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daß wir eine geschützte Bucht finden, in der wir ankern können. Alles andere entscheiden wir vor Ort.“

      Anderthalb Stunden später fanden sie den richtigen Ankerplatz für die Dubas. Der Zweimaster war inzwischen nur noch zwei Meilen von der Insel entfernt. Aufmerksam spähten die Mannen zu dem Land hinüber.

      Ein paar kleinere Inselchen waren Kithira im Osten vorgelagert. Sie wirkten wie Wellenbrecher. Zwischen den winzigen Eilanden und der Hauptinsel war das Wasser völlig ruhig. Es wirkte wie eine große, polierte Platte aus Blei. Nur ein schwacher Wellengang leckte träge über den Sandstrand.

      Kithira selbst bot ein Bild der Harmonie und Schönheit. Obwohl es November war, grünte auf der Insel noch alles. Das lag an den Olivenbäumen und Schirmpinien, die auf den Hängen wuchsen.

      Hier und dort waren auch Orangen- und Zitronenbäume zu erkennen, die jetzt schon Früchte trugen. Aus den Wäldern im Inneren der Insel flatterten Vögel auf. Möwen umkreisten die Dubas.

      „Ein feiner Platz“, sagte Big Old Shane, der ehemalige Schmied von Arwenack. „Und die Hügel da sehen ganz danach aus, als ob dort Fasanen nisten.“

      „Auf einen Versuch kommt es an“, brummte Old Donegal Daniel O’Flynn. Er schaute sich mit dem bei ihm üblichen Mißtrauen um. „Aber sperrt die Augen und Ohren auf, Freunde. Hier ist es zu ruhig, sage ich.“

      „Aha“, meinte Ferris Tucker, als hätte er es nicht anders erwartet. „Witterst du ein böses Omen? Liegt ein Fluch auf der Insel?“

      „Red doch keinen Unsinn, Mister Tucker“, entgegnete der Alte mit ärgerlicher Miene. „Streng lieber deinen Verstand an. So eine üppige Insel – glaubst du, daß die ganz unbewohnt ist?“

      „Nee“, erwiderte der rothaarige Schiffszimmermann mit einer Grimasse. „Sie ist das ideale Versteck für Schnapphähne aller Art.“

      „Siehst du, du hast es schon begriffen“, knurrte Old O’Flynn.

      „Andere Schiffe habe ich nirgends entdecken können“, sagte Dan, sein Sohn.

      „Das will nichts heißen“, sagte der Seewolf. „Wenn es hier Piraten gibt, könnten sie ihren Schlupfwinkel auch auf der anderen Seite der Insel haben. Und möglicherweise hockt oben in den Bergen ein Späher, der uns längst gesichtet hat. Also – Klarschiff zum Gefecht und höchste Vorsicht!“

      „Aye, Sir“, antworteten die Mannen.

      Die Drehbassen waren ohnehin geladen. Die Zwillinge füllten die bereitstehenden Kupferbecken mit glühender Holzkohle aus der Kombüse, so daß die Lunten im Falle eines Gefechts sofort entfacht werden konnten. Musketen und Tromblons wurden feuerbereit in Griffnähe auf dem Deck gelagert.

      Shane und Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, hängten sich ihre Langbögen aus englischer Eibe um. In den Köchern steckten Pulver- und Brandpfeile. Ferris Tucker plazierte seine Höllenflaschen auf dem Deck.

      Hasard gab Al Conroy und Gary Andrews die Anweisung, auch ein paar Brandsätze zu holen. Für alle Fälle – und man konnte ja nie wissen, was sich noch ereignete. Schon oft hatten die Brandsätze, die die Mannen aus China mitgebracht hatten, gute Dienste geleistet und den Ausgang eines Kampfes entscheidend bestimmt.

      „Jetzt sind wir gerüstet“, sagte der Seewolf. Er teilte doppelte Ankerwachen ein. Anschließend bestimmte er, wer an Land gehen sollte: Shane, Don Juan, die beiden O’Flynns, die Zwillinge, Carberry, Plymmie und er.

      Ihre Aufgabe war es, eine Trinkwasserquelle zu finden. Danach würden sie Verstärkung rufen, und die Mannen sollten die leeren Fässer füllen und an Bord der Dubas schaffen. In der Zwischenzeit konnte Hasard mit seinem Landtrupp auf die Jagd gehen.

      Im Südosten der Insel öffnete sich eine geräumige Bucht, die mehr als einem Schiff Platz zum Ankern bot. Hasard beschloß, diese Bucht anzulaufen. Jeff Bowie lotete die Wassertiefe aus – sie war ausreichend.

      Durch die breite Einfahrt schob sich die Dubas in die Bucht. Ein breiter Sandstrand schloß sich wie ein Kranz um die Bucht. Oberhalb der Böschung standen windgebeugte Pinien und ein paar Palmen. Wieder flatterten Vögel auf. Weit und breit waren jedoch keine menschlichen Wesen zu sehen.

      „Es gibt noch eine Möglichkeit“, sagte der Profos. „Daß nämlich keine Piraten, sondern Fischer auf Kithira leben. Und diese Fischer haben vielleicht griechischen Wein, den sie und verkaufen.“

      Hasard lachte. „Das hast du dir ja fein ausgemalt. Na, hoffentlich behältst du recht.“

      Kurz darauf drehte die Dubas mit eingeholten Segeln in der Bucht bei. Der Anker fiel. Hasard ließ das Boot abfieren und enterte mit seinen sieben Begleitern ab. Plymmie, die Wolfshündin, sprang mit einem kühnen Satz in das Boot. Sie ließ sich neben den Zwillingen nieder und hechelte.

      Philip junior kraulte ihr das Nackenfell. „Na, Lady, du bist wohl auch neugierig auf die Insel, was?“

      Plymmie schnaufte. Es klang wie eine Bestätigung.

      Neugierig war übrigens auch Sir John, Carberrys Papagei. Zeternd flog er zum Ufer. Der Profos stieß einen Fluch aus.

      „Verdammte Nebelkrähe“, knurrte er. „Mußt du immer so einen Höllenlärm veranstalten?“

      Arwenack, der Schimpanse, klammerte sich mit trauriger Miene in den Wanten fest. Warum durfte er nicht mit auf die schöne Insel? Er konnte es nicht begreifen. Da half auch die trockene Feige nichts, die Mac Pellew ihm mitfühlend überreichte. Arwenack war beleidigt.

      Das Boot glitt zum Ufer, die Mannen landeten. Sofort griffen sie zu den Waffen und sicherten zu den Bäumen. Die Musketenhähne knackten. Aber es geschah nichts. Nach wie vor blieb alles ruhig.

      Plymmie lief am Strand auf und ab und suchte nach Spuren. Nichts – auch sie schien keine Gefahr zu wittern. Mit heraushängender Zunge kehrte sie zu dem kleinen Trupp zurück.

      Hasard wandte sich zur Dubas um und gab den zurückbleibenden Mannen ein Zeichen. Alles in Ordnung, bedeutete es. Ben Brighton winkte zurück.

      Der Seewolf führte seine Begleiter zu den Bäumen. Somit nahm das Unternehmen Kithira seinen Anfang. Der Trupp verschwand im Pinienwald. Die Mannen lauschten, ob sie irgendwo eine Quelle sprudeln hörten. Plymmie lief im Dickicht hin und her und suchte mit.

      Die Luft war angenehm warm. Es duftete nach Orangen. Vögel zwitscherten. Ein Idyll – Kithira schien somit das Paradies schlechthin zu sein. Und doch täuschte der Eindruck. Bald sollte hier die Hölle los sein.

      Im Inneren der Insel, etwa im Zentrum, erhob sich der höchste Gipfel. Zweihundertfünfzig Yards über dem Meeresspiegel – und am Rande einer Waldlichtung ragte eine riesige Pinie auf, auf die man klettern konnte. Einen besseren Aussichtspunkt hätte es nicht geben können.

      Aus diesem Grund hockte auch der Kerl mit dem roten Kopftuch, der zu dieser Stunde Dienst als Ausguck hatte, in der Krone des Baumes. Er beobachtete alles durch seinen Kieker: wie die Dubas in die Bucht von Kithira einlief, wie sie ankerte und sich die acht Männer und der Hund an Land begaben.

      Der Kerl mit dem roten Kopftuch hieß Piro. Er kannte sich auf Kithira aus wie kein anderer. Er war hier geboren. Früher hatte er sich seinen Lebensunterhalt als Fischer verdient. Später hatte er dann festgestellt, daß er auf diese Weise nie zu Wohlstand gelangen würde. Aus diesem Grund hatte er den Beruf gewechselt.

      Piro stieß einen saftigen Fluch aus. Er spuckte aus, warf noch einen Blick durch das Rohr und schob es dann zusammen. Er verstaute den Kieker in seiner Tasche. So schnell er konnte, hangelte er am Stamm der Pinie nach unten. Dann eilte er nach Westen.

      Durch Wald und Buschwerk führte sein Weg. Schließlich hastete Piro einen Pfad hinunter, der zu einer felsigen Bucht führte. In der Bucht ankerten Segler. Vier einmastige Pinassen. In der Felswand öffneten sich gähnende Mäuler – Höhlen. In diesen Grotten hauste die Bande, zu der Piro gehörte.

      Der Posten, der vor dem Eingang der Haupthöhle stand, stieß einen Pfiff aus.

      „Hallo!“

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