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Gebrüll der Kerle zu hören, ein Gebrüll, das sich noch verstärkte, als das Flammentuch samt der Rahrute an Deck krachte, als die Funken nur so stoben und das Feuer mit rasender Wut um sich griff.

      Sie sprangen über Bord. Und da waren plötzlich die anderen Mörder zur Stelle, und bestimmt war auch jener dabei, der am Vortag einen Blinker samt Haken und Barsch verschluckt hatte, so ihm der Blinkerhaken im Schlund oder im Magen nicht sauer aufstieß. Aber das konnte ihn andererseits vielleicht auch besonders wütend stimmen. Bei Haien weiß man das nie so genau, man weiß eben nur, daß sie völlig unberechenbar sind.

      Carberry schaute lieber weg. Außerdem hatten sie es geschafft. Die Jolle glitt an Steuerbord längsseits, Vor- und Achterleine flogen hoch, wurden oben vertäut, und die Mannen enterten im Blitztempo auf. Die Jolle blieb längsseits. Jetzt war keine Zeit, sie aufzuhieven.

      Hasard fiel ein Stein von der Seele, als die Mannen unbeschadet auf die Kuhl sprangen und sich sofort an den Waffen verteilten. Ja, das war schon klar, es würde wieder eine Rundumverteidigung werden, aber zunächst auf Distanz – zum Nachteil der Piraten, die nicht ahnten, auf was sie sich einließen.

      Ihre Taktik war einfach. Sie verteilten sich und griffen von allen Seiten an, doch nicht mit schwerem Geschütz, und zwar deswegen nicht, weil sie etwas von ihrer Beute haben wollten. Und von der hatten sie nichts, wenn sie die Galeone versenkten. Nein, sie wollten entern, und darum setzten sie beim Heransegeln nur Pfeile und Musketenkugeln ein, aber mehr Pfeile als Kugeln.

      Sie wollten es mit der Masse schaffen. Hasard zählte acht Zweimaster und zwölf Einmaster – alle vom Dhau-Typ. Auffallend war ein größerer Zweimaster, der allerdings Drehbassen auf dem Schanzkleid zeigte, sich jedoch zurückhielt. Er war auf die Steuerbordseite der „Santa Barbara“ gesegelt. Offenbar handelte es sich bei dieser Dhau um das „Flaggschiff“ der Kerle.

      Durch den Kieker erspähte Hasard dort einen Mann in hellem Gewand und Pluderhose, umgürtet mit einer glitzernden Schärpe, an der ein Prunksäbel hing. Die Kerle auf dem Achterdeck kuschten vor ihm. In der rechten Hand hatte er eine Peitsche, deren Griff silbern schimmerte.

      Der Einmaster, der von Smokys Drehbassenkugel getroffen worden war, zog sich mit schwerer Schlagseite in einen der Priele zurück.

      In diesen Moment krachten die ersten Culverinen der „Santa Barbara“, und der Schußdonner rollte über die See. An Backbord bäumten sich zwei Zweimaster und ein Einmaster auf, an Steuerbord drei Zweimaster – sechs Schüsse, sechs Treffer, und das bei schmaler Silhouette der angreifenden Segler.

      Auf zwei Zweimastern der Angreifer an Steuerbord kippten die vorderen Masten um und schlugen an Deck. Dem dritten Zweimaster wurde der halbe Vorsteven weggerissen, dabei brach das Vorstag, und der Vormast wurde nur noch von den Wanten gehalten, neigte sich aber bereits bedenklich nach achtern.

      Auf der Backbordseite wurde ein Zweimaster auf Anhieb total entmastet, gewiß ein Glückstreffer, aber das konnte passieren, wenn die Wanten der Luvseite brachen. Die Culverinenkugel zerfetzte die Backbordwanten von Vormast und Hauptmast, und beide Masten knickten unter dem Winddruck nach Steuerbord weg. Dort schlugen sie in die See und wirkten samt der langen Rahruten und Segel als Treibanker.

      Damit nicht genug – der Zweimaster schwang mitten aus der Fahrt heraus nach Lee und damit genau in den Kurs eines folgenden Einmasters, der nicht mehr ausweichen konnte. Er krachte mittschiffs in den Zweimaster, durchbrach dessen Steuerbordseite und keilte sich dort fest.

      Diese beiden Schiffe bildeten eine perfekte Wuhling. Das Geschrei und Gebrüll der Kerle war dementsprechend.

      Bei den beiden anderen Treffern auf dem Zweimaster und dem Einmaster zerschmetterten die Kugeln Planken in Höhe der Wasserlinien, und zwar in Nähe der Vorsteven. Die würden zumindest Leckagen haben, wo das Wasser hineinsuppte.

      Aber schon feuerten die je drei anderen Culverinen an Backbord und Steuerbord, während die sechs anderen nachgeladen wurden. Hinzu gesellten sich die blaffenden Schüsse der Drehbassen und das Explodieren der Pulverpfeile von Big Old Shane im Hauptmars und Batuti im Vormars. Und Ferris Tucker schoß seine Flaschenbomben aus dem Katapultgerät ab.

      Die „Santa Barbara“ verwandelte sich in ein nach allen Seiten feuerspuckendes Ungeheuer. Die Arwenacks entfesselten die Hölle – sie konnten es, denn die Galeone lag fest, kein Mann wurde für Segelmanöver an Schoten oder Brassen gebraucht, jeder stand für die Waffen zur Verfügung. Sie ließen die Kuh fliegen, wie einer ihrer Ausdrücke lautete, und sie brüllten den Kerlen ihren Schlachtruf entgegen.

      Zwei Dhauen – Zweimaster – schafften es, den Abwehrgürtel zu durchbrechen. Und da setzte Hasard die chinesischen Brandsätze gegen sie ein – im Direktbeschuß. Das spielte sich an Steuerbord ab.

      Heulend, jaulend und pfeifend rasten die Raketen in flacher Bahn gegen die beiden Segler, zerplatzten dort in grellen Explosionen, aus denen neue Blitze knatterten und nach allen Seiten buntfarbene Kometen ausspuckten, die über die Decks hüpften und – wo sie auf Widerstand trafen – in einem neuen Feuerregen zerbarsten.

      Die Hölle tat sich auf. Ja, es mußte Höllenfeuer sein, denn es war nicht zu löschen. Es brannte sogar auf dem Wasser. Die beiden Dhauen wurden zu flammenden Fanalen.

      Die Kerle auf den beiden Dhauen packte das nackte Entsetzen. Sie waren nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Vor die Tatsache gestellt, den Flammentod zu sterben, entschieden sie sich für den Sprung ins Wasser. Dort jedoch wurden sie von den Mördern erwartet. Vielleicht dachte der eine oder andere, dem Massaker dennoch entgehen zu können. Doch die Haie waren von einer Raserei gepackt. Sie waren entfesselt.

      Dort, wo sich dieses mörderische Geschehen abspielte, wurde die See zu einem kochenden, schäumenden Kessel von in rasender Gier vorschnellenden schlanken Fischleibern und sich in Todesangst aufbäumenden Menschenkörpern.

      Der Tod hielt Ernte.

      Der Angriff brach zusammen.

      Die mehr oder weniger angeschlagenen Ein- oder Zweimaster an Backbord flüchteten landwärts oder verschwanden zwischen den Inseln. Sie waren fern der Befehlsgewalt Hassan al-Karabs und außerhalb der Reichweite seiner Peitsche. Auch wenn er beides eingesetzt hätte – sie wären geflohen. Diese Galeone der Giaurs war verhext. Dort hausten Teufel, die Höllenfeuer spuckten.

      Bei den Angreifern an Steuerbord brachte es Hassan al-Karab immerhin zustande, sie von der Flucht zurückzuhalten. Es waren mit seinem „Flaggschiff“ noch zwei Zweimaster und vier Einmaster. Er ließ sie außerhalb der Reichweite der Kanonen von der „Santa Barbara“ von Nordwest über Ost nach Südwest vor Anker gehen, so daß die Galeone eingekesselt war.

      Für Hasard war die Maßnahme eindeutig. Der Piratenhäuptling wollte verhindern, daß sie den Reserveanker ausbrachten. Wenn sie es taten, würden sie mit einem schnellen Angriff auf die Jolle rechnen müssen. Das konnte riskant werden. Also ließ er das lieber sein. Bisher hatten sie sich gut geschlagen – und so sollte es bleiben: kein Risiko bei fragwürdigem Einsatz.

      Die Kerle waren jetzt vorsichtig geworden, und sie hatten erhebliche Verluste hinnehmen müssen, auch an Schiffen. Der Zweimaster und der Einmaster, die sich ineinander verkeilt hatten, waren gesunken. Die Kerle waren in die Beiboote gestiegen und hatten sich empfohlen.

      Und weiter? Na ja, sobald der Niedrigwasserstand einsetzte – heute abend –, würden sie wieder ans „Abspecken“ gehen. Und sie würden natürlich die Enden der gekappten Ankertrosse wieder zusammenstecken. Das war dann kein Problem mehr. Da brauchte nicht gefischt zu werden. Allerdings würden sie dann die Nacht über die Trosse bewachen müssen.

      Nächste Frage: Würden sich die sechs Bewacher trockenfallen lassen oder bei zunehmendem Niedrigwasser ihre Positionen räumen? Das blieb abzuwarten. Wenn sie verschwanden, so konnte das bedeuten, daß der Piratenhäuptling seine ganzen Kräfte noch einmal zusammenraffte, um erneut einen nächtlichen Überfall zu unternehmen. Das konnte er allerdings auch von den trockengefallenen Schiffen aus tun, aber mit verminderter Mannschaft.

      Abwarten, Nerven behalten.

      Rum für alle. Dann Gefechtsstationen aufklaren und Boot wieder aufhieven. Die übliche

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