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neben Grillo hatte, brummte finster: „Das hoffst du noch? Du Träumer! Wir sehen die Serenissima nicht wieder.“

      „Quatsch“, sagte Balnave. „Solange ich noch nicht auf dem Zahnfleisch krieche, werde ich es versuchen.“

      „Abhauen willst du?“ zischte Rinaldi. „Schlag dir das aus dem Kopf.“

      „Still“, raunte Untermayer. „Der Bulle ist wieder im Anmarsch.“

      Der Zuchtmeister näherte sich und blieb neben, ihnen stehen.

      „Was habt ihr zu quatschen, ihr faulen Mistkerle?“ fragte er. „Habt ihr Sehnsucht nach der Neunschwänzigen, oder was ist los?“

      „Ach, ich habe meinen Kameraden hier nur nahegelegt, sie sollen kräftiger pullen, weil es dann als Belohnung Hähnchen zu futtern gäbe“, erklärte Beppe Grillo. Er war ein ausgesprochener Spaßvogel und versäumte keine Gelegenheit, seine Freunde zum Lachen zu bringen.

      Aber es lachte dieses Mal keiner, denn der Bulle sah Beppe Grillo so drohend an, als wolle er ihn mit Haut und Haaren fressen.

      „Du Sack!“ fuhr er ihn an. „Willst du mich wieder mal verarschen? Na, warte!“ Schon pfiff die Peitsche durch die Luft. Ein derber Hieb traf Beppes Schultern. Der Italiener duckte sich und biß sich auf die Unterlippe.

      Der Bulle marschierte mit triumphierendem Grinsen weiter.

      „Das hast du davon“, sagte Max Rinaldi vorwurfsvoll. „Immer mußt du diesen Bastard herausfordern.“

      „Abwechslung muß sein“, sagte Grillo mit verkniffenem Grinsen.

      „Besten Dank“, murmelte Jim Balnave.

      „Für was denn?“ flüsterte Beppe Grillo.

      „Na, für den Beistand.“ Der Engländer behielt den Bullen im Auge. Leise sprach er weiter. „Also, wenn sich irgendwo die Gelegenheit bietet, haue ich ab. Und wer mit mir türmen will, der sollte es sich schon jetzt gründlich überlegen.“

      „Ich nehme meinen ganzen Grips zusammen“, erklärte der Mann aus Salzburg. „Und ich sage dir, das ist glatter Selbstmord. Nimm mal an, du springst außenbords, Jim. Wohin willst du dann schwimmen?“

      „Zum Ufer natürlich.“

      Die anderen konnten sich ein Grinsen kaum verkneifen.

      Balnave fuhr fort: „Ich habe keine Angst wegen der Haie.“

      „Ich auch nicht“, erwiderte Josef Untermayer.

      „Sehr gut“, meinte Balnave. „Also, ich warte ab, bis wir vor einer Insel oder dem Festland ankern. Dann reiße ich aus. So bald wie möglich. Ich will nicht auf dieser verdammten Ducht vergammeln.“

      „Wie willst du die Ketten lösen?“ wollte Almirante wissen.

      „Das überlege ich mir noch.“

      „Aha“, brummte Rinaldi. „Und der Bulle?“

      „Dem klopfe ich was auf die Nuß.“

      „Ganz einfache Sache“, sagte Beppe Grillo. „Der Bulle hält den Kopf hin und zeigt noch auf die Stelle, wo du ihm eins verbraten sollst.“

      „Ihr könnt mich ruhig auf den Arm nehmen“, sagte Jim Balnave. „Mein Plan steht fest.“

      „Ich werde dich begleiten“, sagte Josef Untermayer.

      „Ich auch“, flüsterte Giorgio Almirante.

      „Also, wir beiden hier sind auch mit von der Partie“, erklärte Beppe Grillo. „Aber nimm es mir nicht übel, Jim. Ich zweifle daran, daß es klappt.“

      „Laß das meine Sorge sein“, murmelte der Engländer. „Wo, zur Hölle, befinden wir uns zur Zeit? Habt ihr eine Ahnung?“

      „Südlich von Griechenland“, raunte Max Rinaldi. „Ich war früher mal hier, als ich noch vor dem Mast auf einem Handelsfahrer segelte. Wenn mich nicht alles täuscht, kann die Insel Kithira nicht mehr fern sein.“

      „Kithira?“ wiederholte Balnave. „Ist das eine große Insel?“

      „Es geht so“, meinte Rinaldi.

      „Versteckmöglichkeiten?“ fragte der Engländer.

      „Wald und Berge.“

      „Ausgezeichnet“, sagte Jim Balnave. „Wenn wir es geschickt anstellen, entgehen wir den Häschern. Macaluso wird nach uns suchen lassen. Aber es hängt von uns ab, ob die Kerle uns packen oder nicht.“

      Giorgio Almirante seufzte. „Da hast du recht. Aber laß uns jetzt lieber schweigen. Der Bulle glotzt schon wieder zu uns rüber.“

      Die fünf Männer verstummten. Der Trommler bearbeitete sein Instrument. Der Bulle schritt auf und ab. Die Riemen knarrten, die Ketten rasselten, das Seewasser plätscherte an den Bordwänden. Das war die übliche Musik. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Es änderte sich nie etwas. Man konnte dabei den Verstand verlieren.

      Untermayer, Almirante, Grillo und Rinaldi glaubten, das Jim Balnave nicht mehr ganz richtig im Kopf sei. Alles, was er sagte, war reine Utopie. Die vier glaubten nicht daran, daß es eine reelle Chance gab, von dem Teufelskahn zu flüchten.

      Und doch sollte es gelingen. Jim Balnave war fest entschlossen, sich und seine Kameraden zu befreien – mehr denn je. Es muß klappen, dachte er immer wieder, wir müssen es schaffen.

       2.

      Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, stand auf dem Achterdeck der zweimastigen Dubas und spähte mit dem Spektiv voraus. Vier Tage waren vergangen, nachdem die Arwenacks Piräus verlassen hatten. Sie segelten auf südlichem Kurs und schickten sich jetzt an, die Südspitze von Hellas zu runden.

      Der Kutscher hatte dem Seewolf an diesem Morgen gemeldet, daß die Trinkwasserreserven allmählich zur Neige gingen. Hasard wollte frisches Wasser an Bord nehmen, ehe die Vorräte knapp wurden. Vielleicht ergab sich auch die Möglichkeit, jagdbares Wild aufzustöbern. Das wäre eine willkommene Abwechslung für die Mannen gewesen.

      Allerdings hatte Hasard nicht vor, die Festlandküste anzusteuern. Eine größere Insel befand sich seines Wissens auf ihrem Kurs. Sie hieß Kithira. Diese Insel wollte er ansteuern. Nach dem Kartenmaterial zu urteilen, das er in Händen hielt, war sie groß genug. Mit Sicherheit gab es dort mindestens eine Trinkwasserquelle. Und wahrscheinlich lohnte es sich auch, auf die Pirsch zu gehen.

      Kurz vor Anbruch der Mittagsstunde meldete Bill, der Ausguck: „Land voraus! Eine größere Insel!“

      Hasard konnte die Umrisse der Insel jetzt ebenfalls schwach in der Optik erkennen.

      „Gut“, sagte er. „Das muß Kithira sein. Kurs auf die Insel, Männer.“

      Pete Ballie, der Mann am Ruder, nahm eine leichte Kurskorrektur vor. Die Dubas ging etwas höher an den Nordwind, der vom griechischen Festland wehte, und mit einer Geschwindigkeit von gut sechs Knoten glitt der Zweimaster auf die fremde Insel zu.

      Ben Brighton, der Erste Offizier und Bootsmann der Crew, trat zu seinem Kapitän. „Die Frage ist, ob wir auf der Insel Bewohner antreffen“, sagte er.

      „Und welche Gesinnung sie vertreten“, fügte der Seewolf hinzu. „Wir werden wie üblich mächtig auf der Hut sein müssen, bis wir nicht alles genau ausgekundschaftet haben.“

      „Wie groß ist die Insel deiner Meinung nach?“ fragte Don Juan de Alcazar, der sich inzwischen ebenfalls zu ihnen gesellt hatte, den Seewolf.

      „So groß wie die Insel Man?“ fragte Edwin Carberry, der Profos, mit dröhnender Stimme.

      „Nicht ganz so groß“, erwiderte Hasard. „Ich würde sie eher mit der Insel Wight vergleichen.“

      „Na, das ist ein ganz schöner Brocken“, meinte der Profos.

      „Wir

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