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DIE SNUFF-KILLER. Robert Blake Whitehill
Читать онлайн.Название DIE SNUFF-KILLER
Год выпуска 0
isbn 9783958356191
Автор произведения Robert Blake Whitehill
Жанр Языкознание
Серия Blackshaw
Издательство Bookwire
»Du machst mir Angst, Mike.«
»Reg dich ab. Ich war letztes Jahr beim Wiretapper's Ball – wo ich nie wieder hingehen werde. Die Spitzel haben mich von vorn und hinten umschwärmt, rausgeputzt wie milchgesichtige Praktikanten auf der Suche nach 'nem Sommerjob. Kinder, Ben. Die versuchen immer noch, meine VoIP-Intercept-Protocols rauszukriegen, weil ich jeden Anonymizer da draußen schlagen kann. Ich mache nämlich mehr Geschäfte als Silent Circle, Verint, Pen-Link und Narus zusammen. Klar kauft die NSA bei mir ein, sogar die Israelis, aber ich gebe denen doch nicht mein bestes Zeug. Niemals mein Bestes.«
»Ich habe keine Ahnung, was du nach Reg dich ab gesagt hast.«
Craigs Stimme gewann an Schärfe. »Was willst du, Ben? Ich hab ein Leben. Und du gefällst mir darin nicht.«
»Bin in 'ner kniffeligen Situation. Ich brauche 'ne Abdrift-Analyse für meinen Sektor, von Sonnenuntergang bis halb vier. Zwanzig-Meilen-Radius, vielleicht etwas mehr.«
»Okay, ausgehend von der gesamten Chesapeake Bay reden wir hier von dreizehntausend Kilometern Küste, elftausend Quadratkilometern Wasseroberfläche einschließlich achtundsechzig Billionen Liter Wasser, hundertsechzigtausend Quadratkilometern Einzugsgebiet sowie Winde, Strömungen, Wasser- und Lufttemperatur, Luftdruckänderungen, Thermokline, Gezeiten, Salzgehalt, Wellenhöhen und -frequenz, Schneeschmelze, Zufluss- und Niederschlagsmengen. Und ich dachte schon, du hättest ein richtiges Problem. Für welche Größe denn?«
»Drei-Meter-Dingi. Glasfaser. Sagen wir fünfzig Zentimeter Freibord achtern und fünfundsechzig am Bug. Flacher Kiel. Knockspant. Zehn Zentimeter Tiefgang, höchstens dreizehn. Ungefähr wie ein Crab-Alley-Skiff, aber kleiner. Kein Motor. Keine Ruder. Gewicht etwa zweihundert Pfund. Mit einer Ladung von hundert Pfund, unbeweglich, mittschiffs.«
»Das grenzt die Sache etwas ein. Hat die Ladung einen Namen?« Als Ben keine Antwort gab, fragte Craig: »Du möchtest wissen, wo diese Ladung, die unbeweglich ist, gelandet ist?«
Ben ärgerte sich über sich selbst und sagte: »Das weiß ich schon. Ist auf meiner verdammten Türschwelle gelandet. Ich will wissen, wo es hergekommen ist.«
»Rückverfolgung. Interessant.«
»Komm schon Mike, es geht um Leben oder Tod.«
»Wie immer, oder?« Craig gähnte. »Wo ist bei dieser speziellen Nummer der Pferdefuß?«
»Versteh dich nicht.«
Craig klang nervös. »Nein? Sieh's mal so, ausgehend von dem, was ich dir gebe, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass du den Dritten Weltkrieg anzettelst?«
»Was kümmert's dich?«
»Das kommt zu mir zurück. Kann ich nicht gebrauchen.«
»Falls alle vernünftig bleiben, sollte es keine Probleme geben.«
»Und falls dein natürlicher Charme versagt und die nicht mitspielen?«
»Nur Kleinkaliber diesmal.«
Craig schnaubte ungläubig. Ben hatte eine angeborene Abneigung dagegen, zu lange an jeglicher Art von Kommunikationsgeräten zu verweilen. Mit wachsender Ungeduld fragte er: »Kannst du mir helfen?«
Mike antwortete nicht.
»Kannst du das für mich tun?«, hakte Ben nach.
Ein paar Sekunden später merkte Ben, dass die Leitung tot war.
Kapitel 16
Es ärgerte Maynard Chalk, so weit in den Süden zum Calverton-Jachthafen in Solomons, Maryland, zu fahren, aber dort war nun mal der beste Bootsverleih. Nicht zu nah am Veranstaltungsort, aber auch nicht zu weit entfernt, und sogar bei diesem miesen Wetter immer noch geöffnet.
Der unsachgemäße Einsatz von Chloroform hatte die jungen Zwillinge während der Fahrt zum Veranstaltungsort mit Byrd und Bellendre ruhig und gefügig gehalten. Chalk behielt Harrower und Clyster bei sich im Außendienst. Harrower hatte einen Segelschein, den der Bootsverleih vermutlich sehen wollte, und Clyster war enorm treffsicher.
Als sie auf den Hafenparkplatz einbogen, erspähte er Al, einen dürren Mann Mitte vierzig, in einer billigen Regenjacke, ölverschmierten Shorts und ausgelatschten Bootsschuhen. Seine Bräune war so tiefgehend, dass sie den Winter überstanden hatte. Al wartete mit den Bootsschlüsseln in der Hand genau an der verabredeten Stelle. Seine Silver Marine Piscator FRP 580 war mit sechs Metern reichlich groß. Er war froh, so früh in der Saison schon ein Geschäft zu machen. Seine Bedenken, die gute Thresher für eine ganze Woche herzugeben, schwand mit jedem Hundert-Dollar-Schein Anzahlung, den Chalk von seiner Rolle Geldscheine schälte. Chalk ließ sogar noch Geld für drei Angelruten und einen Eimer ranziger Köder springen, um den unwahrscheinlichen Argwohn des Mannes zu zerstreuen.
Al musste nicht wissen, dass die großzügige Leihgebühr tatsächlich ein Winterschlussverkaufspreis war. Chalk würde das Boot nicht zurückbringen. Lange, bevor Al anfangen würde, am Horizont nach der heimkehrenden Thresher Ausschau zu halten, würde Chalk sich mit seiner Beute in Luft auflösen und das Boot einfach davontreiben lassen. In der Zwischenzeit fand er, sosehr er die Chesapeake auch verabscheute, dass ein verregneter Tag auf dem Wasser besser war, als auch nur eine Nanosekunde lang zuzusehen, wie diese gigantische Fleischmade DePriest wegen Nichtigkeiten den übergroßen Y-Chromosom-Träger markierte.
Das Team legte ab und Harrower manövrierte die Thresher entlang des Mill Creek in bewegteres Gewässer in der Mündung des Patuxent Rivers und wieder nördlich um Drum Point herum in die Bucht selbst. Die Wellen gingen über einen Meter hoch und Schaumkronen traten auf den Wellenkämmen hervor. Harrower wollte ihr Tempo niedrig halten, damit sie nicht in den ersten zehn Minuten vom Wasser zu Brei geprügelt würden, aber mit einem Blick, der verriet, dass jegliche Verringerung der Geschwindigkeit nicht willkommen war, drückte Chalk den Gasgriff nach vorn.
Während er sein Handy mit dem Daumen attackierte, fragte Clyster: »Irgend 'ne Ahnung, wie das Wetter gestern Nacht war? Diese App hat nur Vorhersagen, keine Rückblicke.«
»So wie jetzt, nur dunkler«, flachste Harrower.
»Er meint die Strömung, du Idiot«, sagte Chalk. »Halt dich einfach nördlich, bis kurz vor Lesters Haus und dann schauen wir mal, was wir zu sehen kriegen.«
Die Männer verstummten, als Gischt über den Bug sprühte und sie bis auf die Haut durchnässte.
Gegenüber des Dove Points schlug Harrower vor: »Sollen wir anlegen und Bericht erstatten?«
»Teufel, nein. Deswegen haben wir Handys und Funkgeräte.« Chalk empfand das kalte Wasser als anregende Ablenkung von seinen anderen Problemen. »Und was würden wir sagen?«
Alle an Bord staunten noch immer nicht schlecht über den Ausreißer. Vom Schlachthof bis zu Lesters Haus waren es fünf Meilen. Das war selbst bei gutem Wetter für jemanden mit der richtigen Ausrüstung und entsprechendem Training eine lange Strecke. Aber mangels weiterer Hinweise war anzunehmen, dass das Fohlen die Distanz bewältigt, das Boot gestohlen und sich in Luft aufgelöst hatte – und all das barfuß, splitternackt und mutterseelenallein.
»Wo hat DePriest die Kleine her?«, fragte Chalk.
»Vom letzten Jet aus Afrika, glaub' ich«, antwortete Clyster. Er schaute Harrower fragend an. »War das nicht Kenia oder Somalia?«
»So was in der Richtung«, sagte Harrower. »Teil einer größeren Gruppe, aber sie hatte ein Kind dabei. Kleine Schwester, glaub ich.«
»Ziemlich harte Nummer, das kleine Mädchen dazulassen und Leine zu ziehen.«
»Es sei denn, sie kommt zurück«, sagte Chalk einen Augenblick später.