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stellten sich zum Kampf, ein großer Teil war verletzt oder versuchte noch immer, sich von dem Segel und dem laufenden und stehenden Gut zu befreien.

      Carberry warf den Enterhaken hinüber, als die beiden Bordwände sich berührten, ein zweiter und ein dritter Enterhaken hakten sich hinter dem Schanzkleid fest. Taue wurden belegt und spannten sich straff, als sie die langsamere Karavelle mitzogen.

      Tucker sah sich einem wild aussehenden Kerl gegenüber. Er war dicklich, hatte eine spiegelblanke Glatze und einen wüsten Schnauzbart. Mit einem Morgenstern rückte er auf Tucker zu, schwang ihn hoch über seinen Schädel und zielte nach dem Kopf des rothaarigen Riesen.

      Noch bevor Ferris Tucker mit seiner Axt zuschlagen konnte, jagte Batuti dem Schnauzbart einen Pfeil in die Brust.

      Tucker schnappte sich den nächsten Mann. Der Seewolf säbelte gerade einen mit dem Degen nieder. Dan brüllte „Ar-we-nack“, und das gab anscheinend den Ausschlag, dazu kamen die vier Toten, die blutend an Deck lagen.

      Ein scharfes Kommando ertönte in das Arwenackgebrüll hinein. Entermesser und Pistolen fielen auf Deck. Die Piraten drängten sich auf der Backbordseite ans Schanzkleid und hoben die Arme.

      Der Kampf war zu Ende, noch bevor er richtig begonnen hatte.

      „Wir geben auf“, sagte eine kalte Stimme.

      Vom Achterkastell näherte sich ein Mann in weißen türkischen Hosen, die ihm bis an die Waden reichten. In den Knien lief die Hose sackartig zusammen und gab den notwendigen Gesprächsstoff für Dan und Morgan.

      „Mindestens fünf Pfund“, sagte Dan grinsend.

      „Vor Angst natürlich“, meinte Luke Morgan.

      Der Mann in den türkischen Hosen erkannte den Seewolf auf Anhieb als den Kapitän der Galeone. Sein Oberkörper war muskulös und nackt. Dicke Muskelstränge zogen sich von den Schultern bis zum Hals. Im Hosenbund trug er einen Krummdolch mit reich ziselierter Scheide. Seine Oberlippe zierte ein mächtiger Bart. Seine Augen waren kalt und ausdruckslos auf Hasard gerichtet.

      Hasard betrachtete ihn ebenso kühl und abschätzend. Die blutige Degenspitze wippte leicht vor den Türkenhosen des Mannes hin und her.

      „Es war ein Irrtum“, sagte er in einem so schauderhaften Englisch, daß Hasard das Gesicht verzog. „Wir wollten nicht überfallen Sie, sondern anderes Schiff. Wir nicht kämpfen gegen Sie!“

      Hasard lachte verächtlich.

      „Ihr habt wohl gemerkt, daß ihr an die Falschen geraten seid, was?“

      „Es war ein Irrtum“, beharrte der Pirat. In seinen kalt blickenden Augen glaubte Hasard jedoch Angst zu erkennen, und als er sich umsah und die anderen Gestalten musterte, las er in jedem Gesicht das gleiche: Angst, erbärmliche Angst. Die Treffsicherheit und das harte Entern hatten ihren Mut gebrochen, und die Toten, die es gegeben hatte, nervten die Feiglinge total. Obwohl die Seewölfe noch nicht richtig losgelegt hatten, waren die anderen schon erledigt. Sie wußten, daß sie keine Chance hatten.

      „Was tun wir jetzt mit den Kerlen?“ fragte Ben Brighton, der die Angst in den Gesichtern ebenfalls überdeutlich las. „Sollen wir sie an der nächsten Rah aufhängen, einen nach dem anderen?“

      Das war natürlich nicht ernst gemeint, doch der Anführer der Bande verstand die Worte, und seine Hände hoben sich entsetzt noch höher.

      „Nicht hängen!“ rief er schrill. „Ich bin ein ehrlicher Kaufmann. Ich werde Ihnen geben Seide, Gewürze …“

      Die Seewölfe lachten ungeniert über den ehrlichen Kaufmann, der jetzt verzweifelt versuchte, seine Haut zu retten.

      „Wo hast du denn Seide und die Gewürze, du ehrlicher Kaufmann?“ fragte Hasard. „Einem anderen Schiff abgekauft, was!“

      „Alles an Land, Captain, ich lasse holen.“

      Hasard winkte verächtlich ab. Er sah Tucker an, und wieder erschien das rätselhafte Lächeln auf seinem Gesicht.

      „Sieh dir das Schiff an, Ferris. Gibt es nicht etwas, das wir gebrauchen können?“

      Tucker betrachtete das Deck, das zum größten Teil zu Kleinholz verwandelt war. Er wußte nicht, auf was der Seewolf hinauswollte.

      „Den Mast, Ferris“, erinnerte Hasard, „deshalb habe ich diesen ehrlichen Kaufmann doch kapern lassen. Wir ersparen uns damit eine Menge Arbeit.“

      Der Fockmast stand noch, er war heil und unversehrt, und er würde einen guten Besan für die „Isabella“ abgeben.

      Tucker begann dröhnend zu lachen. Sein mächtiger Körper schüttelte sich, er lachte und lachte.

      „Das habe ich auch noch nie gehört, daß man ein Schiff entert, nur um ihm den Mast zu klauen. Ein Witz ist das, ein Witz!“ schrie er und schlug sich auf die Schenkel.

      Nach und nach fiel die ganze Crew in das Gelächter ein. Die Piraten standen dümmlich daneben und wußten nicht, was sie von der ganzen Sache halten sollten. Die meisten begriffen die englische Sprache ohnehin nicht, und selbst ihr Kapitän konnte mit den paar Worten nicht viel anfangen.

      Er sah die wilde Horde nur lachen, immer lauter, immer schrecklicher, und als das Gelächter kein Ende nahm, wurde er kreidebleich und schluckte hart. Wahrscheinlich lachten sie jetzt darüber, wie sie einen nach dem anderen aufhängen würden, dachte er. Schließlich hätte er es ja selbst so gehalten, wäre er Sieger geblieben.

      Hasard ging ein paar Schritte auf den zurückweichenden Mann zu.

      „An dem Mast da vorn“, sagte er klar und deutlich.

      Sofort kriegte der Kapitän das große Zittern.

      „Nicht an den Mast“, schrie er wild.

      „Laß mich doch ausreden, du ehrlicher Kaufmann“, sagte Hasard. „An dem Mast da vorn hätten wir unsere helle Freude! Kapiert?“

      Ein angstvolles Kopfschütteln war die Antwort. Der Kerl verstand immer noch nicht, was Hasard wollte. Er sah nur immer die Hand, die auf den Fockmast deutete, und das konnte seiner Ansicht nach nichts Gutes bedeuten. Klar, da wollten sie ihn aufhängen, an dem Mast da vorn, und ihre helle Freude hatten sie auch noch daran. Der kalte Angstschweiß brach ihm aus, er wich noch weiter zurück. Längst war jede Härte aus seinen Augen verschwunden. Und als der Seewolf nach ihm griff, schlotterte er an allen Gliedern.

      „Los, Freundchen, jetzt hat der Spaß ein Ende!“ fuhr Hasard ihn an. „Ihr werdet jetzt den Fockmast abbauen und zwar so, daß er nicht beschädigt wird. Hast du das verstanden?“

      „Nicht hängen, Captain?“ wimmerte der Mann.

      „Nein, verdammt, wir brauchen euren Mast! Und ihr Rübenschweine werdet jetzt alle an die Arbeit gehen, sonst lasse ich euch wirklich noch hängen!“

      Zwei Augen starrten Hasard an, die nichts mehr begriffen.

      „Ihr nur wollen unseren Mast?“ fragte er gebrochen. Das würde er nie überwinden. Er, der andere überfiel, ausplünderte und ermorden ließ, war jetzt selbst das Opfer. Ein lächerliches Opfer. Sie schossen sein Schiff zusammen, schlugen ein paar Leute tot und klauten ihm den Fockmast. Mehr wollten sie nicht! Nur den Fockmast! Deshalb hatten sie ihn in Grund und Boden geschossen. Diese Schmach würde er sein ganzes Leben lang nicht verwinden.

      „Den Mast“, ächzte er. „Nur den Mast!“

      „Na los, gib deinen Leuten endlich den Befehl, mit der Arbeit zu beginnen“, brüllte der Profos. „Oder muß ich dir Rübenschwein erst die Haut in Streifen von deinem Affenarsch ziehen?“

      Des Profos’ Lieblingsspruch, über den die Crew nur noch grinsen konnte und der bei ihnen keine Wirkung mehr zeigte, kam hier ganz anders an, als Carberry sich das vorgestellt hatte.

      Dieser Piratenknüppel nahm alles für bare Münze, was die Männer sagten. Und was seinen Affenarsch betraf …

      Entsetzt hielt er sich mit zwei Händen den Hintern

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