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Seewölfe Paket 8. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 8
Год выпуска 0
isbn 9783954394975
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Carberrys linke Hand löste sich vom Manntau und schoß hoch. Sie unterbrach Sir Johns Flugbahn. Der karmesinrote Aracanga krächzte und kreischte erbost, aber alles Geplärr und Flügelschlagen nutzte ihm nichts. Carberry war unerbittlich. Er stopfte sich den Papagei ins Wams und sagte: „So, und da bleibst du jetzt, bis du keinen anderslautenden Befehl erhältst, du Nebelkrähe. In dem Scheißwind könnten wir dich leicht verlieren, und was tun wir dann, he?“
Darauf wußte Sir John selbstverständlich keine Antwort zu geben. Er lugte aus des Profos’ Wamsausschnitt hervor, hütete sich aber, noch weiter hervorzukrabbeln, weil er wußte, daß der Profos dann wirklich rabiat wurde.
Carberry hielt nach allen Seiten Ausschau. Sollten sich Philip und Hasard, diese Lümmel, erdreisten, ihre naseweisen Gesichter aus einer Luke oder einem Schott hervorzustrecken, würde er ihnen gehörig den Marsch blasen.
Aber die Söhne des Seewolfes zeigten sich nicht. Sie blieben unter Deck – im Mannschaftslogis, das bei Sturm und Gefecht zu ihrem Refugium geworden war. Kinder vergaßen schnell, aber die Erinnerung an das, was nördlich von Tanger in der Straße von Gibraltar geschehen war, schien unauslöschlich in den beiden Siebenjährigen zu sein. Einer von ihnen war über Bord gegangen, und der Seewolf hatte ihn nur knapp vor dem Ertrinken retten können.
Einer der beiden, aber, Teufel auch, welcher war es gewesen? Philip oder Hasard? Carberry stieß einen ellenlangen Fluch aus. Hol’s der Henker, er hatte es immer noch nicht gelernt, die Zwillinge auseinanderzuhalten. Sie ähnelten sich wie ein Ei dem anderen. Und man konnte schließlich nicht ständig nach den Haifisch-Symbolen suchen, die Keymis, dieser Schurke, seinerzeit auf ihre Schulterblätter hatte tätowieren lassen.
Der Profos lenkte seine Gedanken in andere Bahnen. Er legte den Kopf in den Nacken und spähte zum Großmars hinauf.
„Bill!“ brüllte er. „Bursche, bist du noch da, oder hat es dich von deinem Posten gerissen?“
„Alles in Ordnung, Mister Carberry“, antwortete Bill, der Schiffsjunge und Ausguck der „Isabella“, von seinem luftigen Standort.
„Kannst du die Bucht noch sehen?“
„Nein, Sir.“
„So ein Mist“, sagte der Profos. „Dann müssen wir uns jetzt doch in die Bucht hineintasten wie blinde Seehunde.“
„Ja“, sagte Matt Davies, der sich gerade in seiner Nähe befand. „Nach dem Leitsatz: Wenn es bummst, noch einen Yard.“
„Der Teufel soll dich und deine blöden Sprüche holen, Davies!“ rief Carberry in den Sturm.
„Das mußt du auch gerade sagen, Profos“, erwiderte Matt. Er sagte es aber nur halblaut, so daß Carberry ihn nicht verstehen konnte. Das war gut so, denn Ed Carberry als der Zuchtmeister und Hüter der Borddisziplin konnte fuchsteufelswild werden, wenn man ihm Kontra gab.
Ben Brighton hatte sich zu Hasard, Smoky und Old O’Flynn auf die Back gesellt. Angestrengt blickten die Männer voraus, und immer wieder gab der Seewolf Anweisungen nach achtern.
Rudergänger Pete Ballie tat sein Mögliches, um die „Isabella“ sicher in die Felsenbucht zu dirigieren. Der Schweiß der Anstrengung lief ihm übers Gesicht. In diesen Minuten hing alles von ihm ab.
Endlich rauschte das Schiff durch die Einfahrt der Bucht, die sich nun doch als breiter erwies, als die zweiundzwanzig Männer anfänglich angenommen hatten.
Mit dem letzten achterlichen Schub, den die „Isabella“ durch den Sturmwind erhielt, drehte Pete Ballie bei, ohne Gefahr zu laufen, daß das Schiff querschlug – bis auf die Blinde hingen ja sämtliche Segel im Gei.
Hasards Befehle tönten durch die Dunkelheit. Der Anker klatschte ins Wasser und sank tief, bis er Grund fand. „Hurra!“ rief Bill aus dem Großmars. „Wir haben es geschafft!“
Hasard lächelte seiner Crew zu. Er winkte den Kutscher heran und sagte: „Ich spendiere eine Ration Whisky für die gesamte Mannschaft. Laß die Kerle aber nicht zu tief in die Flasche gucken. Wir befinden uns immerhin in feindlichem Gebiet und müssen heute nacht Posten aufstellen, die in der Lage sind, anrückende Dons rechtzeitig zu erkennen.“
„Aye, Sir.“
„Ich rechne bei diesem Wetter mit keinem Angriff von Land her“, sagte der Seewolf. „Aber man muß trotzdem immer auf alles gefaßt sein.“
Er ahnte nicht, wie knapp sie dem Unheil schon entronnen waren. Keine Meile weiter nördlich erstreckte sich das gefährliche Riff, das schon manchem Schiff, das sich zu dicht unter Land gewagt hatte, zum Verhängnis geworden war. Auf die scharfkantigen Unterwasserfelsen zu laufen, wäre auf jeden Fall ein größeres Verhängnis gewesen als eine Auseinandersetzung mit den Spaniern oder Portugiesen.
2.
Alvaro Monforte, der Kapitän der portugiesischen Kriegsgaleone „Sao Sirio“, hatte allen Grund, auf die Seefahrt, auf den Sturm und auf Lucio do Velho zu fluchen und den Auftrag, der ihn und seine Männer hierher geführt hatte, bis in die tiefsten Schlünde der Hölle zu verdammen.
Das Flaggschiff „Candia“ war seit einer halben Stunde nicht mehr zu sehen. Und die Galeone „Sao Joao“, die Karavellen „Extremadura“ und „Santa Angela“? Auch über ihr Schicksal war Monforte nichts bekannt, denn er hatte auch sie längst aus den Augen verloren.
Unaufhaltsam strebte die „Sao Sirio“ der portugiesischen Küste entgegen. Monforte hatte natürlich Sturmsegel setzen lassen, aber es gelang ihm nicht, den Nordkurs zu halten. Zu heftig orgelte der Westsüdwest-Wind.
Die „Sao Sirio“ taumelte als Nachzügler des Verbandes in den Wogen des Atlantiks allein, den Naturgewalten ausgeliefert.
Monforte wünschte dem Kommandanten Lucio do Velho die Pest an den Hals, denn seiner Meinung nach verhielt sich der Mann geradezu unmenschlich. Rechtzeitig beim Schlechterwerden des Wetters hätte der Comandante sich darum bemühen müssen, einen geschützten Platz an der Küste anzulaufen. Es war verantwortungslos, einen ganzen Verband dem Sturm preiszugeben.
Aber so war es immer gewesen, wenn do Velho Jagd auf den Seewolf gemacht hatte. Ohne Rücksicht auf Mann und Material ging er vor, und damit handelte er sich den Haß seiner Untergebenen ein. In der Tat war er der starrsinnigste, skrupelloseste Geschwaderführer, den die Armada je gesehen hatte. Bis zur Meuterei hatte do Velho seine Männer getrieben, ohne jedoch seine Fehler einzusehen. Der einzige Mann, der in unerklärlicher Treue und Ergebenheit zu ihm hielt, war Ignazio, der Bootsmann der „Candia“.
„Senor!“ rief der erste Offizier der „Sao Sirio“ von der Kuhl zum Achterdeck hinauf. „Der Fockmast hat eine Bruchstelle. Wir wissen nicht, wie lange er noch hält!“
„Bis zur Küste ist es nicht mehr weit!“ schrie Alvaro Monforte zurück. „Solange müssen wir durchhalten, um jeden Preis! Wir suchen einen geschützten Ankerplatz und warten das Ende des Sturms ab!“
Der Erste blickte ihn sekundenlang schweigend an.
„Sagen Sie das den Männern“, befahl Monforte gereizt.
„Si, Senor.“
Der Erste verschwand in den Gischt- und Regenschleiern, die die Kuhl überzogen. Er wußte so gut wie sein Kapitän, daß sie es nicht schaffen würden, irgendwo vor Anker zu gehen. Bei jedem Versuch, sich vor den weiteren Entwicklungen des Sturmes zu schützen, mußten sie mit ihrem Schiff an der Küste zerschellen, von der sie wußten, daß sie in dieser Gegend steil und felsig war.
Aber es war gut, sich an seine Hoffnung zu klammern. So vermessen es auch war, an einen glücklichen Ausgang des Abenteuers zu denken – die Männer der „Sao Sirio“ hielten mit aller Macht daran fest.
Ein neuer Brecher tobte über die Decks des Schiffes. Alvaro Monforte mußte seinen Platz auf dem Achterdeck räumen, wenn er nicht außenbords gespült werden wollte. In den Manntauen hangelte er auf die Kuhl hinunter und verständigte sich mit