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Seewölfe Paket 29. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 29
Год выпуска 0
isbn 9783954399970
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Der Seewolf ließ den Drehling sinken, den er bis eben noch auf Küzürtüsi gerichtet hatte. „Wir werden dafür sorgen, daß Sie zur Rechenschaft gezogen werden, darauf können Sie sich verlassen. Erleichtern Sie Ihr Gewissen, Küzürtüsi. Sagen Sie uns, wer der Höllenfürst ist, wo wir ihn finden. Heraus damit!“
Der feiste Türke stieß einen kreischenden Laut aus. Plötzlich brachte er die schwammige Rechte unter der Decke hervor.
Hasard reagierte sofort. Mit einem Satz flankte er um den Bettpfosten herum auf Küzürtüsi zu.
Aber der Feiste war erstaunlich schnell. Was er zwischen den Fingern hielt, stopfte er sich hastig in den Mund.
Als der Seewolf sein Handgelenk packte, war es zu spät.
Küzürtüsi schluckte angestrengt. Ein triumphierender Ausdruck erschien auf seinem vom Angstschweiß nassen Gesicht.
Hasard schleuderte die Decke beiseite. Ben Brighton und die anderen blickten mit fassungslosem Kopfschütteln auf das, was überdeutlich alles erklärte – eine offene Pillendose neben Küzürtüsis Körpermasse, das Eingeständnis seiner Schuld, seine Feigheit, sich vor irdischen Richtern zu verantworten.
Sein Gesicht verkrampfte sich jäh, sein Körper begann zu zucken. Innerhalb von Sekunden war es vorbei. Mehmet Küzürtüsi starb mit fratzenhaft verzerrtem Gesicht.
7.
„Ich bin ganz sicher“, sagte Philip, nachdem er gemeinsam mit seinem Bruder erneut zur Back aufgeentert war. Plymmie folgte ihnen leise hechelnd. „Der Kerl steht noch immer da.“
„Und ich behaupte, du siehst Gespenster“, entgegnete Hasard junior.
„Gehen wir der Sache auf den Grund“, sagte Philip kurzentschlossen. „Zu was haben wir Plymmie!“
Beim Klang ihres Namens stellte die Wolfshündin die Ohren steil auf. Ihr Nackenfell sträubte sich sichtlich. Sie spürte, daß ihr eine besondere Aufgabe bevorstand. Schon oft hatten die Arwenacks ihre Klugheit bewundert.
Der junge Hasard hatte, nichts gegen den Vorschlag seines Bruders einzuwenden. Auf leisen Sohlen zogen sie sich von der Back zurück und meldeten sich beim Kutscher ab.
Auch, als sie auf die Pier abenterten, verhielten sie sich noch leise.
Philip spähte zum Kai hinüber und empfand grimmige Zufriedenheit.
Der Kerl, der da in einer Türnische lauerte und die ganze Zeit zur Dubas gelinst hatte, stand immer noch da. Mochte Hasard zehnmal behaupten, daß es sich nur um eine zufällige Schattenbildung handelte, er, Philip, war überzeugt, daß es ein Mensch war.
Er vermochte sich keinen Vers darauf zu bilden, aber es mußte mit dem Mordanschlag zusammenhängen, dem Kemal Yildiz und seine Sänftenträger zum Opfer gefallen waren. Was, zum Teufel, hatte irgendwelches lichtscheue Gesindel ausgerechnet am Schauplatz des Geschehens zu suchen?
An die Bordwand der Dubas geduckt, wies Philip der Wolfshündin die Richtung.
„Faß, Plymmie, faß!“ stieß er zischend hervor.
Die Wolfshündin fegte los, wie von einer Bogensehne wegschnellend. In weniger als einem Atemzug erreichte sie das Ende der Pier. Und erst in diesem Moment löste sich der Schatten aus der Türnische. Viel zu spät begriff er, daß es ihm an den Kragen ging.
Er stieß einen erschrockenen Laut aus, wollte davonhasten und in der nächsten Gasseneinmündung verschwinden. Denn er hörte jetzt das heisere Knurren des heranjagenden grauen Wesens, das in der Dunkelheit nicht mehr als ein Huschen war.
Er schaffte nur fünf oder sechs Schritte.
Plymmie überbrückte die letzte Distanz mit einem gewaltigen Sprung. Ihre gestreckten Vorderpfoten trafen den Nacken des dünnen kleinen Mannes, und er hatte das Gefühl, von der Wucht eines Hammerschlages gefällt zu werden.
Mit einem gellenden Schrei stürzte er der Länge nach auf das rauhe Steinpflaster. Mehr als einen Yard weit schlidderte er über die Steine und schrammte sich das Gesicht dabei auf. Er warf sich herum, wollte aufspringen und noch einmal die Flucht versuchen.
Doch im selben Moment war der graue Schatten über ihm.
Er wurde vor Entsetzen starr. Mächtige Reißzähne, höllisch spitz zulaufend, schimmerten direkt über seinem Gesicht. Der heiße Atem des vermeintlichen Untiers schlug ihm ins Gesicht. Er konnte nicht einmal schützend die Arme hochreißen, denn die Bestie stand mit den vorderen Pranken auf seinen Armen. Eine Last wie von Tonnengewichten. Öbül begriff nicht, daß er in seiner panischen Angst-Trugschlüssen erlag.
„Nein!“ schrie er. „Nein, um Himmels Willen!“
Die Söhne des Seewolfs waren mittlerweile zur Stelle.
„Plymmie!“ sagte Hasard junior energisch. „Zurück!“
Philip trat von der anderen Seite auf die Wolfshündin und den am Boden Liegenden zu und kraulte ihr zur Belohnung die Nackenhaare.
Plymmies leises Grollen ließ nach, sie gehorchte und wich ein Stück von der Kehle des Kerls weg. Aber sie blieb ihm gefährlich nahe, und den Anblick ihrer Reißzähne mußte er auch weiter ertragen.
Jemand eilte mit einer Laterne herbei. Es war der Kutscher. Der alte O’Flynn war als Wache auf der Dubas geblieben. Der Kutscher hielt die Laterne so, daß das Gesicht des kleinen Mannes erkennbar wurde. Es war ein Gesicht von ungesunder grauer Farbe. Als er die Hände vor das Gesicht hob, waren seine geschwärzten Finger zu sehen.
Plymmie ließ wieder ein heiseres Knurren ertönen, und er nahm die Hände sofort wieder herunter. Angst flackerte in den Augen des kleinen Mannes.
„Wer bist du?“ fragte der Kutscher. „Und was hast du hier zu suchen?“
„Ich heiße Öbül. Und ich habe auf einen Freund gewartet.“
„Ausgerechnet hier?“ fragte Hasard junior. „Ausgerechnet an der Stelle, an der Kemal Yildiz einer Explosion zum Opfer fiel?“
„Dann hättest du nicht wegzulaufen brauchen“, fügte Philip hinzu.
„Aber diese Bestie – diese …“
„Sie greift niemanden an, der ein reines Gewissen hat“, behauptete der junge Hasard. „Sie ist eine Wolfshündin, und sie spürt, was in einem Menschen vorgeht.“
„So, wie jetzt“, sagte Philip grimmig. „Sie spürt, daß du lügst, Öbül. Ein Wort von uns, und du hast sie an der Kehle.“
Als hätte die Wolfshündin verstanden, ruckte sie unvermittelt ein Stück vor. Ihr wildes Knurren und der mörderische Fang waren unmittelbar vor Öbüls Kinn.
Er wimmerte.
„Willst du jetzt reden?“ fragte der Kutscher mit ruhiger Stimme.
„Ja, um Himmels willen, ja!“ jammerte der kleine Türke. „Nur nehmt diese Bestie weg!“
Schritte näherten sich in einer der Gassen.
Der Seewolf und die Arwenacks kehrten zurück.
„Das trifft sich gut“, sagte Hasard junior. „Warte einen Moment, mein lieber Öbül, dann wird dein Geständnis gleich von den richtigen Ohren gehört.“
Wohlweislich ließen die Zwillinge und der Kutscher die Wolfshündin in ihrer augenblicklichen Stellung, damit der kleine Mann nicht noch auf andere Gedanken verfiel, bevor die Männer zur Stelle waren.
Sie prallten unwillkürlich zurück, als sie die Szene vor Augen sahen. Dann aber traten sie rasch näher und bildeten einen Halbkreis. Die Zwillinge berichteten, was sich abgespielt hatte.
„Mehmet Küzürtüsi hat sich vergiftet“, sagte der Seewolf. „Er hat sich aller irdischen Verantwortung entzogen, als er keinen