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Seewölfe Paket 8. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 8
Год выпуска 0
isbn 9783954394975
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
„Sei still“, sagte Iporá gedämpft. „Denk doch daran, daß wir die Kanonen ihres Schiffes bergen und verscherbeln können. Das bringt uns etwas ein.“
„Der Aufwand lohnt nicht. Einmal haben wir Schiffsgeschütze vom Grund des Riffs heraufgeholt, aber das war eine wahnsinnige Arbeit, und das Entgelt dafür war spärlich. Hast du das vergessen?“
„Nein“, antwortete ihm eine Stimme von der Verbindungstür zwischen den beiden Kammern her. Pinho Brancate war zu ihnen zurückgekehrt. Er blickte seinen ältesten Sohn so drohend an, daß dieser den Dolch sofort in den Hosenbund zurückschob.
Der bärtige Riese trat dicht vor seine Söhne hin. „Du hast Recht, Charutao“, raunte er. „Aber deswegen dürfen wir diese fünf Dummköpfe noch lange nicht ermorden. Laß dir so was nie wieder einfallen, verstanden? Oder du nimmst ein Bad im Brunnen.“
Charutao war bleich geworden. „Jawohl, Padre. Nur – was geschieht jetzt mit den Kerlen?“
„Ein Mißgeschick wird ihnen widerfahren. Sie treten zu nah an den Rand der Klippen und stürzen ab. Sie brechen sich den Hals, die Ebbe trägt sie in die See hinaus, und kein Hahn kräht mehr nach ihnen. Wer aufs Riff läuft, ersäuft, das ist doch klar. Ich glaube, der Handkorb von Monfortes Degen ist aus Silber. Dafür kriegen wir doch ein hübsches Sümmchen, und wieder halten wir uns für eine Weile über Wasser.“
„Über Wasser“, zischte Charutao. „Aber das große Geld verdienen wir nie, Padre.“
Pinho Brancates dunkle Augen begannen gefährlich zu glimmen. „Unzufrieden, Söhnchen?“
„Ich – nein, Padre.“
„Dann schweig. Wer aufsässig wird und das Maul zu weit aufreißt, erhält von mir eine Lektion, merk dir das.“
Er wollte weiterreden, den Zeitpunkt für die „Aktion Klippfelsen“, festlegen und Einzelheiten mit seinen Söhnen durchsprechen, da ertönte aus dem Erdgeschoß des Hauses anhaltendes, dumpfes Klopfen.
„Das ist die Abuela“, stieß der Bärtige aus. „Zum Teufel mit ihr. Sie ahnt natürlich, daß wir dabei sind, diese fünf traurigen Gestalten auszuplündern und zu beseitigen. Wartet hier, ich beruhige sie schon.“
Er verließ den Raum mit den vier Betten, hastete den Flur entlang und nahm die Treppe mit ein paar Sätzen. Unten angelangt, schob er den Riegel vor der Kammer seiner Mutter zurück und öffnete die Tür. Er schob sich in den Raum, ehe sie sich in das Kaminzimmer zwängen und womöglich nach oben laufen konnte.
Aus haßlodernden Augen blickte die alte Frau ihren Sohn an. Sie wollte mit den Fäusten gegen seine Brust trommeln, aber er hielt sie fest und drängte sie mit sanfter Gewalt tiefer in den Raum.
„Madre, Madre“, sagte er. „Was ist denn nur in dich gefahren?“
„Das weißt du!“
„Abuelita, ich schwöre dir …“
„Schwöre nicht! Versündige dich nicht! Ihr habt sie umgebracht, habt sie erstochen, nicht wahr?“
„Aber, aber“, sagte er mit erzwungenem Lachen. „Wer wird denn so etwas tun?“
„Lüg mich nicht an!“ schrie sie.
„Hör zu, ich habe wirklich keine Ahnung, wovon du sprichst.“
Sie senkte den Kopf und versuchte sich zu befreien. Sie trampelte auf der Stelle, aber es hatte alles keinen Zweck. Sie war ein schwaches, gebrechliches Etwas im Klammergriff des Riesen, dessen Geburtstag sie mehr als einmal verflucht hatte.
Sie beruhigte sich. „Du willst allen erzählen, ich sei nicht mehr ganz richtig im Kopf“, zischelte sie. „Aber nicht alle werden es glauben, nicht alle, hörst du? Ich bin nicht verrückt, ich bin ganz normal.“
„Aber sicher doch, Abuelita“, erwiderte er freundlich. „Sonst könntest du uns den Trank doch gar nicht mehr richtig zusammenbrauen.“
„Ich braue nichts mehr, darauf kannst du dich verlassen“, zürnte sie.
Pinho Brancate wurde stockernst. „Ich versichere dir, daß die bei uns Einkehrenden, die wir um ihre Habseligkeiten erleichtern, nicht schlecht von uns behandelt werden. Wir schleppen sie nur fort und setzen sie irgendwo aus. Wenn sie aufwachen, wissen sie nicht mehr, wo sie gewesen sind und was passiert ist. Zufrieden, Madre? Sieh mich nicht so strafend an. Ich bin doch dein treusorgender Sohn, der sich bislang aufopfernd um dich gekümmert hat.“ Er beugte sich leicht vor und fuhr leise und eindringlich fort: „Und wenn du jetzt noch länger tobst und dich nicht endlich brav verhältst, mache ich meine alte Drohung wahr.“
Ihre Augen weiteten sich. „Du Schuft! Das – das würdest du tun?“
„Ich setze dich in das kleine Boot, das in unserem Keller liegt, und schicke dich aufs Meer hinaus, jawohl. Dann holen dich die bösen Seedämonen und Wassergeister, und du kehrst nie mehr zu uns zurück.“
Er ließ sie los. Sie setzte sich auf ihren Stuhl und barg das Gesicht in den Händen.
Im Freien näherten sich plötzlich Schritte. Pinho Brancate trat neben das engbrüstige Fenster im Zimmer seiner Mutter, lehnte sich mit der Schulter gegen das Mauerwerk und spähte hinaus.
Gestalten näherten sich dem Haus – Männer. Der bärtige Riese zuckte kaum merklich zusammen. Angestrengt blickte er zu den Fremden, die genau auf die Eingangstür zusteuerten. Wer waren diese fünf Kerle? Woher stammten sie und was wollten sie?
Seine Züge glätteten sich erst wieder, als er im Gefolge der fünf Unbekannten seine zwei Töchter erkannte. Segura und Franca – sie hatten die Männer also gebracht!“
„Ein Schiff“, murmelte Brancate. „In der geschützten Bucht muß ein Schiff liegen, seine Besatzung hat sich auf diese Weise vor dem Sturm gerettet. Vielleicht schickt der Himmel uns diesen Kahn, vielleicht gibt es dort mehr zu holen als bei den Männern der ‚Sao Sirio‘.“
Er wandte sich vom Fenster ab, pirschte auf Zehenspitzen durch den Raum und glitt durch den Türspalt wieder in das Kaminzimmer. Die Tür riegelte er zu, dann lief er zur Treppe, hetzte die ersten Stufen hoch und rief: „Emilia! Zur Hölle, Emilia, wo steckst du denn bloß wieder?“
Schritte polterten von oben heran, das Gesicht seiner Frau schob sich über das Treppengeländer. „Was ist? Was willst du?“
„Fesselt und knebelt die fünf Männer, wir können sie jetzt nicht fortschaffen. Sperrt die Kammertüren zu, damit keiner hinein kann“, raunte der bärtige Mann ihr zu. „Es sind neue ‚Kunden‘ im Anmarsch, meine Liebe, und wir wollen sie gebührend empfangen und darauf achten, daß sie Monforte und seine Leute nicht entdecken.“
„Gut, ich kümmere mich darum“, sagte Emilia. Sie hastete zu den Schlafzimmern zurück und rieb sich zufrieden die Hände.
7.
Der Seewolf blieb vor dem Haus der Brancates stehen. Sein Blick wanderte über die breite Fassade, taxierte die Maße, blieb an Fenstern und Türen hängen und verharrte schließlich auf der Eingangstür, auf die Segura und Franca jetzt zustrebten.
Rechnete man das Kellergeschoß mit, das halb ins Erdreioch eingelassen war, verfügte das Gebäude über drei Stockwerke. Es handelte sich nicht um die üblichen Fischer- oder Bauernhütten, nein, dies war ein solider Bau, der Jahrhunderte überdauern konnte und nicht nur den acht Brancates, sondern nach Hasards Schätzungen auch einer größeren Familie genügend Platz bieten könnte.
Das war sie also, die Herberge. Hasard blickte weiter nach rechts und stellte fest, daß auch der Ziehbrunnen vorhanden war, von dem die Mädchen gesprochen hatten. Soweit schien alles zu stimmen, die Frage war nur, ob das Haus auch tatsächlich so gastlich war, wie Segura und Franca behaupteten.
Hasard schaute sich