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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-582-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      „Das ist doch wirklich ein Witz“, sagte Ferris Tucker, der seine schwieligen Hände auf das Backbordschanzkleid des Achterdecks gelegt hatte und sich aufstützte. „Daheim in Old England pfeifen eiskalte Winde übers Land, und es liegt bestimmt wieder Schnee, auch in Cornwall. Und hier? Hier brennt einem die Sonne auf den Pelz, wie im Frühling.“

      „Und Orangen und Zitronen gibt’s“, sagte Ben Brighton, der Erste Offizier und Bootsmann der „Isabella VIII.“, lächelnd. „Außerdem Feigen, Datteln und Oliven, Fenchel und Artischocken – und Wein, roten und weißen Wein in Hülle und Fülle.“

      Sie blickten zu den Booten hinunter, die die „Isabella“ umlagerten wie ein Schwarm quicklebendiger Fische, die einen riesigen Wal begleiteten. Das Schnattern der mit Burnus und Turban bekleideten Insassen drang zu ihnen herauf, ein einziges Durcheinander von Worten jener fremden Sprache, die nach wie vor nur zwei Mitglieder der Besatzung richtig verstanden: Philip junior und Hasard junior, die Zwillinge, Philip Hasard Killigrews Söhne. Sie standen auf dem Hauptdeck neben ihrem Vater und übersetzten ihm, was die ambulanten Händler ihnen auf türkisch zuriefen.

      Eifrig boten die Burnusträger, ihre Waren feil. Sie hielten geflochtene Körbe mit Früchten und Gemüse, Krüge mit Wein in die Höhe und nannten ihre Preise.

      „Ja, Freunde“, sagte Big Old Shane, der soeben zu Ferris und Ben getreten war. „In England dagegen müßten wir uns mit ein paar verschrumpelten Äpfeln zufriedengeben, die vom letzten Sommer übriggeblieben sind. Und dann wären da noch das Bier und der gepanschte Wein, den Gauner und Halsabschneider wie Nathaniel Plymson ausschenken. Damit ist, weiß der Himmel, nicht viel los. Läßt es sich hier nicht viel besser aushalten?“

      „Klar“, erwiderte der rothaarige Schiffszimmermann mit verdutzter Miene. „Habe ich das vielleicht bestritten?“

      „Nicht direkt.“

      „Sondern? Auf was spielst du eigentlich an?“

      Ben lachte. „Das ist doch ganz einfach. Shane denkt, daß es dich zurück nach England zieht.“

      „Mich?“ Ferris stieß einen Laut der Empörung aus. „So ein Blödsinn.“

      „Gib es ruhig zu“, sagte Shane. „Schließlich sind wir doch schon eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen.“

      Ferris hatte sich umgedreht und rückte drohend ein Stück auf den graubärtigen Riesen zu. „Sicher, das weiß ich. Aber ausgerechnet mir willst du anhängen, daß ich Heimweh nach Plymouth, nach der ‚Bloody Mary‘ und dem dicken Plymson habe? Mann, Shane, das lasse ich mir von dir doch nicht in die Stiefel schieben.“

      „Von Heimweh kann keine Rede sein …“

      „Mir gefällt es hier bestens“, fiel Ferris ihm ins Wort. „Hier kann man wenigstens im Hemd an Deck stehen, und das nach Weihnachten! Ist das nicht wunderbar? Mehr noch, man kann sich das Hemd sogar ausziehen. Hier, soll ich mal?“ Er traf Anstalten, seinen Oberkörper zu entblößen, aber Shane stoppte sein Vorhaben durch eine Geste.

      „Schon gut, ich glaub’s dir ja“, brummte er. „Wir sind im Gelobten Land, wir haben herrliches Wetter, uns mangelt es an nichts – was wollen wir noch mehr?“

      „Eben“, sagte Ferris mit grimmiger Miene. „Was wollen wir noch mehr?“

      Ben Brighton grinste sich eins und stieg auf das Hauptdeck hinunter. Natürlich wären sie alle – er selbst schloß sich da nicht aus – um diese Zeit gern wieder in England gewesen, aber keiner mochte es so recht eingestehen. Zu Weihnachten war den harten Männern, die tausend Wettern und Entbehrungen getrotzt hatten, ein bißchen wehmütig ums Herz geworden, denn gern hätten sie wenigstens gewußt, wie es ihren Angehörigen zu Hause ging und überhaupt, ob sie noch alle am Leben waren.

      Doch gut fünftausend Meilen Seeweg lagen zwischen der „Isabella“ und Cornwall. Und zwischen ihrem jetzigen Aufenthaltsort und die Hoffnung auf eine baldige Heimkehr hatten der liebe Gott und Hasard, der „Master next God“, noch eine ganze Reihe von Begebenheiten und Unternehmungen geschoben.

      Auf der Reede von Akka, einem der ältesten Häfen von Palästina, ankerte die „Isabella“. Noch weiter nach Süden sollte sie segeln, an der Wüste Sinai vorbei und nach Ägypten, die Mündung des Nils hinauf auf der Suche nach den Wundern, die die Karten des Seewolfs verhießen. Was sie alle am Ende dieser Reise erwartete, konnte noch keiner ahnen.

      Man schrieb den 28. Dezember 1591. Als eine Art Frist hatte der Seewolf sich den Jahreswechsel gesetzt, bis dahin wollte er das „Land der Pharaonen“ erreicht haben, obwohl es natürlich keinen zwingenden Grund dafür gab, am 1. Januar 1592 bereits am Nil zu sein.

      In Akka jedoch hatte er eine Zwischenstation eingelegt, um ein wenig Proviant an Bord zu nehmen. Trinkwasser, Frischfleisch, Dörrfleisch, Speckseiten und Dauerwurst waren in der Vorratskammer der Kombüse noch reichlich vorhanden, doch es mangelte an „Grünzeug“. Hier, im Heiligen Land, konnte man davon noch genug erstehen, wie sich erwiesen hatte. Wie es jedoch an den sandigen Küsten Nordafrikas sein würde, wußten die Männer der „Isabella“ nicht.

      Daher hatte Hasard an diesem Morgen beschlossen, Akka anzulaufen, und jetzt, am späten Vormittag, schickte er sich an, einen Teil der lärmenden Meute in den Booten auf das von der Sonne erwärmte Deck der „Isabella“ zu lassen.

      Türkisch wurde auch hier gesprochen – wie auch auf Zypern, an der Südküste Anatoliens und im Libanon, wo sie zuletzt gewesen waren –, nicht etwa vorwiegend Hebräisch oder Arabisch, denn 1517 war Palästina durch Selim I. Ägypten entrissen und dem mächtigen Ottomanischen Reich einverleibt worden. Soweit es die Sprache betraf, war dies ein Vorteil für die Seewölfe, denn sie konnten sich dank der Vermittlung durch die Zwillinge wenigstens mit den Menschen verständigen.

      Als Ben sich zu Hasard und dessen Söhnen gesellte, erschien gerade auch der Kutscher in Begleitung von Carberry und Blacky und fragte: „Wie steht es mit den Preisen, Sir?“

      Der Seewolf wandte sich zu seinem Koch und Feldscher um. „Sie behaupten alle, man könne ihre Waren für ein Bakschisch haben, für ein Almosen – aber wer glaubt ihnen das schon? Warte nur ab, bis das Feilschen beginnt.“

      „Bezahlen wollen wir ja“, sagte Ben. „Bloß wollen wir uns nicht übers Ohr hauen lassen, nicht wahr?“

      „Stimmt genau“, erwiderte Hasard. „Deshalb habe ich den Kutscher gleich rufen lassen, damit er prüft, was die Burschen

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