesehen. Das Denken im Rückzug galt sogar als Ideal. Arthur Schopenhauer schrieb zum Beispiel 1851 in seinen „Kleinen philosophischen Schriften“: „Dem intellektuell hochstehenden Menschen gewährt nämlich die Einsamkeit einen zweifachen Vorteil: erstlich den, mit sich selber zu seyn, und zweitens den, nicht mit Anderen zu seyn.“

      Es gibt viele, die das auch heute so sehen. Sie sind gern mit sich allein, sie brauchen keine ständigen Inputs von außen. Sie stehen nicht gern im Vordergrund und fallen meist nicht groß auf. Viele unter ihnen reden leiser, während des Sprechens konzentrieren sie sich stark und vermeiden den Augenkontakt. Wenn sie zuhören, machen sie das mit allen Sinnen. Da sehen sie den anderen ganz genau an, um kein Detail zu verpassen.

      Das alles ist anstrengend, denn in der Gegenwart anderer Menschen kann das Gehirn introvertierter Menschen nicht herunterschalten. Alles muss wahrgenommen werden, alles wird durchdacht. Die Worte entstehen (besonders in unbekannten Situationen und in der Gegenwart fremder Menschen) nicht beim Sprechen, sie müssen da sein, bevor sie ausgesprochen werden können. Deshalb brauchen introvertierte Menschen dringend Momente der Stille, um sich selbst zu hören und um sich vom allgegenwärtigen Lärm zu erholen. Für Introvertierte ist Sozialkontakt nur mit vertrauten Menschen und in vertrauter Umgebung ein Vergnügen, ansonsten ist es harte Arbeit, und „Networking“ ist im besten Falle eine Pflicht, aber keine Lust.

      Die amerikanische Bloggerin Kate Bartolotta hat das sehr schön beschrieben: „Stellen Sie sich vor, jedem von uns steht ein Glas voll Energie zur Verfügung. Introvertierte Menschen brauchen für nahezu jede soziale Interaktion einen Schluck aus diesem Glas, während bei extrovertierten Menschen das Glas durch solche Kontakte wieder aufgefüllt wird. Den meisten von uns Introvertierten gefällt das. Wir teilen gern, und wir sind gern mit anderen Menschen zusammen. Aber wenn das Glas leer ist, brauchen wir einfach etwas Zeit, um wieder aufzutanken.“1

      Ich liebe meinen Beruf, obwohl ich dabei viel mit Menschen zu tun habe. Im Laden ist meine Rolle klar: Da kommt jemand, der eine Brille braucht, ich stelle seine Werte fest, berate ihn, passe die Brille an … Ich weiß, worum es geht, ich bin in meinem Fach gut, ich arbeite genau und mit Sorgfalt, und die Kunden werden möglichst optimal bedient.

      Aber jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit gehe, mache ich mir schon auf dem Weg Gedanken, was ich mit meiner Mitarbeiterin reden soll. Es ist verrückt, aber ich lege mir wirklich oft schon vorher irgendeinen Satz zurecht, der über „Guten Morgen“ hinausgeht. Vielleicht mal was über das Wetter, oder „Gut geschlafen bei dem Vollmond?“. Ich bin dann immer froh, im Hinterzimmer verschwinden zu können, denn einfach nur stumm neben ihr zu stehen ist für mich unglaublich schwer, etwas zu sagen aber ebenso. Obwohl ich mich bemühe, bin ich mir sicher, dass sie mich für arrogant hält. Denn „ein Schwätzchen einfach so“, das ist für mich wie die Besteigung des Mount Everest!

       N.N.

      Nach Heiko Ernst (Psychologie heute, 01/​2011) brauchen „Introvertierte etwa zwei Stunden Erholung für jede Stunde ‚Sozialkontakt‘. Dann sind sie wieder fähig und willens, sich der Geselligkeit und dem Smalltalk der Extrovertierten auszusetzen.“

       Introvertierte Menschen lieben es, in einer kleinen Gruppe mit vertrauten Menschen über relevante Themen zu reden. In Menschenmassen und oberflächlichen Kontakten fühlen sie sich isoliert.

      „Im 21.

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