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die Arwenacks beschäftigte, beantwortete sich indes von selbst. McNeil sah sich nämlich kurz in „Huntly’s Corner“ um, ohne die Seewölfe zu bemerken, dann steuerte er zielstrebig auf den Tisch des Grafen von Essex zu. Dort verbeugte er sich so tief, daß er beinahe mit der Stirn die Tischplatte berührte und blickte den Höfling fragend an.

      Seine Lordschaft lieh ihm huldvoll das rechte Ohr.

      Nachdem McNeil einige Sätze hineingeflüstert hatte, kassierte er einige Münzen, die er sofort in der Hosentasche verschwinden ließ. Dann verbeugte er sich abermals und verließ das Lokal mit raschen Schritten.

      „Da haut’s doch die stärkste Jungfrau um!“ entfuhr es dem Profos. „Dieser tiefäugige Hering wird von dem durchlauchten Pfingstochsen als Zuträger benutzt. Zum Kuckuck – von jetzt an müssen wir in der Tat die Ohren steifhalten. Wenn ich den Burschen noch mal in der Nähe unseres Schiffes sehe, werde ich mich wohl doch ein bißchen um ihn kümmern müssen.“

      Der Kutscher grinste. „Wie wär’s, wenn du die rothaarige Jenny-Rose mit dieser Aufgabe betrauen würdest? Die Lady wird uns den Spitzel bestimmt vom Hals halten, wenn du ein bißchen nett zu ihr bist.“

      Carberry zog eine säuerliche Grimasse. „Mit dieser lieblichen Walküre könnte man zur Not eine ganze Schar Schnapphähne in die Flucht schlagen.“

      Nachdem die Arwenacks ihre Kehlen mit einem weiteren Krug Brandy angefeuchtet hatten, bemühten sie sich, „Huntly’s Corner“ möglichst unauffällig zu verlassen.

      Daß der Graf von Essex ihnen mit zusammengekniffenen Augen nachstarrte, und – nachdem sich die schwere Eichentür hinter ihnen geschlossen hatte – sofort den Wirt herbeiwinkte, bemerkten sie nicht.

      „Bier, Wein oder Brandy? Womit darf ich Ihrer Lordschaft dienen?“ fragte Cyrus Huntly dienstbeflissen.

      Der Graf schüttelte unwillig den Kopf.

      „Mein Becher ist noch gefüllt“, erwiderte er. „Aber sage mir eins, Wirt – gehören die Männer, die eben die Schenke verließen, nicht zur Mannschaft des Kapitäns Killigrew?“

      Huntly nickte eifrig. „Jawohl, Mylord, sie gehören alle dazu.“

      „Interessant.“ Über das Gesicht des Grafen huschte ein nichtssagendes Lächeln. „Und sind diese – diese Seewölfe, wie man die Gentlemen zu nennen pflegt, des öfteren zu Gast in deiner Schenke?“

      „Bisher leider nicht, Mylord“, erwiderte Huntly. „Es war heute das erste Mal, daß ich die Ehre hatte.“

      „Aha.“ Der Graf betrachtete das Gespräch als beendet und gab dem Wirt mit einer entsprechenden Geste zu verstehen, daß er verschwinden möge. Sir Geoffrey Danton, einer seiner Tischgenossen, hob ihm seinen Becher entgegen.

      „Cheerio!“ rief er. „Trinken wir auf das Wohl der Königin.“

      „Und auf den Mißerfolg aller Verräter“, fügte der Graf hinzu.

      Nachdem die Becher geleert waren, sah Sir Geoffry den Grafen augenzwinkernd an.

      „Dachten Sie bei Ihrem Trinkspruch an eine ganz bestimmte Person, Mylord?“

      „Ich pflege immer erst zu denken, bevor ich rede“, erwiderte Devereux schnippisch. „Und da Ihnen die Neugierde buchstäblich ins Gesicht geschrieben ist, Sir Geoffrey, möchte ich das Kind ganz offen beim Namen nennen. Ja, ich dachte an diesen Killigrew. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß er kein ehrliches Spiel mit Ihrer Majestät treibt. Dieser Mann ist ein Blender. Er blendet die Augen der Königin mit einem Teil der Schätze, die er den Spaniern abgejagt hat. In Wirklichkeit aber verfolgt er ganz andere Ziele – Ziele, die England zum Schaden gereichen werden.“

      „Das sind harte Worte, Mylord“, sagte Sir Geoffrey, „vor allem in bezug auf einen Mann, der bei Ihrer Majestät hoch in Gunst steht.“

      Der noch recht jugendlich wirkende Sir Geoffrey Danton gehörte zu jenen Hitzköpfen, die der Graf im Juni des Jahres 1596 nach dem Sieg der englischen Flotte über Cadiz zu Rittern geschlagen hatte, und zwar ohne Wissen und Einwilligung der Königin. Seitdem gehörte er zum engeren Freundeskreis des Höflings und war diesem bis hin zur Kumpanei ergeben.

      Der Graf leerte den inzwischen nachgefüllten Becher in einem Zuge.

      „Meine Worte mögen sich zwar hart anhören“, sagte er mit finsterem Gesicht, „aber ich werde ihre Berechtigung zu gegebener Zeit beweisen. Falls nötig, werdet ihr mir dabei behilflich sein, Freunde.“

      „Das ist Ehrensache, Mylord“, versicherte Sir Geoffry, und auch die anderen Kumpane am Tisch brachten sofort ihre Zustimmung zum Ausdruck – teilweise von einem hämischen Grinsen begleitet.

      Im stillen waren sich alle darüber im klaren, daß der Graf wieder einmal von seiner Eifersucht geplagt wurde. Er sah in Sir Philip Hasard Killigrew, der vor Jahren von der Königin persönlich zum Ritter geschlagen worden war, einen gefährlichen Nebenbuhler. Bisher hatte er es noch immer verstanden, vermeintliche Konkurrenzen auszustechen. An geeigneten Mitteln hatte es ihm noch nie gefehlt.

      Der Graf ließ die Becher nachfüllen.

      „Morgen – gleich morgen werde ich mit Ihrer Majestät ein ernstes Wort in dieser Angelegenheit reden“, fuhr er fort. „Und ich hoffe sehr, daß ich diesmal nicht wieder auf taube Ohren stoße.“

      „Und wenn doch?“ fragte Sir Geoffrey, der die Abneigung der Königin gegen jede Art von Hofklatsch kannte.

      Das Gesicht des Grafen verfinsterte sich noch mehr, ja, seine Augen funkelten jetzt wütend.

      „Dann werden wir zu Taten schreiten und mit allen Mitteln dafür kämpfen, daß dieser Bastard namens Killigrew samt seinen Kumpanen dort landet, wo er hingehört – im Tower.“

      „Das ist eine klare Kampfansage, Mylord“, erklärte Sir Geoffrey.

      „So ist es, Freunde“, bekräftigte der Graf. „Wenn Worte nichts mehr bewirken, bleiben nur noch die Taten. Aber wie gesagt – ich bin ein Mann der Vernunft. Deshalb werde ich noch einen letzten Versuch wagen und die Königin vor den Machenschaften Killigrews warnen.“

      Seine Lordschaft hatte sich in Rage geredet. Mit einem herrischen Wink zitierte er den Wirt herbei und befahl diesem, gleich mehrere Krüge der verschiedensten Getränke herbeizuschaffen. Danach riß er seinen kostbaren Dolch aus der Lederscheide und rammte die Spitze wütend in das Holz der Tischplatte.

      „Weg mit allen Rebellen und Verrätern!“ rief er mit schwerer Zunge. „Es lebe die Königin!“

      „Es lebe die Königin!“ tönte es pflichtschuldigst aus den heiseren Kehlen seiner Saufkumpane.

      Auch sie griffen nach ihren Bechern und erhoben sich.

      Der Umtrunk, zu dem Robert Devereux, der Graf von Essex, geladen hatte, fing jetzt erst richtig an. Bier, Brandy und Wein flossen in Strömen, und die Wirtin, die inzwischen einige Helferinnen in der Küche beschäftigte, hatte alle Hände voll zu tun.

      Der hitzköpfige Graf verstand es in der Tat, zu feiern – besonders wenn es galt, Kumpane für seine hinterhältigen Pläne zu gewinnen.

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