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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-410-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      „Ich kann schon das Meer riechen“, erklärte der Schiffsjunge Bill, der ganz vorn auf der Back der „Isabella VIII.“ stand und angestrengt nach vorn blickte. Dabei lief ihm der Schweiß in Strömen über das schmale Gesicht. Er hob die Hand und wischte sich die Tropfen von der Stirn.

      Der drahtige, blonde Bob Grey winkte müde ab.

      „Das Meer ist noch weit, Junge, und Was du riechst, ist nichts weiter als das Brackwasser des Flusses und bestenfalls noch der Gestank nach ein paar toten Fischen.“

      Der Junge, lang aufgeschossen und mager, wischte sich eine Strähne seines schwarzen Haares aus dem Gesicht, die dort wie festgeklebt hing. Er wollte etwas entgegnen, doch er war einfach zu faul dazu. Die verdammte Äquatorhitze, das drückende Klima, die Moskitos und diese Luft, die sich wie ein feuchter Schwamm auf die Lungen legte, setzten ihm gehörig zu.

      So starrte er schweigend ins Wasser, das sich lehmgelb und tückisch dahinwälzte, unwahrscheinlich breit und reißend.

      Überall in diesem gewaltigen Delta des Amazonas lagen grüne Inseln, die man sorgfältig umfahren mußte, wollte man nicht unversehens auf einer Sandbank stranden. Jeden Tag veränderte der Fluß sein Gesicht. Heute verschlang er kleine Inseln, morgen spie er andere wieder aus. Es war ein gefährliches Navigieren in diesem höllischen Labyrinth.

      Der Junge riskierte einen trägen Blick zum Achterkastell, wo der Seewolf, Ben Brighton und der bullige Carberry standen. Auch sie bewegten sich kaum von der Stelle. Alles schien vor sich hin zu dösen, sogar Donegal Daniel O’Flynn im Großmars ließ den Kopf hängen und wedelte sich ab und zu mit den Händen frische Luft zu, die es hier gar nicht gab.

      Der mächtige Strom schob, riß und drängte die ranke Galeone mit sich, durch das Delta hindurch dem Atlantik entgegen, nach dem sich jetzt alle sehnten.

      Ja, davon träumten sie insgeheim, die Seewölfe. Vom kühlen Wind einer frischen Atlantikbrise, von geblähten Segeln, von Wellen, die ihnen die Mattigkeit aus den Knochen trieb, diese lausige Mattigkeit, die sich vom Körper auf den Geist übertrug, die sie zu teilnahmslosen, fast apathisch wirkenden Geschöpfen werden ließ.

      Sie hatten genug vom „Wolkenwasserlärm“, von den Myriaden hinterhältiger Insekten, die ihr Blut saugten, sie quälten und peinigten, genug von dem dampfenden Dschungel und der Bleihitze und dem wilden feuchten Atem der riesigen undurchdringlichen Wälder.

      Auch das Geschrei störte sie jetzt, dieses ewige Konzert, das Kreischen der Affen, Zirpen der Insekten, das Geschrei der Vögel und das heisere Fauchen irgendwelcher unsichtbarer Raubtiere.

      Bill schlief fast im Stehen, und er bedauerte nur Pete Ballie, der am Ruder stand und das Schiff steuerte, obwohl kein Windhauch die Segel bewegte. Der muß sich doch totschwitzen, dachte der Junge, und er darf sich nicht die kleinste Unaufmerksamkeit beim Steuern leisten.

      Wieder tauchten mächtige, grüne und wildbewachsene Inseln vor dem Schiff auf. Die „Isabella“ fiel hart nach Backbord ab, scherte aus und umfuhr das große tückische Hindernis in einem eleganten Bogen. Weit hinter ihr folgte der schwarze Segler, der sich in dem Gewirr der vielen Inseln noch schlechter steuern ließ als die „Isabella“. Auch seine schwarzen Segel hingen schlaff und wie leblos von den Rahen.

      Bill stieg in die Kuhl hinunter wie ein müder alter Mann. Ein Bad müßte man jetzt nehmen, dachte er, ein frisches kühles Bad. Aber in diesem von Kaimanen und Piranhas verseuchten Urwaldstrom war daran natürlich nicht zu denken. Er sah die vor sich hin dösenden Männer, die es sich im Schatten des Segels bequem gemacht hatten, und setzte sich dazu.

      Niemand sprach ein überflüssiges Wort. Sie sahen ihn nur an und schwiegen. Vielleicht dachten sie auch an die goldene Stadt der Inkas, an die goldene Galeone, die sie entdeckt hatten, und an die Amazonen, jene kriegerischen Frauen, die ihnen den Weg zu der goldenen Stadt der Inkas gewiesen hatten. Vielleicht aber dachten sie auch an gar nichts.

      Dagegen herrschte auf dem Achterkastell der Galeone eine fast rege zu nennende Betriebsamkeit.

      „Aufpassen, Pete“, sagte der Seewolf warnend, der neben dem offenen Ruderhaus stand und aufmerksam nach vorn blickte. „Etwas mehr Backbord, sonst laufen wir in den Strudel hinein, und der sieht mir ganz danach aus, als befände sich direkt darunter eine Sandbank.“

      Pete Ballie, der stämmige blonde Rudergänger mit den großen Fäusten, ließ die Galeone leicht abfallen und stöhnte leise. Auch ihm rann der Schweiß über den nackten Oberkörper. Er schwitzte noch mehr als die anderen, denn zu seiner körperlichen Arbeit kam noch die ständige Bereitschaft und Aufpasserei, damit sie in diesem grünen Höllengewirr nicht irgendwo aufliefen.

      Der tückische Strudel wurde umfahren. Es waren Sand und Morast, die der Amazonas zu einer langgestreckten Wand zusammengeschoben hatte, an der sich ständig das Wasser brach.

      „Soll ich das Ruder übernehmen?“ fragte der Seewolf.

      Pete schüttelte den Kopf. „Nein, Sir, ich kann es noch eine Weile aushalten. Geht es da vorn Back- oder Steuerbord weiter?“

      Weit vor der „Isabella“ teilte sich der Fluß erneut. Es war eine jener tückischen Stellen, die schmal waren, durch die reißendes Wasser schoß und die sich nach ein paar Meilen wieder in den Riesenfluß zurückverwandelten. Dort waren die Ufer keine zweihundert Yards voneinander entfernt.

      Hasard wußte es selbst nicht genau. Es war unmöglich, sich den genauen Stromverlauf über Hunderte von Meilen zu merken, zumal er ständigen Veränderungen unterworfen war.

      Das hier war keine Themse, die relativ ruhig dahinfloß. Hier war es die reine Hölle, ein Irrgarten, ein Labyrinth des Todes mit tückischen Schlamm- und Sandbänken, wild über das Wasser hinausragenden abgestorbenen Baumriesen, faulenden treibenden Stämmen und wilder Vegetation, die weit in den Fluß wucherte.

      An den Ufern zeterte, schrie und keckerte es. Es zirpte, röhrte, fauchte und brüllte. Dazu kamen das Rauschen des Stromes, das Brodeln des Wassers, das Schmatzen des Schlamms und das schrille Kreischen vieler bunter Vögel, die erschreckt hochflatterten, sobald das Schiff vorbeifuhr.

      Hasard mußte sich entscheiden, denn viel Zeit blieb nicht mehr. Die grüne Hölle rückte rasch näher. Er warf Ben Brighton einen fragenden Blick zu, doch der hob nur resignierend die Schultern. Er konnte sich an diese Stelle auch nicht mehr erinnern.

      „Wir

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