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vierte und die fünfte Galeone rauschten am Heckspiegel der „Candia“ vorbei und steuerten auf die „Isabella“ zu. Das Feuer aus leichten Bordgeschützen und Musketen sowie die Brandpfeile, die die kleineren Prahos verließen, konnten diese beiden Schiffe nicht beeinträchtigen. Sie waren noch unversehrt, und ihre Kapitäne hatten nichts von ihren Energien und ihrem Drang, dem Feind jetzt die Hölle heiß zu machen, eingebüßt.

      Die zwei Dreimaster schoben sich zwischen die „Candia“ und die „Isabella“, ehe Hasard ihnen mit einem entsprechenden Manöver zuvorkommen konnte. Plötzlich hatten die Seewölfe alle Hände voll zu tun, den anrückenden Spaniern zu trotzen, denn die Steuerbordbatterie war noch nicht wieder vollständig geladen.

      Ferris Tucker eilte auf Hasards Wink hin an die „Höllenflaschenabschußkanone“ und ließ sofort die erste Explosionsflasche mit einer glimmenden Lunte und hochbrisantem Inhalt zu der vierten Galeone hinüberwirbeln. Shane und Batuti richteten ihr Pfeilfeuer auf diesen Gegner. Big Old Shane entschloß sich, die Pulverpfeile einzusetzen.

      Hasard selbst opferte einen Brandsatz, den er vom Hof des Großen Chan Wan Li mitgebracht hatte. Fauchend stieg das gleißende Feuerbündel vom Achterdeck der „Isabella“ auf und raste auf die fünfte Galeone los.

      Hasard hatte die Distanz richtig kalkuliert. Wie ein Geisterfeuerwerk, eine großartige Lichtermesse zum Mondkuchenfest der Chinesen, tanzte der Zauber über das Oberdeck des feindlichen Dreimasters. Schreie wehten zur „Isabella“ herüber.

      Über Hasards Züge huschte ein grimmiger Ausdruck. Magnesitfeuer und chinesischer Schnee ließen sich nur schwer löschen. Die Besatzung der Galeone hatte vollauf damit zu tun, sich selbst vor den Flammen zu schützen und sich von der Kuhl auf die höhergelegenen Decks zu retten.

      Ins Gefecht konnte sie momentan nicht mehr eingreifen.

      Hasard und seine Crew widmeten sich nun voll und ganz der vierten Galeone, und empfingen sie mit einer halben Steuerbordbreitseite, während unter Carberrys heiserem Gebrüll die restlichen vier Kanonen in Schußposition bugsiert wurden.

      Die erste Galeone des Verbandes hatte inzwischen auch über Stag gedreht, während die zweite brennend nach Süden lief. Der Kapitän der ersten Galeone versuchte, dem wie eine Fackel lodernden fünften Schiff zu Hilfe zu eilen.

      Sotoro hatte diese Entwicklung von seinem Praho aus beobachtet. Jetzt wechselte er den Kurs, und seine Kampfesgenossen in den anderen kleinen Schiffen nahmen die „Candia“ unter Beschuß. Es bedurfte keiner Absprache, keiner Signale, die Malaien wußten auch so, was sie zu tun hatten.

      Do Velho und seine Mannschaft hatten so intensiv mit den Eingeborenen zu tun, daß es dem Tiger von Malakka tatsächlich gelang, in Lee an dem Flaggschiff vorbeizuschnüren.

      Sotoro ging an dem von dem chinesischen Brandsatz getroffenen Dreimaster vorbei und hielt auf die erste Galeone zu, bereit zum Entern. Als ein paar wutentbrannte Gegner der fünften Galeone mit Musketen und Arkebusen auf die „Yaira“ zu schießen trachteten, schwirrten die Pfeile von den Bogensehnen der Freibeuter. Ein wahrer Hagel prasselte auf das Deck der Galeone ein, als die Schiffe einander in geringem Abstand passierten. Die Spanier mußten in Deckung gehen.

      So gelang dem malaiischen Freibeuter der Durchbruch zu der ersten Galeone. Die Seewölfe schlugen sich unterdessen erbittert mit der vierten Galeone herum.

      Hasard gewann in einer Atempause den Ausblick auf die „Candia“. Deutlich sah er die Gestalt des Kommandanten auf dem Achterdeck. Sie erschien ihm bekannt. Er griff zum Spektiv, führte es ans Auge, hatte den Don in voller Lebensgröße in der Optik vor sich – und ein Fluch löste sich von seinen Lippen.

      Der Kerl dort war derjenige, der ihn nördlich von Formosa in eine tödliche Falle hatte locken wollen. Täuschend echt hatte er seine „Sao Fernao“ so hergerichtet gehabt, daß alles nach einem Überfall durch Piraten oder Kopfjäger ausgesehen hatte. Nur knapp waren die Seewölfe diesem gemeinen Hinterhalt entronnen.

      Solcher Tricks bediente sich jener Hundesohn, dessen Namen Hasard immer noch nicht wußte. Und auch heute früh hatte er ja wieder bewiesen, welche Mittel ihm recht waren, den Seewolf gefangenzusetzen und sich möglicherweise die von Philipp II. höchstpersönlich ausgesetzte Belohnung zu verdienen.

      Hasard trieb seine Männer an, die vierte Galeone außer Gefecht zu setzen. Er wollte die „Candia“ endlich erreichen und sich diesen ausgekochten, heimtückischen Portugiesen kaufen.

      Pulverpfeile, Höllenflaschen, Culverinen- und Drehbassenkugeln verwandelten das Heck der vierten Galeone in eine rotwabernde, berstende Hölle. Hasard ließ den Feind nicht zum Zug kommen, er trieb die Spanier von ihren Geschützen weg und schickte sich an, diesen Dreimaster zu versenken.

      Die erste Galeone war angeschlagen, aber sie brannte nicht, und das war in diesem Kampf voll lodernden Feuers schon ein erheblicher Vorteil. Der Kapitän hatte seiner Mannschaft wieder den nötigen Schneid und die Disziplin eingedrillt, die für ein einwandfreies Manövrieren und das Nachladen und Richten der Kanonen nötig waren.

      Bevor sein Schiff jetzt jedoch auf Backbordbug liegend hoch am Wind zu der fünften Galeone gelangte, war die „Yaira“ heran. Geradezu unheimlich schnell versuchte sie sich längsseits der Bordwand des Spaniers zu schieben.

      „Feuer!“ schrie der Kapitän der Kriegsgaleone. Die Steuerbordbatterie des Oberdecks dröhnte, raste aber über den flachen Praho weg und knickte nur dessen Fockmast.

      Die Batterie des Unterdecks entließ ebenfalls ihre verheerende Ladung, doch der Tiger von Malakka ließ sich nicht abschrecken, er warf sich mit seinen Gefährten flach auf Deck, so daß die Eisenkugeln über sie hinwegröhrten. Daß der Großmast der „Yaira“ zu Bruch ging, berührte den Tiger in diesem Augenblick nicht weiter.

      Enterhaken flogen und krallten sich mit ihren Eisendornen in Schanzkleid, Rüsten und Berghölzer der spanischen Galeone. Die „Yaira“ erhielt direkten Kontakt zu dem Feindschiff, als die Malaien an den Tauen der Enterhaken zerrten – und dann enterten die Piraten! Sotoro stürmte allen voran, das Mädchen Yaira und sogar der alte Otonedju waren an seiner Seite.

      Die Freibeuter von Malakka kletterten an der Bordwand des Spaniers hoch, krochen durch die Stückpforten, drangen ins Unterdeck und auf die Kuhl ein. Die fluchenden Gegner verteidigten sich zunächst mit ihren Schußwaffen, konnten auch ein paar Eingeborene niederstrecken, aber zu schnell war die Flut der Leiber heran, zu hurtig blitzten Parang und Kris auf und fochten und stachen den Widerstand nieder.

      Ehe die Spanier richtig begriffen, daß sie diesen Feind erheblich unterschätzt hatten, hatten die Malaien das Schiff bereits in ihren Besitz gebracht.

      Der Kapitän faßte einen verzweifelten Plan. Er focht sich mit seinem Säbel den Weg in die unteren Schiffsräume frei, tötete einen Piraten, der ihm mit gezücktem Krummdolch entgegensprang, und suchte in aller Hast und mit rasendem Herzen die Pulver- und Munitionsdepots der Galeone auf.

      Seine Finger flogen, als er Pulverfässer öffnete und umkippte. Er legte eine Spur aus Pulver bis zum offenen Schott und auf den Gang hinaus, dann schlang er vor Nervosität bebend Feuerstein und Feuerstahl gegeneinander und erzeugte den Funken, der nötig war, um die Hölle zu entfesseln.

      Zischend sprang der Funke in das Pulver.

      Der Kapitän fuhr herum, stürzte fort, einen Niedergang hinauf, dann zum unteren Batteriedeck. Hier schlug ihm kein Widerstand entgegen, denn die Malaien hatten nun allesamt das Oberdeck aufgesucht. Hier unten lagen nur reglose Gestalten neben den Geschützen, die nie wieder ein Mensch bedienen würde.

      Der Kapitän bückte sich und zwängte sich an der Mündung eines 17-Pfünders vorbei durch eine der offenen Stückpforten. Er tat das, was ein Mann seines Ranges nur im äußersten Notfall und als letztes Mitglied einer Schiffsbesatzung tun durfte: er verließ den Segler.

      Mit einem Hechtsprung tauchte er kopfunter in die Fluten, an Backbord, wo der Fluchtweg nicht durch die „Yaira“ versperrt wurde. Mit kräftigen Zügen brachte er sich von dem der Verdammung preisgegebenen Schiff fort, und jeder Zoll, den er an Abstand gewann, vergrößerte die Garantie, daß

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