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Narren!“ zischte er. „Habt ihr wirklich gedacht, daß ihr mich erledigen könnt?“

      Der Kerl gab jeden Widerstand auf. Er ließ die Waffe fallen und hob die Hände.

      „Nicht schießen“, sagte er. „Ich ergebe mich, Flores.“

      Flores überlegte scharf. Warum knallte er diesen Hund nicht einfach nieder? War er nicht genauso ein Bastard wie die anderen auch? Doch er zögerte. Irgendwo mußten auch die anderen stecken. Wenn er sie alle tötete, hatte er niemanden mehr. Dann stand er allein da. Wie sollte er Caspicara, seinem Oberkumpan, gegenübertreten, wenn dieser zurückkehrte?

      „Wo sind die anderen?“ fragte er barsch.

      „Hier, in der Hütte.“

      „Kommt raus“, sagte Flores. „Und versucht keine Tricks. Den ersten, der auch nur einen Finger gegen mich erhebt, geht es dreckig.“

      Daß er keine leeren Drohungen ausstieß, sahen sie. Ein Kerl war tot, ein anderer verletzt. Er stöhnte wieder und konnte das Blut, das aus seiner Schulter rann, nicht aufhalten.

      Nach und nach traten die restlichen Kerle aus der Hütte. Sie hätten Flores mit einem Schuß niederstrecken können. Doch das Exempel, das er statuiert hatte, lähmte ihren Widerstandsgeist. Die Autorität und die Brutalität, die er wieder hervorkehrte, überzeugten sie.

      „Die Waffen weg!“ herrschte er sie an.

      Die Waffen fielen in den Sand.

      „Wo ist meine Peitsche?“ fragte Flores.

      „In der Hütte“, entgegnete der Mann, der die Hände gehoben hatte.

      „Hol sie!“

      Der Kerl verschwand im Inneren der Hütte. Als die Meuterei ausgebrochen war, hatte Gitano die kurzgriffige Peitsche mit den geknoteten Lederriemen an sich gebracht und Flores damit erniedrigt. Bei dem Angriff auf die Karavelle hatte er sie nicht mitgenommen, denn er hätte sie ohnehin nicht verwenden können, sie wäre ihm nur eine Last gewesen.

      Der Pirat brachte die Peitsche und duckte sich unterwürfig, als er sie dem kleinen Dicken aushändigte.

      „Nicht schlagen“, sagte er mit flehender Stimme.

      Doch Flores hieb zu. Er prügelte auf sie ein, bis sie im Sand vor ihm lagen und jammerten und wimmerten. Erst dann hielt er inne und stemmte die Fäuste in die Seiten.

      „Gnade“, flehten sie ihn an.

      „Also gut“, sagte er. „Ich vergebe euch. Daran seht ihr, was für ein großherziger und gerechter Mann ich bin. Gitano und die anderen haben für die Rebellion mit ihrem Leben bezahlt. Sie haben es nicht anders verdient. Wenn einer von euch noch mal die Hand gegen mich hebt, steche ich ihn ab. Klar?“

      „Klar“, murmelten die Kerle.

      Einer von ihnen sagte: „Gitano war ein Narr. Wir hätten nicht auf ihn hören dürfen.“

      Flores deutete auf den Verletzten. „Verbindet ihn. Und verscharrt den Toten. Ich will ihn nicht mehr sehen.“

      Wenig später trank Flores einige Becher von dem dunkelroten, süffigen Wein. Nachdem der Tote beigesetzt und der Verwundete verarztet war, ließ er auch die Kerle an den Zapfhahn. Das war sein Versöhnungs- und Friedensangebot. Sie setzten sich im Hellerwerden mit ihren Bechern in den Sand zwischen zwei Hütten und beratschlagten, was unternommen werden konnte.

      „Die Karavelle ankert noch auf See“, sagte Flores. „Aber ich werde sie auf keinen Fall ein drittes Mal angreifen. Das wäre glatter Selbstmord.“

      Die Kerle atmeten auf. Sie hatten schon befürchtet, Flores würde sie in ein neues Himmelfahrtskommando schicken, das nur mit dem Tod der Handvoll Kerle enden konnte. So war auch Flores vernünftig geworden. Er sah ein, daß er gegen die Eroberer der Karavelle keine Chance mehr hatte.

      „Wir müssen sogar darauf gefaßt sein, daß sie noch mal an Land kommen, um nach Überlebenden zu forschen“, sagte der kleine Dicke. „Immerhin werden sie damit rechnen, daß sie uns noch nicht ganz vernichtet haben und daß wir ihnen noch einmal gefährlich werden könnten.“

      „Dann sollten wir uns verstecken“, sagte einer der Kerle.

      „Genau das tun wir“, sagte Flores. „Wir ziehen uns ins Dickicht zurück, mindestens für einen Tag. Sie können von mir aus die Hütten durchsuchen, dort gibt es sowieso nichts mehr zu holen.“

      „Wie wär’s, wenn wir ihnen einen Hinterhalt legen würden?“ fragte ein krausköpfiger Kerl, der aus Malaga stammte.

      Flores sah ihn an. „Das ist keine schlechte Idee. Wir können sie aber nur in die Tat umsetzen, wenn wir es nicht mit zu vielen Gegnern zu tun haben. Falls es nur eine Bootscrew ist, überrumpeln wir sie und nehmen die Hunde als Geiseln gefangen. Danach erpressen wir ihren Kapitän und erzwingen die Herausgabe der Karavelle.“

      Die Kerle lachten und stießen sich untereinander an.

      „Großartig“, sagte einer von ihnen. „Also haben wir doch noch eine Möglichkeit, diese Bastarde zu überlisten.“

      „Falls sie nicht verschwinden“, sagte Flores.

      „Warten sie vielleicht auf jemanden?“ fragte der Mann aus Malaga.

      „Das weiß ich nicht“, erwiderte Flores. „Es ist mir auch egal. Der Teufel soll sie holen. Aber wenn sie an Land kommen, erleben sie ihr blaues Wunder, das versichere ich euch.“

      „Wir sollten uns jetzt zurückziehen“, mahnte ein anderer.

      Flores drängte ebenfalls zum Aufbruch. Sie räumten das Lager und nahmen ihre wenigen Habseligkeiten, vor allem aber das Pulver und die Kugeln für die Schußwaffen, die sie noch besaßen, mit. Fast hundert Yards drangen sie in den Dschungel ein.

      Als das Gelände anzusteigen begann, wählte Flores als Lagerplatz eine winzige Lichtung aus. An ihrem Rand ragte ein großer Mangrovenbaum auf. Seine Äste hingen tief herunter, doch er hatte auch eine hoch aufsteigende Gabel, die sich als Aussichtspunkt eignete.

      Der Mann aus Malaga kletterte auf Flores’ Befehl hin nach oben. Tatsächlich konnte er von dort aus sowohl die Bucht als auch die Karavelle sehen.

      „Sie sind noch da“, meldete er im heraufziehenden Morgengrauen, als er das Schiff gerade eben erkennen konnte.

      „Das habe ich mir gedacht“, brummte Flores. „Nun gut, wir werden sehen, wie es weitergeht.“

      Sie richteten es sich so gemütlich wie möglich ein. Das Weinfaß hatten sie nicht mitgeschleppt, wohl aber einen Krug voll Rebensaft, den sie jetzt kreisen ließen. Isidro Flores trank und überlegte, welche Möglichkeiten es noch gab, dem Gegner zumindest einen Schaden zuzufügen.

      „Was mag wohl aus Nogales geworden sein?“ fragte einer der Kerle. „Ob der überhaupt noch am Leben ist?“

      Nogales war der Mann, der auf dem Schiff die Ankerwache gehabt hatte, als die Fremden es geentert hatten. Er hatte nicht aufgepaßt – sie hatten ihn niedergeschlagen und die Karavelle vereinnahmt. Dann hatten sie das Feuer auf die Versammlung am Strand und auf die Schaluppen und Boote eröffnet und waren aus der Bucht auf die offene See gesegelt.

      „Sie haben ihn abgemurkst, diese Bastarde“, sagte Flores. „Das ist doch klar. Aber er hat selbst schuld. Ich kann ihn nicht bedauern.“

      „Ja, das war Pech“, murmelte ein anderer. „Er hätte eben nicht auf Wache schlafen dürfen.“

      Flores hatte Nogales nie gut leiden können. Der Mann war ihm nicht geheuer. Ständig hatte er damit gerechnet, daß sich Nogales irgendwie querlegte und zu meutern versuchte. Deshalb hatte er ihn schikaniert und mit Arbeit eingedeckt.

      Daß es dann doch Gitano gewesen war, der den Aufstand angezettelt hatte, hatte Flores am meisten getroffen und überrascht.

      „Wir haben noch eine andere Möglichkeit“, sagte Flores. „Nehmen wir mal an, die Bastarde

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