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Mendez und José Farina verfolgten, wie auf dem Kai der Subteniente erschien. Er schien zu überlegen, was er tun solle. Dann fiel sein Blick auf die beiden Soldaten.

      „Mendez und Farina“, sagte er. „Ihr übernehmt als Schaluppenführer unverzüglich zwei Schiffe und lauft zur Reede aus. Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren.“

      Die Soldaten zeigten klar.

      „Welche Besatzung nehmen wir an Bord?“ fragte Mendez.

      „Ihr könnt sie selbst zusammenstellen“, erwiderte der Subteniente.

      „Ja, Señor“, sagte Mendez. „Und der Teniente?“

      „Ich nehme an, daß der Teniente sich zur Zeit in der Residenz des Gouverneurs aufhält“, entgegnete der Subteniente. „Ich werde einen Boten hinschicken.“

      Die Seesoldaten begaben sich kurz darauf an Bord der beiden Wachschaluppen. Mendez und Farina ließen alles zum Ablegen und Auslaufen vorbereiten. Insgeheim fragten sie sich, wie sie auf der Reede wohl der Kapitän der französischen Handelsgaleone begrüßen würde, die dort immer noch vor Anker lag. Der Mann würde inzwischen gewiß vor Wut toben. Aber was sollten sie dagegen unternehmen? Befehl war Befehl, und Dienst war Dienst.

      Der Subteniente trat unterdessen auf dem Kai auf einen anderen Soldaten zu und sagte: „Bove, du gehst sofort zur Residenz des Gouverneurs und erkundigst dich, wo der Teniente ist.“

      Bove, ein stiernackiger Mensch mit rotem, vierschrötigem Gesicht, sah seinen Vorgesetzten ziemlich betroffen an. „Wen soll ich denn fragen, Señor Subteniente?“

      „Den Gouverneur persönlich“, erwiderte der Subteniente.

      „Und wenn er nicht weiß, wo der Teniente ist?“

      „Dann kehrst du wieder hierher zurück und meldest mir das“, erwiderte der Subteniente ziemlich ungehalten. „Los, beweg dich! Lauf gefälligst!“

      Bove setzte sich in Bewegung und verschwand in einer der Gassen. Er fluchte leise vor sich hin. Warum mußte er laufen und durfte sich kein Pferd nehmen? So nah war die Plaza, an der der Residenzpalast stand, nun auch wieder nicht. Wer war er denn? Ein Schnelläufer?

      Nein, dachte Bove aufgebracht, der letzte Dreck. Er hatte keine Lust, in der einsetzenden Wärme wie ein Verrückter durch die Stadt zu rennen. Lieber hätte er noch ein wenig am Hafen herumgelungert, bis um zwölf Uhr die Ablösung erfolgte. Danach hatte er vor, sich ein gutes Mittagsmahl zu genehmigen und einen ordentlichen Schluck Rotwein dazu zu trinken. Bis zur nächsten Wache hatte er dann noch genug Zeit, Juanita, seine Freundin, zu besuchen.

      Aber erst mal scheuchte der Subteniente ihn durch die Gegend. Und wenn der Teniente nicht in der Residenz war und man weiterhin nach ihm suchte, würde die Rennerei kaum ein Ende nehmen. Verdammter Teniente, dachte Bove, zur Hölle mit dir! Daß der Teniente dort inzwischen längst eingetroffen war, konnte er – wie alle anderen – nicht wissen.

      Jean Ribault, Renke Eggens und die anderen Männer an Bord der „Goldenen Henne“ konnten sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. Sie konnten alles genau verfolgen: die Ratlosigkeit und Unsicherheit der Spanier, das Auslaufen der beiden Wachschaluppen und den Einsatz des Boten, der mit zornig gerötetem Gesicht davoneilte.

      „Da“, sagte Ribault. „Der ist bestimmt zur Residenz unterwegs, um nachzusehen, wo der Teniente so lange bleibt.“

      „Na, dann laß sie mal schön suchen“, sagte Renke Eggens. „Irgendwann wird ihnen wohl aufgehen, daß der saubere Teniente nicht mehr unter den Lebenden weilt.“

      Der Teniente war von seinen eigenen Spießgesellen getötet worden – in der vergangenen Nacht, als die Kerle beschlossen hatten, „auf eigene Rechnung“ die französische Galeone zu überfallen und die Beute nicht bei de Escobedo abzuliefern.

      Der Teniente hatte gedroht, sie alle füsilieren zu lassen. Kaum hatte er das ausgesprochen, hatte er prompt ein Messer im Kreuz gehabt. Dann hatte die Bande den Toten in ein Boot verfrachtet und war aufgebrochen, um den „Franzmann“ zu entern.

      Doch sie hatten ihr Ziel nicht erreicht. Jean Ribault und Roger Lutz hatten die Boote heimlich angebohrt. Die Küstenwölfe waren baden gegangen – willkommene Opfer für die Haie, die sich vor dem Küstenufer herumtrieben.

      Mit Genugtuung beobachteten auch Arne von Manteuffel, Jörgen Bruhn und Isabella Fuentes von der Faktorei aus die Vorgänge im Hafen.

      „Das geschieht den Dons recht“, sagte Arne. „Und de Escobedo wird ganz hübsch ins Schwitzen geraten, schätze ich.“

      „Hoffentlich“, sagte Isabella. „Dieser Widerling! Man sollte ihm das Handwerk legen!“ Sie war immer noch entrüstet darüber, wie de Escobedo sie angesehen hatte, als er am Vortag die Faktorei besucht hatte, um Schmiergeld für das Einlaufen der „Goldenen Henne“ zu kassieren. Ein richtiger Lüstling, dieser Mann!

      Er hatte sie sogar unter dem Kinn kitzeln wollen. Mehr noch – er hatte Arne gefragt, ob Isabella nicht als Zofe in der Residenz arbeiten könne. Arne hatte ihn jedoch darauf hingewiesen, daß Isabella gelegentlich an Wahnvorstellungen leide. Daraufhin hatte der sehr ehrenwerte Herr Gouverneur doch lieber auf das Mädchen verzichtet.

      „Bleib ganz ruhig“, sagte Jörgen Bruhn. „Ich glaube, Alonzo de Escobedo bricht sich noch selbst das Genick.“

      „Das wünsche ich ihm von Herzen“, sagte Isabella grimmig.

      Jörgen grinste. „Und wer wird nach ihm Gouverneur?“

      „Das steht in den Sternen“, erwiderte Arne. „Aber eins ist sicher: der ständige Wechsel von Autoritäten bekommt der Kasse des Handelshauses von Manteuffel nicht sonderlich gut.“ Richtig: am Vortag hatte Arne ein Ledersäckchen mit Goldtalern berappen müssen, um den werten Alonzo de Escobedo freundlich zu stimmen. Wenn das so weiterging, überstiegen die „Investitionen“ in den neuen Gouverneur bei weitem das Maß an Kapital, das Arne für den dicken Don Antonio hatte aufwenden müssen.

      Isabella und Jörgen verfolgten von einem der Fenster der Faktorei aus, was weiter am Hafen und insbesondere bei der Wachbehörde passierte. Arne indessen betrat den Hof und gesellte sich zu Jussuf und den Männern der „Goldenen Henne“, die damit beschäftigt waren, transportable Verschläge für die Brieftauben zu zimmern.

      Tom Coogan, der Schiffszimmermann, und Mel Ferrow, der Mann mit dem Haizeichen, sägten die Bretter zurecht und fügten sie entsprechend zusammen. Jussuf brachte mit einem großen Hammer die Nägel an. Einmal hieb er Mel Ferrow um ein Haar auf die Hand.

      „Mann, paß bloß auf“, sagte Mel Ferrow. „Hau dir lieber auf den eigenen Daumen.“

      Jussuf lächelte schwach. „Selbstverständlich, mein Freund. Aber meine kleinen Lieblinge wären zu Tode erschrocken, wenn sie mich schreien hören würden.“

      „Und was ist, wenn sie Mel schreien hören?“ fragte Tom Coogan.

      „Ach, sie kennen ihn ja nicht“, erwiderte Jussuf.

      Damit hatte Jussuf die Lacher wieder einmal auf seiner Seite. Auch Arne konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das war typisch Jussuf: stets zu Späßen aufgelegt. Auch in den kniffligsten und schwierigsten Situationen verlor er seinen Humor nicht.

      „So“, sagte Coogan. „Jetzt zimmern wir noch zwei Käfige zurecht, dann sind wir fertig.“

      „Und bald können wir wieder auslaufen“, fügte Mel Ferrow hinzu. „Es wird auch Zeit, daß wir die Verbindung zwischen der Cherokee-Bucht und hier endlich herstellen. Jussuf, bist du sicher, daß deine Vögelchen die neue Lage kapieren und sich darauf einstellen?“

      Jussuf zeigte sich empört. „Sicher? Ich habe nicht den geringsten Zweifel! Meine Lieblinge haben mehr Grips in ihren Köpfchen als du!“

      „Langsam“, sagte Ferrow mit ziemlich drohender Miene. „Oder gleich gibt’s Zunder!“

      „Streitet euch nicht“, mischte Arne sich ein. „Und

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