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Ich sehe keine Probleme mehr“, setzte er großmäulig hinzu.

      Inzwischen wuchs dem Kapitän Bayeux die Galle zu doppelter Größe an, sie lief ihm langsam, aber sicher über.

      Er war von Natur aus ein äußerst mißtrauischer und vorsichtiger Kerl und konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn jemand seine „Le Griffon“ so besitzergreifend musterte, mit den Füßen ans Holz trat und sich so benahm, als gehöre ihm das Schiff.

      Diese beiden schwarzen Gaffer behagten ihm ganz und gar nicht, das sah er an dem Glitzern in ihren Augen und an ihrer verächtlichen Gestik. Überhaupt – was hatte das schwarze Weib hier zu suchen? Die benahm sich, als hätte sie hier was zu sagen. Dabei war sie sicher nicht mehr als eine der zahlreichen Hafenhuren.

      Nein, solchen Typen mußte man gleich verklaren, was man von ihnen hielt. Langfinger waren das, Lumpenpack, wie es sich in jedem Hafen der Welt herumtrieb und nur darauf lauerte, etwas abzustauben oder zu klauen. Wenn man denen gleich richtig den Marsch blies, dann sprach sich das schnell herum, und jeder andere war gewarnt und würde künftig seine dreckigen Griffel von dem Schiff lassen.

      Noch etwas anderes behagte ihm ebenfalls nicht. Diese beiden Farbigen glotzten der „Le Griffon“ fast unter das Hemd. Besonders dieser Kaffer mit dem baumelnden Ohrring interessierte sich für die Beplankung.

      Aber was daruntersteckt, geht den Ohrringkaffer ja verflucht nichts an, dachte Bayeux erbost. Der glotzt noch so lange, bis er die Wahrheit kennt, daß nämlich die „Le Griffon“ wirklich gut armiert ist und ihre Stückpforten hervorragend getarnt sind.

      „Das sind Langfinger und Tagediebe“, sagte er zu Petit Bouchon, „das sehe ich denen an der Nase an. Die haben was vor.“

      „Scheint mir auch so“, sagte der Bootsmann, „die stinken mir schon seit dem ersten Anblick.“

      „Wenn du die Stelling ausbringst, dann tritt ihnen mal etwas auf die Latschen“, sagte Bayeux. „Du weißt schon.“

      „Soll es milde oder darf es auch etwas kräftiger sein?“

      „Das überlasse ich dir“, brummte Bayeux, „obwohl milde für dich ein Fremdwort sein dürfte.“

      „Hab’ ich auch noch nie gehört“, sagte der Bootsmann grinsend.

      Die beiden standen immer noch vor dem Schiff, peilten, unterhielten sich und klopften wieder ans Holz. Bei jedem Tritt des Negers geriet der goldene Ohrring in schaukelnde Bewegungen.

      Na warte, Freundchen, dachte der Bootsmann, dein Ohrring wird gleich noch heftiger schaukeln.

      Er winkte zwei Männern, ihm beim Ausbringen der schweren Stelling zu helfen. Normalerweise hantierten vier Mann mit der schweren und eisenbeschlagenen Laufplanke. Genau genommen hätte sich der Bootsmann das schwere Ding unter den Arm klemmen und von Bord tragen können, er hatte es schon oft getan, aber diesmal wählte er extra noch zwei „Kerlchen“ aus, Männer, die ihm gerade bis ans Kinn reichten und deshalb von ihm als „Kerlchen“ bezeichnet wurden. Immerhin waren sie fast sechs Fuß groß, bärtig, blondhaarig und kompakte Riesen.

      „Ihr tragt achtern, ich vorn“, sagte er. „Und nun, hopp auf!“

      Er packte die schwere Planke vorn lässig mit einer Hand, während die beiden anderen achtern trugen.

      Der Bootsmann sah zu dem Neger, der gar nicht daran dachte, einen Schritt zur Seite zu treten. Caligula meinte, das nicht nötig zu haben, außerdem war er sich seiner unglaublichen Körperkräfte durchaus bewußt. Er grinste nur hochnäsig und nahm die bärtigen Blonden überhaupt nicht zur Kenntnis.

      Inzwischen hatte auch Bayeux das Achterdeck verlassen und sah mit frommen Augenaufschlag zu, wie der Bootsmann mit der schweren Laufplanke das Schiff verließ. Bei seinen langen Beinen war dazu nur ein richtiger Schritt erforderlich, um Bord und Pier zu überbrücken. Die beiden anderen brauchten nicht von Bord, sie sollten die Stelling nur an Deck absetzen.

      Der Riese war jetzt an Land. Die eisenbeschlagene Stelling hielt er immer noch mit einer Hand fest, drehte sie leicht und ließ sie dann fallen. Dabei grinste er freundlich.

      Das Monstrum sauste Caligula genau auf die Zehen. Der Kerl mit dem blöden Ohrring hätte ja auch zur Seite treten können, dachte der Bootsmann.

      Caligula war ein harter Mann, alles was recht ist, ein Schläger und Mörder der übelsten Sorte, der zwar schon viel eingesteckt, aber noch mehr ausgeteilt hatte.

      Gegen diesen wahnsinnigen Schmerz jedoch war auch er nicht gefeit. Als das schwere eisenbeschlagene Ding auf seine Zehen krachte, schoß ihm das Wasser brennend in die Augen.

      Unwillkürlich stieß er einen unartikulierten jaulenden Schrei aus, hüpfte hoch, griff nach seinem Fuß und begann brüllend auf dem anderen zu tanzen.

      Petit Bouchon registrierte, daß der Ohrring jetzt tatsächlich noch viel schneller baumelte, ja, daß er im Takt des jaulenden Negers direkt mithüpfte. Er grinste immer noch freundlich. Dann zwinkerte er beiden anderen Kerlen an Bord zu.

      Die ließen jetzt auch die Laufplanke los. Die Stelling krachte donnernd an Deck, schnellte aber sehr elastisch auf der Pier noch einmal federnd hoch und schlug nach unten.

      Caligula tanzte noch einbeinig herum, da erwischte die herabdonnernde Stelling seinen Hüpffuß.

      Ein zweiter Schrei ertönte, noch lauter und durchdringender als der erste. Der Neger schrie und brüllte, verlor fast das Gleichgewicht und zerrte seinen Fuß jaulend unter der Planke hervor.

      Es mußten verdammt starke Schmerzen sein, sonst hätte Caligula nicht so erbärmlich wie ein Hund gejault. Er tanzte weiter herum und schrie und fluchte sich die Kehle heiser. Sein Gesicht war vor Wut und Schmerz verzerrt.

      Jetzt explodierte die Black Queen in ihrer wilden Art, denn sie sah das als eine Provokation des bärtigen Riesen an, der immer noch so freundlich grinste.

      Wie eine wilde Raubkatze fiel sie den Bootsmann an. Sie holte zu einem harten Schlag aus und wollte dem Riesen die Handkante ins Genick schlagen.

      Doch Petit Bouchon, das Stöpselchen, war etwas zu groß für die Queen. Mit Handkantenschlägen ins Genick war da kaum etwas auszurichten.

      So traf ihn der mörderisch und mit aller Wucht geführte Hieb lediglich ins breite Kreuz. Dieses Kreuz war eine kompakte Masse aus eisenharten Muskeln. Die Queen hätte in ihrer wilden Wut auch auf eine Ziegelmauer einschlagen können. Es wäre kein Unterschied gewesen.

      Die Queen konnte hart zuschlagen, das hatte sie bewiesen, und so mancher Schnapphahn konnte auch heute noch ein Lied davon singen. Sie hatte harte Kerle zusammengedroschen und eigenhändig über Bord geworfen.

      Diesmal war seltsamerweise alles anders. Als dem Bootsmann die Handkante ins Kreuz fuhr, drehte er sich gelassen um und war immer noch am Grinsen. Er sah den Ohrringkaff er herumhüpfen, und er sah das wilde, wutverzerrte Gesicht der Frau, die gerade wieder auf ihn losgehen wollte. Mit ihrer Handkante holte sie zum zweiten Schlag aus.

      „Hoho!“ rief er lachend. „Das schwarze Luderchen pustet wohl mit Watte, was!“

      Bayeux und seine rauhen Gesellen standen an Deck und sahen grinsend zu, wie sich das „schwarze Luderchen“ erneut auf ihren Bootsmann stürzte. Sie war eine wilde, reißende Bestie, die ihre scharfen Krallen zeigte, doch am Bootsmann prallte alles ab, wie Wasser an einem Felsblock.

      Er drehte sich halb zur Seite und holte kurz aus. Er wollte dem schwarzen Luderchen beileibe nicht die Faust unters Kinn setzen – bei Weibern mußte man da sehr zurückhaltend sein –, aber ein sanftes Streicheln würde sie sicher zur Besinnung bringen.

      Die Queen raste vor Wut, weil sie an diesem Klotz von Kerl einfach nichts anbringen konnte. Der stand da wie ein Panzernashorn, bei dem selbst ein Erdbeben keine Wirkung zeigt.

      Dann klatschte es einmal laut. Die flache Hand des Bootsmannes flog der Queen an die Ohren. Petit Bouchon hatte nur ganz kurz ausgeholt, aber der Schlag dieser bratpfannengroßen Handfläche zeigte eine erstaunliche Wirkung.

      Verblüfft

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