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hast du dir das ausgedacht, aber daraus wird nichts“, sagte er drohend. Er blickte auch zu den drei anderen, die nach wie vor ziemlich verstört am Schanzkleid standen und zu ihnen herüberschauten. Sicher, sie konnten ihn zu viert überwältigen, aber einen würde er durch den Pistolenschuß töten, und einen zweiten würde er durch einen Streich mit dem Entermesser wohl ebenfalls auf die Höllenfahrt schikken, ehe die beiden anderen ihm zu Leibe rückten. Unter diesem Aspekt fehlte den vier Kerlen der Mumm zu einem raschen Ausfall.

      Grand Duc winkte ihnen mit der Pistole zu. „Los, ihr entert jetzt in die Jolle ab. Begeht bloß keine Dummheiten. Der erste, der irgendwelche Tricks versucht, kriegt eine Kugel. Picou!“ Er schritt an dem Kerl, der ihn zur Flucht hatte überreden wollen, vorbei, behielt ihn aber im Augen. „Picou!“ rief er noch einmal.

      „Ja, wir sind mit dem Ausösen fertig!“ meldete Picou aus der Jolle.

      „Dann steig jetzt wieder herauf und bring die beiden anderen mit“, ordnete Grand Duc an. „Ihr übernehmt die Ankerwache. Ich steige mit diesen vier Hurensöhnen hier in die Jolle und lasse mich zu Masot hinüberpullen.“

      Picou enterte als erster an der Jakobsleiter auf, sein Kopf erschien hinter dem Schanzkleid. „Paß auf“, raunte er dem Riesen zu. „Die werden alles versuchen, um der Bestrafung durch Masot zu entgehen.“

      „Gib mir deine Pistole“, sagte Grand Duc. „Besorg dir eine neue aus der Waffenkammer.“ Er nahm die Miqueletschloß-Pistole aus Picous Hand entgegen, steckte sie sich in den Gurt und nickte dem Kumpanen zu.

      Mit zwei Pistolen, einem Entermesser und einem Messer konnte er sich besser gegen die vier Kerle behaupten. Er trug sein kleines Arsenal mit sich auf die Heckducht der Jolle hinunter, sobald Picou und die zwei anderen Piraten wieder an Deck waren, setzte sich hin und wartete darauf, daß die vier zu ihm abenterten.

      9.

      Die Lagerfeuer am Strand der Lagune waren jetzt ganz heruntergebrannt, nur die Holzkohlenglut schimmerte rötlich und wurde, wenn sie zu erlöschen drohte, immer wieder von dem Südostwind neu entfacht.

      Masot schritt vor seinen Männern auf und ab, blickte immer wieder zur „Saint Vincent“ hinüber und wartete darauf, daß Grand Duc ihm signalisierte. Aber weder die große Hecklaterne noch eine andere Lampe leuchtete an Bord der Dreimast-Galeone auf. Die Erfolgsmeldung blieb aus.

      „Da stimmt was nicht“, sagte Masot mit mühsam verhaltenem Zorn. „Sie haben mit den vorderen Serpentinen gefeuert, das heißt, daß die Kanaken irgendwie von Bord gegangen und davongeschwommen sind. Hölle, stehen die denn mit dem Teufel im Bund?“

      „Masot.“ Ein untersetzter Kerl zu seiner Linken wies auf das Schiff. „Sie haben die Jolle geborgen, und jetzt pullen sie zu uns herüber, scheint mir.“

      „Das wird aber auch Zeit.“ Der Schwarzbart war kurz stehengeblieben, nahm seine Wanderung jetzt aber wieder auf. „Und Vignoc? Wo steckt bloß Vignoc? Verdammt, ich habe ihn doch zur Lichtung geschickt, damit er nachsieht, warum dort geschossen worden ist. Was haben Saint Cyr und Gugnot bloß angestellt?“

      Er warf seinen Kumpanen wilde, herausfordernde Blicke zu, aber sie wußten auf seine Fragen auch keine Antworten. Sie konnten nur betreten zu Boden blicken und darauf hoffen, daß er seine unbändige Wut nicht an ihnen, sondern an denen ausließ, die jetzt mit der Jolle auf sie zupullten.

      „Holt Vignoc, diesen hirnverbrannten Idioten!“ brüllte Masot sie an. „Stellt fest, was für eine Schweinerei dort oben passiert ist! Wenn Saint Cyr und Gugnot den Deutschen niedergeschossen haben, können sie was erleben! Noch muß der Hund am Leben bleiben, denn ich will den Schatz, verflucht noch mal!“

      Zwei Piraten wandten sich ab und rannten los. Sie überquerten den Strand und waren kurz darauf im Inseldickicht verschwunden.

      Masot und die anderen Freibeuter blickten ihnen nach, fuhren dann aber zur Lagune herum, denn in der Jolle war ein Schuß gefallen.

      Masot sah eine weißliche Qualmwolke von dem Beiboot hochpuffen und Grand Ducs große Gestalt, die sich von der achteren Ducht aufgerichtet hatte. Er konnte auch beobachten, wie die Gestalt eines anderen Mannes langsam über das rechte Dollbord nach außen sank, das Übergewicht erlangte und in den Fluten verschwand. Die Jolle schwankte ein wenig.

      Grand Duc glich die Bewegungen durch Beinarbeit aus, hantierte mit seinen beiden Pistolen herum und rief so laut, daß es auch am Strand klar zu verstehen war: „Hat noch jemand Lust, sich mit mir anzulegen? Wer will die nächste Kugel in den Kopf haben?“

      Masot ballte die Hände zu Fäusten und stöhnte in ohnmächtigem Zorn auf. Er war am Ende seiner Selbstbeherrschung und wußte, daß er jeden Augenblick zu toben beginnen würde.

      Wenig später landete die Jolle.

      Masot und seine Leute wateten ein Stück durch die Brandung und empfingen die vier Männer. Grand Duc kletterte als erster aus dem Boot und rief: „Die Wilden sind uns entwischt, und sie haben die vier Mann von der Wachablösung umgebracht. Das alles haben wir nur diesen Hunden hier zu verdanken!“

      Er wollte in seinem Lagebericht fortfahren, aber Masot stieß einen Wutschrei aus und warf sich auf die drei Männer in der Jolle. Er sprang zu ihnen in das schwankende Fahrzeug und schlug wie ein Wahnsinniger um sich, ehe sie sich auch nur ansatzweise wehren konnten.

      Zegú, der König von Hawaii, beobachtete dieses Geschehen von seinem hängenden Gitterverlies aus. „Die Bestien zerreißen sich untereinander“, murmelte er. „So ist es recht. Pele straft alle, die sich an ihren Kindern vergreifen. Feuerspeiende Göttin von Hawaii – steh meinen Leuten bei! Und hilf auch Thomas Federmann, daß er diesen Teufeln entkommt!“

      Die Hauptinsel des Atolls schloß sich von Osten her wie eine Klaue um die große Lagune, und die Greifzangen dieses Gebildes bestanden im Norden und im Süden aus langgestreckten, faserigen Landzungen.

      Am Südufer der unteren Landzunge war fast zur selben Zeit auch eine Jolle gelandet, aber davon ahnten Masot und seine Meute nichts. Vorsichtig hatte der schwarzhaarige Bootsführer die Jolle auf die Küste zumanövriert, in der ständigen Befürchtung, mit Untiefen zu kollidieren.

      Jetzt aber lag das Boot sicher und unbeschädigt auf dem Strand, und die Brandungswellen umspülten rauschend seinen Rumpf. Der Wind aus Südosten hatte erheblich nachgelassen, umfächelte jetzt fast nur noch die Gestalten der neun Männer und der schwarzhaarigen Frau mit den dunklen Leinenhosen und der roten Bluse.

      Der Trupp lief auf das Dickicht zu und tauchte darin unter.

      Hasard hatte die Spitze übernommen, gleich hinter ihm folgte Siri-Tong. Ed Carberry, Ferris Tucker, Smoky und Dan O’Flynn schlossen sich an, und hinter ihnen waren Batuti, Sam Roskill, Matt Davies und Jeff Bowie.

      Die „Isabella VIII.“ hatte das Westkap der Insel gerundet und war dann mit drei Kreuzschlägen bis dicht vor das südliche Ufer gesegelt. Jetzt hatte sie längst wieder gewendet, lief vor dem Wind nach Nordwesten ab und schickte sich unter Ben Brightons Kommando an, jenseits des Kaps auf Nordost-Kurs zu gehen. Andai, Moho und Numil fungierten als Lotsen, so gut sie konnten. Ben und der Rest der Besatzung sollten durch die Passage, die auch Masot benutzt hatte, um sein Ankergewässer zu erreichen, ganz behutsam in die Lagune lavieren.

      Hasard hatte aus seiner privaten Waffensammlung einen scharfgeschiffenen Cutlass mitgenommen, mit dem er sich jetzt einen Weg durch das Dickicht säbelte. Er hatte sich außerdem den Radschloß-Drehling über die linke Schulter gehängt, eine gewehrartige Waffe mit einem sechsschüssigen Cylinder, die sie seinerzeit von den Ladronen mitgebracht hatten.

      Die zweite „Wunderwaffe“ von den Diebes-Inseln war der Schnapphahn-Revolverstutzen, den man wechselweise mit einer sechs- oder achtschüssigen Trommel benutzen konnte. Siri-Tong trug den Stutzen bei sich, und sie hatte die Achtkammer-Trommel eingesetzt, um so viele Schüsse wie möglich zur Verfügung zu haben.

      Der Profos, Ferris Tucker, Smoky und die fünf anderen hatten sich sowohl mit Pistolen als auch mit kurzläufigen

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