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rote Haar aus der Stirn.

      „Quer durchs Dickicht sind sie bestimmt nicht gegangen“, stellte er fest. „Das ist die reine Hölle!“

      Hasard zuckte mit den Schultern. Jetzt, da die Sonne fast im Zenit stand, schien jenseits des Palmengürtels tatsächlich die Luft zu kochen. War das am frühen Morgen, als der Sturm abflaute, auch schon so gewesen?

      Hasard nahm an, daß Dan und Batuti versucht hatten, auf einen der Felsenkegel zu klettern, um sich einen Überblick zu verschaffen. Aber vielleicht gab es von der Welt- oder Ostseite her einen anderen Weg, der nicht durch das Dickicht führte.

      „Versuchen wir’s doch durch die Klippen da drüben“, schlug Pete Ballie vor. „Ich habe da eine Art Hohlweg gesehen. Und weiter oben wird der Wald dann sicher lichter.“

      Auch er erinnerte sich an den Einschnitt im Gelände, an dem sie vorbeigesegelt waren. Ein paar Minuten später hatten sie ihn wiedergefunden: eine schmale, ansteigende Schlucht, eine Art Klamm, die zwischen den roten Felsen aufwärts führte. Hasard ging voran. Ferris Tucker, Matt Davies, Gary Andrews, Smoky und Pete Ballie folgten ihm dichtauf.

      Das Rauschen der Brandung drang nur noch schwach zu ihnen, ab und zu unterbrachen die kreischenden Schreie der Seevögel die Stille. Einmal glaubte Hasard, über sich in den Felsen ein Geräusch zu hören, ein leises Scharren, aber er war seiner Sache nicht sicher.

      „Scheißhitze“, knurrte Ferris Tukker nach ein paar Minuten.

      „Die Steine werfen die Hitze zurück.“ Pete Ballie grinste und berührte flüchtig mit seiner mächtigen Pranke die Felswand. „Ohne Stiefel würden wir uns glatt die Füße verbrennen. Ich wette, der Kutscher könnte hier Eier braten oder …“

      „Vorsicht!“ schrie Hasard in derselben Sekunde.

      Er hatte die Bewegung schräg über sich gesehen. Hochschnellende Schatten, Steine, die durch die Luft flogen. Mit einem Satz warf sich der Seewolf zur Seite, riß Ferris Tucker mit, aber die anderen schafften es nicht mehr, schnell genug auszuweichen.

      Ein Steinhagel prasselte in die Schlucht hinunter.

      Matt Daviel brüllte auf, als ihm einer der Brocken ins Kreuz krachte. Smoky wurde am Kopf getroffen, warf die Arme hoch und klappte lautlos zusammen. Hasard rollte herum und griff nach der sächsischen Reiterpistole in seinem Gürtel. Neben ihm schnellte Ferris Tucker hoch. Seine Faust schloß sich um den Stiel der riesigen Zimmermannsaxt. Im nächsten Augenblick wurde es auch auf der anderen Seite der Schlucht lebendig.

      Diesmal reagierte selbst der Seewolf nicht schnell genug.

      Er sah Ferris stürzen, fühlte einen mörderischen Schlag an der Schulter und fiel nach vorn. Instiniktiv riß er beide Arme hoch, um seinen Kopf zu schützen. Ein paar Sekunden hatte er das Gefühl, daß die halbe Insel über ihm zusammenstürzte, dann hörte er das wilde Triumpfgeschrei der unbekannten Angreifer.

      Von beiden Seiten kletterten sie über die Felsen, mindestens ein Dutzend Männer.

      Die Seewölfe waren zu sechst. Normalerweise hätten sie es spielend mit der doppelten Anzahl von Gegnern aufgenommen. Aber jetzt lagen Ferris Tucker, Matt Davies und Smoky bewußtlos am Boden, Gary Andrews versuchte vergeblich, sich aufzurappeln, Hasard war zumute, als habe er sich jeden Knochen im Leib gebrochen – er wußte verdammt genau, daß es aus dieser Falle keine Flucht mehr gab.

      Es war ohnmächtige Wut, die ihn den erstbesten der Kerle anspringen ließ wie ein Tiger.

      Der Bursche schwang einen Säbel in der Faust, aber ehe er ihn auch nur hochreißen konnte, war der schwarzhaarige Hüne mit den eisblauen Augen schon dicht bei ihm und schmetterte ihm eine stahlharte Faust an den Kiefer. Der Säbelschwinger kippte stumm um. Hasard hatte die Pistole fallen lassen, weil er nicht wollte, daß seine Männer zusammengeschossen wurden. Er wirbelte herum und griff zum Degen, doch im selben Augenblick drangen vier, fünf Angreifer gleichzeitig auf ihn ein.

      Er schaffte es, einen der Kerle zu packen und so herumzuschleudern, daß zwei weitere umgesäbelt wurden. Gegen den dritten, der sich von hinten mit einem Holzknüppel anschlich, war kein Kraut gewachsen. Hasards harter Schädel überstand den Hieb, doch er konnte nicht verhindern, daß er nach vorn fiel. Zum zweitenmal traf ihn der Knüppel, diesmal in den Rücken – und dann schlugen die Kerle wie eine Woge über ihm zusammen.

      Er war der einzige, der noch kämpfte.

      Aber gegen die Übermacht von zwölf Männern konnte selbst ein Seewolf nichts ausrichten. Er ging mit fliegenden Fahnen unter – und es dauerte immerhin noch fünf Minuten, bis es den Kerlen endlich gelang, ihn bewußtlos zu schlagen.

      8.

      „O verdammt, verdammt!“ fluchte Ed Carberry. „Der Teufel soll mich lotweise holen, wenn da nicht eine Schweinerei passiert ist. Nicht einmal der lahmste Kombüsenhengst braucht drei Stunden, um dieses vom Leibhaftigen im Suff ins Meer geschissene Eiland abzusuchen!“

      „Was heißt hier der lahmste Kombüsenhengst?“ empörte sich der Kutscher. „Ich möchte dich verfressenen Steinzeitmenschen mal sehen, wenn ich nicht in meiner Kombüse …“

      „Halt’s Maul, oder ich vergesse mich und setze dich mit deinem verdammten Affenarsch in die Bratpfanne. Hasard und die anderen müßten längst zurück sein, kapierst du Esel das nicht?“

      „Natürlich kapiere ich das“, sagte der Kutscher mit Würde. „Aber ich kapiere nicht, warum du hier herumbrüllst, statt etwas zu unternehmen. Wir haben doch Boote genug – oder?“

      Für einen Moment war Ed Carberry sprachlos.

      Ben Brighton, der neben ihm am Schanzkleid stand, lächelte leicht. Es war ein flüchtiges Lächeln, das sofort wieder verschwand. Auch der Bootsmann und erste Offizier der „Isabella“ sorgte sich. Genau wie Big Old Shane, der ehemalige Schmied von Arwenack, der unruhig an seinem wirren grauen Bart zupfte, und Old Donegal Daniel O’Flynn, in dessen verwittertem Gesicht es arbeitete.

      „Klar zur Wende!“ krächzte der Papagei Sir John, dem es nicht gefiel, daß alle so still waren.

      „Halt den Schnabel, du Geier!“ fauchte der Profos aufgebracht. Und mit einem tiefen Atemzug: „Wir müssen wirklich etwas unternehmen. Ich schlage vor, wir stellen einen Suchtrupp zusammen. Jeff, Sam, Blacky, Bob, Luke und ich.“

      Ben Brighton nickte. „Einverstanden! Aber seid vorsichtig, damit ihr nicht auch noch verschwindet.“

      „Ha! Der alte Carberry verschwindet nicht, darauf kannst du einen Fliegenpilz frühstücken. Und wenn auf der verdammten Insel sämtliche Wassermänner der sieben Meere spuken!“

      „W-w-wassermänner?“ stotterte Blacky, leicht blaß um die Nase.

      „Klar doch“, verkündete Old O’Flynn dumpf. „Hast du noch nie davon gehört, daß die hier in der Lagune lauern, um unvorsichtige Seeleute in die Tiefe zu ziehen? Ist doch klar, daß es nicht mit rechten Dingen zugeht, wenn auf so ’ner Insel einfach jemand verschwindet, oder?“

      Blacky schluckte, begriff dann, daß er aufgezogen wurde, und schoß dem grinsenden Alten einen giftigen Blick zu. Ed Carberry stemmte die Fäuste in die Hüften.

      „Wenn wir einem Wassermann begegnen, werden wir ihn am Schwanz ziehen“, versprach er. „Und jetzt Tempo, ihr lahmen Decksaffen! Glaubt ihr, heute sei Weihnachten, was, wie? Bewegt euch! Beiboot abfieren, aber ein bißchen flott, sonst mach ich euch Feuer unterm Hemd, ihr schlafmützigen, von einer Seekuh im Suff gezeugten Mondkälber!“

      Ed Carberry fluchte noch, als die Männer das Beiboot längst im Rekordtempo aufs Wasser gebracht hatten. Sie enterten über die Jakobsleiter ab, nicht ohne sich vorher mit Waffen und Munition versorgt zu haben. Ed Carberry hatte sich zur Abwechslung Batutis fürchterlichen Morgenstern an den Gürtel gehängt. Und die Art, wie er sein Rammkinn vorschob und mit den Zähnen mahlte, verriet deutlich, daß er entschlossen war, das Ding notfalls dem Teufel persönlich um die Ohren zu hauen.

      Das

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