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Pellew, der gerade den Kopf aus dem Kombüsenschott streckte und sein gewohnt griesgrämige Gesicht aufgesetzt hatte, nickte beifällig.

      „Man sollte diesen Burschen beim Backen und Banken die Mucks mit ihrem Steinkram füllen, damit sie sich die letzten faulen Zähne daran ausbeißen!“

      Auch die übrigen Männer der Seewölfe-Crew waren nicht eben begeistert über das Auftauchen der fünf Galeeren. Aber sie hatten sich längst daran gewöhnt, daß die Polen ständig auf Patrouille waren, um rigoros jeden Segler nach „geschmuggeltem“ Bernstein zu durchsuchen.

      Der Seewolf und sein Vetter, Arne von Manteuffel, hatten sich aus diesem Grund mit den Polen angelegt und sich dadurch deren besondere Aufmerksamkeit erworben – nicht zuletzt deshalb, weil sie ihren Generalkapitän Witold Woyda und dessen ehemaliges Flaggschiff mit sich führten – ersteren als Gefangenen und das Schiff als Schadenersatz für die versenkte alte „Wappen von Kolberg“.

      Der Generalkapitän, der sich in der Vorpiek der „Isabella“ befand, hatte sich schon mehrmals mit Erfolg als Geisel verwenden lassen, dennoch gaben die Polen, wie die bisherigen Ereignisse gezeigt hatten, nicht auf. Sie wollten Woyda zurück, außerdem dessen Flaggschiff sowie die zwölf Kisten mit Bernsteinen und zwei Kisten mit Halbedelsteinen.

      Da die „Wappen von Kolberg“ noch immer den Entführer der Freiin von Lankwitz, nämlich den gerissenen Hugo von Saxingen als Gefangenen an Bord hatte, war Witold Woyda auf der „Isabella“ untergebracht worden. Seine Schätze hatte man jedoch auf seinem ehemaligen Flaggschiff belassen.

      Arne von Manteuffel fühlte sich fast ein wenig peinlich berührt. Er konnte schon gar nicht mehr zusammenzählen, was sein Vetter alles für ihn getan hatte – und das stets selbstlos und ohne zu zögern. Und seine Crew war genauso. Mein Gott, dachte Arne, was sind das nur für Kerle! Schon jetzt stand für ihn fest, daß er ihnen die vierzehn Kisten, die er an Bord hatte, überlassen würde. Das war seiner Meinung nach das Mindeste an Dank, den er Hasard und seinen Mannen schuldig war.

      Bei den Seewölfen war die gesamte Crew bereits wieder klar zum Gefecht, schließlich wollte auch der Fünferverband der Polen in „alter Freundschaft“ empfangen werden.

      „Das gibt bösen Stunk“, prophezeite Old Donegal. „Das sind immerhin fünf Schiffe.“

      „Du merkst aber auch alles, Donegal“, sagte Ferris Tucker und kniff dabei ein Auge zu. „Haben dir die Wassermänner oder Seejungfrauen wieder was zugeflüstert?“

      Der Alte reagierte bissig.

      „Willst du vielleicht deinen Spott mit feststehenden Tatsachen treiben, du Holzwurm?“ schimpfte er. „Achte lieber darauf, daß du genug Flaschenbomben bereit hast, um sie den Kerlen anzubieten!“

      „Dann laß sie nur erst mal näher heran, Donegal“, sagte der Schiffszimmermann grinsend. „Ich bin ja schließlich keine Hexe, die auf einem Besen durch die Luft reiten kann, um genau über den niedlichen Schiffchen die Flaschen fallen zu lassen.“

      „Manchmal würde dir ein lodernder Scheiterhaufen unter dem Hintern auch nicht schaden“, sagte Old Donegal fuchtig. Dann stelzte er auf seinem Holzbein zum Niedergang, der von der Kuhl zum Quarterdeck führte.

      Hasard stand neben Ben Brighton am Schanzkleid des Achterdecks. Die Gefechtsbereitschaft hatte er wohlweislich gar nicht erst aufheben lassen, seit Al Conroy die Galeere zu den Fischen geschickt hatte.

      „Das scheint heute ein arbeitsreicher Tag für uns zu werden“, sagte er. „Die Burschen lassen jedenfalls nicht locker. Wie es aussieht, werden wir uns noch ein bißchen mit ihnen beschäftigen müssen.“

      Ben grinste.

      „Dabei haben wir immer gedacht, die Ostsee sei nur ein kleiner Ententeich, oder wie Mister Carberry meinte, eine Pißrinne für Kakerlaken. Bis jetzt hat uns dieser Teil der Welt, wie ich immer wieder feststellen muß, ganz schön in Trab gehalten.“

      Hasard nickte und begann Arwenack, dem Bordschimpansen, der aufs Achterdeck geentert war, den Kopf zu kraulen. Dann gab er dem Affen einen freundschaftlichen Klaps.

      „Verschwinde, Arwenack, hier gibt’s gleich Ärger!“

      Der Schimpanse keckerte, als habe er den gutgemeinten Ratschlag verstanden und trollte sich in Richtung Quarterdeck.

      Hasard setzte den Kieker ans Auge.

      „Die kriegen wir so schnell nicht mehr los“, sagte er. „Soviel ich erkennen kann, wimmelt es auch auf diesen Galeeren von Soldaten.“

      Der Abstand zwischen der „Isabella“ und dem polnischen Verband verringerte sich rasch. Die Polen schienen sich den beiden Galeonen haushoch überlegen zu fühlen. Während die vorderste Galeere vorwitzig versuchte, mit erhöhtem Riemenschlag zum Jagdschuß auf die „Isabella“ aufzulaufen, drehte die letzte Galeere der Fünfergruppe ab, um die Überlebenden der beiden gesunkenen Schiffe aufzusammeln, die immer noch im Wasser strampelten oder sich an treibenden Holzstücken festklammerten.

      Mittlerweile war deutlich zu erkennen, wie Soldaten an den Bugkanonen der Galeere herumhantierten.

      Da die schweren Geschütze der „Isabella“, die Siebzehn- und Fünfundzwanzigpfünder, im Hinblick auf das achteraus schräg auflaufende Schiff nicht einsetzbar waren, versuchte sich Al Conroy auf das Geheiß des Seewolfs hin erneut an einer Drehbasse, diesmal jedoch am Heck.

      „Sei nicht enttäuscht, Al, wenn du den Kahn nicht gleich wieder mit einem einzigen Schuß versenkst“, sagte Hasard lächelnd. „Wir sind auch zufrieden, wenn du die Kerle von ihren Bugkanonen verjagst.“

      „Worauf du dich verlassen kannst“, erwiderte Al Conroy.

      Sekunden später krachte die Drehbasse an der Steuerbordseite des Hecks los, und in der Tat, die Gegend um die Bugkanonen der pfeilschnell heranschießenden Galeere war im Nu wie leergefegt. Das Splittern und Bersten von Holz war zu hören, irgendwo im Vorschiff mußte die Galeere einen Treffer empfangen haben. Das bewies auch die Reaktion der Polen, die den Schuß mit lauten Gebrüll quittierten. Wie es aussah, würden sie noch eine Weile auf die Gelegenheit zu ihrem geplanten „Fangschuß“ warten müssen.

      Fast gleichzeitig mit Al Conroy traten Big Old Shane und Batuti in Aktion. Seit einer Weile schon hatten sie ihre riesigen Langbogen gespannt, um deren Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. Auch die gefürchteten Brand- und Pulverpfeile lagen griffbereit, mit denen sie eine Distanz von 500 Yards und mehr zu überbrücken vermochten. Beide Männer galten als Meister des Bogenschießens. Was das hieß, sollten die Polen gleich erfahren.

      „Shane, Batuti!“ rief der Seewolf.

      Beide legten die ersten Brandpfeile auf und spannten die Bogen

      Dann ein kurzes Nicken Hasards, und die Geschosse pfiffen durch die Luft. Augenblicke später bohrten sich die Pfeilspitzen in das Holz der vordersten Galeere, die sich so zuversichtlich an die „Isabella“ herangewagt hatte.

      Kaum hatten die ersten Pfeile ihre Ziele gefunden, waren schon die nächsten unterwegs.

      Die Treffer ließen die heranrudernden Polen laut aufbrüllen, zumal ihnen die Pfeile, deren Schäfte mit wohldosierten Pulverladungen gefüllt waren, das Blut in den Adern erstarren ließ. Einige von ihnen glaubten sogar an Teufelsspuk, als die Pfeile nach ihrem Aufprall explodierten und ihr Schiff an allen Ekken in Brand setzten.

      Vor allem die Ruderknechte brachen in Panik aus, als sich die brennenden Pfeile in ihrer unmittelbaren Nähe ins Holz bohrten. Genau das hatten Shane und Batuti beabsichtigt.

      Batuti strahlte, seine perlweißen Zähne blitzten.

      „Den Kerlen wird es warm, wenn Feuerchen unter Ruderbänken brennen!“ rief er in seinem holprigen Englisch. „Wenigstens brauchen Affenärsche nicht wegzufrieren!“ Erneut schnellte ein Pfeil von der Sehne seines Bogens und fuhr zwischen die Ruderknechte.

      Was beabsichtigt war, trat ein. Die Männer sprangen laut schreiend und fluchend von den Ruderbänken hoch und versuchten, sich auf das Hauptdeck der Galeere zu

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