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jemand seinen Kurs. Er würde die Person, die ihn hergepfiffen hatte, oder seine Agenten, in den nächsten Stunden kennenlernen. Das war also sein Plan; die verfluchte Sardinenbüchse verlassen und wachsam, warm, trocken und schön locker bleiben.

      Kapitel 16

       Drei Angler zeigten gleichzeitig in die Luft, falls der Mann mit dem Tablet es übersehen haben sollte. Der Fallschirm glitt in Sicht, weniger ein sichtbares Ding als vielmehr ein schnell herannahender, rechteckiger Schatten am Himmel, wo keine Sterne funkelten. Einige Augenblicke später war die Kapsel unterhalb des Fallschirms, wo sie hingehörte, dank ihrer signalgrünen Farbe zu erkennen.

      Der Steuermann gab Gas, um die Kapsel abzufangen, während der Mann mit dem Tablet den Touchscreen bediente und Befehle auf den kompromittierten Frequenzen ausgab, um die Fallschirmkappe zu steuern und den Vektor zur Landezone zu verkürzen. Er setzte die normale Brems- und Abfangsequenz des Fallschirm-Steuergeräts außer Kraft. Damit hob er unwissentlich auch den automatischen Abtrennmechanismus auf, der normalerweise den Fallschirm bei der Landung von der Fracht löste und damit verhinderte, dass diese über den Boden gezerrt wurde. Die Landung würde extrem unbequem für den Insassen der Kapsel sein. Das sollte lustig werden.

      Kapitel 17

       Bens Plan überlebte den Moment seiner Entstehung um ganze zweiundfünfzig Sekunden. Die Kapsel landete hart und begann dann zu rollen. Das knirschende Geräusch des Glasfasergehäuses, wie es Erde oder Schotter zermalmte, blieb aus. Selbst als es ihm den Atem verschlug, erkannte der gebürtige Smith Islander sofort, dass die Kapsel im Wasser tanzte. Zu allem Übel war die Kapsel dafür nicht austariert. Dies war vermutlich ein absichtliches Zugeständnis, um die Gewichts- und Balance-Anforderungen der Drohne zu erfüllen. Die brutalen Drehungen brachten Bens Innenohr völlig durcheinander. Es gab keinen Horizont, an dem er sich hätte orientieren können. Sein Magen überschlug sich und drohte damit, die Kabinenwände mit seiner letzten Mahlzeit zu verzieren.

      Dann kam das Klopfen. Hartes, lautes Klopfen, ein schnellerer Trommelwirbel, als jede menschliche Hand ihn produzieren könnte, an der äußeren Kapselwand. Aus Erfahrung erkannte Ben das unverwechselbare Tempo der Einschläge. Es passte zu der Feuergeschwindigkeit einer AK-47. Zerfetzte Teile des Dachhimmels, der Innenverkleidung und der Polsterung flogen in den kleinen Innenraum, gemeinsam mit 7,62 x 51mm-Patronen, die verformt wurden, als sie die dürftige Bewehrung durchquerten, welche die Himmelskutsche des Vize aufzuweisen schien. Bevor Ben das Licht in der Kabine ausschalten konnte, um das Bullauge zu verdunkeln und es als Ziel zu eliminieren, explodierte die LED-Lampe von einem Durchschuss dahinter, was Plastik-Schrapnellteile in dem beengten Raum regnen ließ. Ben tastete umher, wühlte im Dunkeln nach dem Trennschloss seines Sechs-Punkt-Gurts. Mit seiner anderen Hand suchte er nach dem Verriegelungshebel der Kabinentür. Es war ihm egal, ob sich die Luke in Richtung frischer Luft oder zum Wasser hin öffnete.

      Kapitel 18

       Die Angler schossen vom Skiff aus auf die Kapsel. Sie wussten, dass es bis zu einem gewissen Grad gepanzert war, aber es war ihnen egal. Sie feuerten hauptsächlich, damit sich der Insasse in der Kapsel bedeckt hielt. Der bärtige Mann legte seine AK-47 nieder und nahm eine RPG-22 in die Hand. Der Granatwerfer protzte mit dem High-Explosive-Anti-Tank-Sprengkopf, HEAT abgekürzt, einem hochexplosiven Hohlladungsgeschoss zur Panzerabwehr, das aus dem gefährlichen Ende der Waffe herausragte wie eine militärische Lavalampe. Da die RPG-22 ein Einwegmodell war, wartete der bärtige Mann ein paar zusätzliche Sekunden, bis das Skiff nah genug für einen sicheren Treffer war, aber nicht so nah, dass der Schrapnellrückschlag sie verletzen konnte. Dies war ein Fehler.

      Als sie sich der rollenden Kapsel mit dem Wind näherten, waren alle Männer auf das Ziel fixiert, blind für jede Gefahr. Das Gefährt war immer noch mit dem Fallschirm verbunden und die Fangleinen des riesigen Flächenfallschirms verhedderten sich im Skiff. Der Fallschirm verlor an Fahrt und ohne das Gewicht seiner Last, die ihm seine flugfähige Formstabilität gab, begann er, in sich zusammenzufallen. Das war die einzige Warnung, die die Angler bekamen, bevor sich die Fallschirmkappe um sie herum bauschte und sie nichts mehr sahen als Nylongewebe. Die Angler hatten genug Verstand, um das Schießen einzustellen, damit sie sich nicht gegenseitig umbrachten. Über die wütenden Schreie seines Trupps hörte der bärtige Mann einen Knall und ein lautes Zischen. Die Kabinentür höchstwahrscheinlich. Kein Problem. Sobald sie sich von diesem verfluchten Fallschirm befreit hatten, wäre immer noch genug Zeit für den Abschuss.

      Kapitel 19

       Ein kräftiger Zug am Lukenriegel zündete explodierende Bolzen an der Kabinentür; sie flog hinaus in die Nacht. Ben glich wegen der plötzlichen Druckänderung sofort beide Ohren wie ein Taucher aus, löste seinen Sicherheitsgurt, schälte sich aus seinem Sitz und lehnte sich im beengten Raum der Öffnung entgegen. Seine Gewichtsverlagerung brachte die Kapsel zum Rollen. In einem Augenblick sank die Schwelle der Luke deutlich unter die Wasseroberfläche und eiskaltes Wasser floss hinein bis an die Knie. Ben packte den Haltegriff über der Luke und schwang sich mit den Füßen voran durch die Öffnung. Mit einer geschmeidigen Verrenkung folgte sein Körper seinen Füßen ins Wasser und sein Fluchtrucksack blieb zurück. Das Letzte, was er hörte, bevor das kalte Wasser seinen Kopf umgab, war der Lärm von Gebrüll. Wütende Männer. Die vielleicht Arabisch sprachen. Er schlüpfte aus seiner Jacke, die mit dem Gewicht der in das Futter genähten Goldstücke versank. Ben peilte den Tumult an und begann, durch die eisige Dunkelheit zu schwimmen.

      Kapitel 20

       Der bärtige Angler kämpfte mit den Fangleinen und fühlte, wie sein Löwenherz schrumpfte, als sich nasse Fallschirmseide quadratmeterweise um seinen Mund und seine Nase zu schlingen schien und ihm den Atem raubte. Er schaffte es, an sein Messer zu kommen, und stach auf das Gewebe ein, aber hinter jeder Schicht, die er durchschnitt, befand sich eine weitere. Das Skiff wankte bedrohlich. Seine Männer, die an den Leinen und dem leichten Stoff zerrten, fluchten und heulten vor Wut. Nur wenige Momente zuvor waren sie unter freiem Himmel gewesen, in fröhlicher Voraussicht auf heiliges Blutvergießen. Inzwischen wurden die Schimpftiraden von schlangenartigem Zischen unterlegt. Die unerträgliche Erstickung wurde nur schlimmer, als sie noch mehr des nassen Materials an Bord zogen. Sie betrieben Waterboarding an sich selbst!

      Das Boot schwankte wieder. Der bärtige Angler rief seinen Männern zu, sie sollten sich beruhigen und das Skiff in ihrem Kampf nicht zum Kentern bringen. Er konzentrierte sich darauf, sich selbst zu befreien, damit er die Kontrolle zurückgewann, bevor die Panik sie alle umbrachte. Dann wandelten sich die wütenden Rufe zu Schreien des Schreckens. Das war nicht der Klang von Männern, die lebloses, stures Gewebe bekämpften. Dies war das röchelnde Keuchen seiner Leute, die einer nach dem anderen in unmittelbarer Nähe starben. Die Veränderung der Geräusche geschah schnell, ohne Vorwarnung. Dann hörte er nichts außer dem angestrengten Atmen eines Mannes. Einen Augenblick später war dem bärtigen Mann, als ob ihm jemand auf den Rücken gesprungen wäre und gleich darauf brannte sich etwas in seinen Hals, als wäre er von links nach rechts von Hornissen gestochen worden. Von einem sonderbaren Schwindel befallen, schlitzte er an der Fallschirmseide herum, bis er sich endlich ins Freie gerettet hatte.

      Er schaute zum Bug des Skiffs. Er war auf einem Boot voller Toter. Ihre Kehlen waren durchtrennt, ihre Körper verschmiert mit schwarzer Flüssigkeit. Blut in der Nacht. Er drehte seinen Kopf und fühlte, wie die Sehnen über seinem Schlüsselbein einem warmen Schwall den Weg frei machten. Sein Arm fühlte sich eigenartig schwer an, als er seine Hand hob. Er berührte seinen Hals. Seine Fingerspitzen rutschten in eine klaffende Wunde. Obwohl ihm jetzt noch schwindliger war, konnte er immer noch Neugier registrieren und dann Überraschung, als sein Zeigefinger in seine eigene Luftröhre drang. Er hustete schwach und Blut verteilte sich über seine Hand. Dies war unmöglich.

      Als er zum Heck schaute, sah er einen Dämon neben seinen abgeschlachteten Kameraden am Steuer aufsteigen; die blutgetränkte Fallschirmseide umhüllte das Monster wie ein sich windender Umhang. Dieses Ding

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