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      „Natürlich, natürlich“, dienerte Martinez.

      „Ich brauche jetzt die genaue Auflistung, damit meine Beamten alles kontrollieren und verbuchen können. Sie werden die Freundlichkeit haben, mir diese Listen nunmehr vorzulegen.“

      Martinez hatte eine Qualle im Hals, die sich immer mehr aufblähte und gewaltige Dimensionen annahm. Er kriegte kaum noch Luft, und ganz übergangslos erschienen auf seiner Stirn feine Schweißperlen.

      „Die Listen, ach ja! Ich – ich werde sie gleich holen, damit Sie alles durchgehen können.“

      Der Capitán würde sehr schnell herausfinden, daß die meisten dieser Listen gefälscht oder nachträglich „verbessert“ worden waren, und dann ging es ihm, Martinez, an den Kragen. Er wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Stirn.

      Himmel, was sollte er nur tun? Er steckte bis zum Hals im Sumpf, der bald über ihm zusammenschwappen würde. Für den routinierten Capitán und seine Beamten würde ein schneller Blick genügen, um die Fälschungen zu erkennen.

      Da hatte ihm Seine Allerkatholischste Majestät nach seinem Ableben noch eine feine Suppe eingebrockt!

      Martinez suchte die Schuld an der Pleite nicht bei sich selbst, denn er sagte sich, wenn der König nicht gestorben wäre, hätte auch niemand etwas herausgefunden. Also war der König schuld an seinem Dilemma.

      Natürlich hatte er den weiteren Ärger auch diesem de Mérida zu verdanken.

      „Was – was sagten Sie?“ hörte er sich wie aus weiter Ferne murmeln.

      „Ich fragte, wir hoch Ihr persönliches Vermögen ist, Señor. Aber Sie hören offenbar gar nicht zu.“

      „Mein – mein persönliches Vermögen?“ stammelte Martinez. „Ach, das ist nicht der Rede wert. Ich habe nicht mal ein eigenes Haus wie meine anderen Vorgänger, und ich benutzte auch kaum die Karosse, die mir eigentlich zusteht. Mein Gehalt als Staatsdiener hat mir immer gereicht. Man ist ja bescheiden.“

      „Leider kann das nicht jeder von sich behaupten“, meinte de Mérida. In seiner Stimme klang unverkennbar Ironie mit, die Martinez genau heraushörte.

      Seine Knie waren jetzt wie Pudding, als er sich erhob, und die Schweißperlen auf seiner Stirn wurden größer.

      „Ihnen ist anscheinend nicht gut“, hörte er die Stimme wie aus dichtem Nebel sagen. Das Gesicht des Mannes verschwamm vor seinen Augen, wurde mal größer und mal kleiner, bis es schließlich gegenstandslos verwischte und nur eine schimmernde Fläche war.

      Martinez ging schwankend in den Nebenraum, dessen Fenster mit schweren Eisengittern versehen waren. Hier lagerten die Papiere, und hier befand sich auch die Kriegskasse, aus welcher der Sold an die Soldaten und Bediensteten gezahlt wurde.

      An der Wand hingen in Kopfhöhe zwei gekreuzte Degen, die noch von Don Antonio oder de Escobedo stammten. So genau wußte Martinez das nicht mehr.

      Sein Blick blieb wie festgenagelt an den Degen hängen. Er starrte sie mit brennenden Augen an. Seine Lippen verzogen sich zu einem diabolischen Grinsen, und dann schossen ihm krause Gedanken durch den Kopf.

      Er hatte keine Chance mehr, wenn die Untersuchungen begannen, nicht die kleinste Chance, ungeschoren davonzukommen. Der Capitán würde ihn am Galgen zappeln lassen.

      Martinez wußte genau, wo dieser Galgen stand, nämlich am Beginn der Paseo de Prado, wo der alte Marktplatz war. Schon viele hatten dort am Galgen ihr Leben ausgezappelt.

      Er zwang sich zur Ruhe, während er auf die Degen starrte. Ja, einer der Degen war seine letzte Rettung.

      Wenn er de Mérida umbrachte, konnte er ungehindert verschwinden. Tat er es nicht, dann war er erledigt. De Mérida würde herausfinden, daß er ein Schiff besaß, wenn er es nicht überhaupt schon wüßte, und dann half ihm keine Ausrede mehr.

      Mechanisch und mit starren Blicken nahm er einen der Degen aus der Wandhalterung und wog ihn kurz in der Hand.

      Dann trat ein höhnisches Grinsen auf seine Züge.

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