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Löli nur von uns wollen?“

      „Was heißt das denn schon wieder?“

      „So nennt man in Dänemark die Dorftrottel, Sir“, erklärte Ed.

      „Du scheinst über die Ostsee einiges gelernt zu haben. Wir werden ja sehen, was er will, bestimmt nichts Gutes. Wenn wir Glück haben, kassiert er nur einen Teil unseres Proviants. Aber auf soviel Glück hoffe ich nicht einmal im Traum.“

      Die Segelmanöver waren beendet, die „Isabella“ in den Wind gedreht. Die „Goliath“ war diesem Manöver gefolgt wie ein Fuchs der Gans, mißtrauisch, aber trotzdem schnell.

      „Übrigens“, sagte Hasard zu Ed, „deinen sogenannten Löli kannst du vergessen, der Kerl ist alles andere als ein Trottel. Das ist ein kalter, berechnender und arroganter Menschenschinder. Das zeigt sein Gesicht in aller Deutlichkeit.“

      „Ja, so sieht er aus. Die anderen Kerle auf dem Achterdeck scheinen auch nicht besser zu sein.“

      Hasard überprüfte noch einmal seine Ledermappe, die Geheimorder und Kaperbrief enthielt. Ben Brighton übernahm während seiner Abwesenheit das Kommando über die „Isabella“.

      Ferris Tucker enterte mit hochrotem Schädel ab. Auch er ärgerte sich über den rüden Umgangston des Earls und seiner Offiziere und überlegte krampfhaft, was sie wohl zu tun beabsichtigten. Gleich darauf folgte auch der Profos mit kantig vorgeschobenem Rammkinn und einem Blick, der absolut nichts Gutes verhieß.

      Auf der Kuhl enterte auch der Seewolf ab, stieg über die Stufen, die dicht am Quarterdeck außenbords führten, und setzte sich in das Boot.

      „Wird schon schiefgehen“, murmelte er in die besorgten Gesichter, die sich über das Schanzkleid beugten. „Aber keine Unbesonnenheiten bitte! Vielleicht ist alles ganz harmlos.“

      Daran glaubte er jedoch selbst nicht, als er einen Blick auf die Kriegsgaleone warf, der sie nun entgegenpullten.

      „Die fahren unterbemannt“, stellte er nach einem kurzen Blick fest. „Für die Größe des Schiffes sind es zu wenige Leute. Wahrscheinlich haben sie bei einem Gefecht Verluste erlitten.“

      Drüben wurde ein Jakobsleiter abgefiert. Neben ihr stand ein junger hochmütig blickender Kerl, der sie gar nicht zu sehen schien. Sein Blick war stur über das Wasser auf die „Isabella“ gerichtet. Auf dem Achterdeck standen die Offiziere immer noch wie hölzerne Marionetten herum, die Arme auf dem Rücken verschränkt, als seien sie erstarrt.

      Aus der Nähe sah das Schiff nicht mehr so neu aus. Da gab es mehrfach geflickte Planken, da hatte auch das Schanzkleid der Kuhl anscheinend unliebsame Bekanntschaft mit einer Kanonenkugel geschlossen. Der Großmast war rissig, auf die Segel waren grobe Flicken genäht, und dicht unter der Wasserlinie war Muschelbewuchs zu erkennen. Ganze Bärte von Tang hatten sich da angesiedelt und wurden mitgeschleppt.

      „Bleibt an der Bordwand liegen“, sagte Hasard, als das Boot längsseits schor und von Ferris an der Leiter vertäut wurde.

      „Aye, aye, Sir“, sagten alle beide. Ihre Stimmen klangen irgendwie heiser.

      Weiß der Teufel, was uns wieder einmal bevorsteht, dachte Hasard, als er aufenterte.

      2.

      Es gab keine Begrüßung, wie sie sonst unter Landsleuten üblich war. Der Empfang durch den jungen Stiesel war kalt und arrogant. Vermutlich gehörte er auch der durchlauchten Clique an.

      Hasard bemerkte aber auch noch etwas anderes. Das Schiff befand sich in keinem guten Zustand, die Mängel, die es aufwies, traten aus der Nähe kraß und deutlich hervor, und über allem lag ein merkwürdiger muffiger Geruch nach ungelüfteten Räumen.

      Die Gesichter der Mannschaft gaben ihm allerdings noch mehr zu denken. Da war nichts Fröhliches in diesen Gesichtern, da stand unterdrückter Haß darin, Haß und Wut auf die Schiffsführung, die das niedere Decksvolk erbarmungslos knechtete. Die Atmosphäre dieses Schiffes war vergiftet. Hier schlichen selbst die Kakerlaken mit einem biestigen Grinsen herum. Hier herrschten Verdrossenheit und Unmut, es sah fast so aus, als wäre jeder einzelne dieser Männer ein heimlicher Rebell.

      Das einzige Zeichen von Gemütsbewegung, das der Seewolf feststellen konnte, war eine gewisse angebrachte Neugier. Augen sahen ihm nach, Augen, in denen gleich wieder Angst erschien, als hätten sie durch diesen heimlichen Blick schon zuviel verraten.

      Der in Navy-Uniform gekleidete Schnösel, er war höchstens sechzehn Jahre alt, hielt es nicht für nötig, Hasard wenigstens formell zu begrüßen, und so übersah Hasard den Kerl einfach, durchquerte die Kuhl und betrat mit finsteren Blicken das Achterdeck.

      Dort war die Atmosphäre noch frostiger, fast schon peinlich. Fünf Männer hielten sich dort auf, der Earl, drei Offiziere und noch ein weiterer Uniformierter, den Hasard dem Rang nach nicht einordnen konnte. Möglicherweise war er der Quartermaster.

      Der Earl selbst trug eine lange blaue Jacke mit silbernen Knöpfen. Hosen von derselben Farbe endeten unterhalb des Knies und gingen in weiße Strümpfe über, die wiederum in kostbaren Schnallenschuhen endeten.

      An der Seite trug er einen Degen, auf dessen Knauf er leicht die Hand legte.

      Auch das Gesicht des ehrenwerten Grafen von Cumberland prägte Hasard sich genau ein.

      Er sah in kalte, herablassend wirkende Augen. Die Wangenknochen des Earls hoben sich scharf aus dem Gesicht ab, auf dem überpuderter bläulicher Bartschatten zu erkennen war. Der Mund war schmal und verkniffen, das Kinn leicht eckig, die Nase hart und gerade. In diesem Gesicht stand der Schimmer von Boshaftigkeit geschrieben. Es drückte gleichzeitig Verachtung gegenüber allem aus, was nicht von gleichem Rang und Stand war.

      Ein typischer Blaublütiger, dachte Hasard, der für seine Mitmenschen nur Verachtung empfindet, sich selbst aber in die Nähe eines Gottes erhebt.

      Hier mußte gehorcht werden, hier gab es beim geringsten Anlaß die Neunschwänzige, und deshalb hatten sich Haß und Angst, Ärger und Verdruß in die Gesichter der Mannschaft gegraben.

      Dafür war der Hochmut in den Gesichtern der Achterdecks-Clique um so deutlicher und ausgeprägter.

      Immerhin ließ der Earl sich herab, selbst zu sprechen, nachdem er den Seewolf gemustert hatte – auch mit jener Verächtlichkeit, die deutlich aussagte, daß hier ein kleiner Kapitän einem adligen Herrn gegenüberstand.

      Hasard lief bei dieser Musterung schon die Galle über, denn auch die anderen Kerle hatten diese überlegene Arroganz an sich. Allerdings stellte er fest, daß sie mit ihm nicht so richtig klarkamen, das bewiesen ihre heimlichen Blicke, mit denen sie ihn taxierten. Sie sahen einen riesig gebauten, breitschultrigen und schwarzhaarigen Mann vor sich, der unbewußt Autorität ausstrahlte und so wirkte, als könnte niemand seinen Willen beugen.

      Der Seewolf ermahnte sich selbst zur Ruhe, denn am liebsten hätte er hier auf dem Achterdeck gleich einmal aufgeräumt und den Kerlen gezeigt, woher der Wind wehte. Verdammt, er stand schließlich auch in königlichen Diensten und bildete sich nichts darauf ein, im Gegensatz zu dieser muffigen Adels-Clique.

      „Gut, daß Sie den Befehl befolgt haben“, sagte der Earl. Seine Stimme klang fast gleichgültig, aber herablassend, weil er sich seiner Macht anscheinend absolut sicher war.

      „Mir blieb nichts anderes übrig, denn es sieht so aus, als würden Sie bedenkenlos das Feuer auf unschuldige Männer eröffnen lassen, dabei in Kauf nehmend, daß einige von ihnen getötet werden.“

      „In der Tat“, sagte der Earl kalt und verletzend. „Mein Rang als Kommandant gibt mir das Recht dazu, von dem ich selbstverständlich Gebrauch gemacht hätte.“

      Schon für diese menschenverachtende und hochnäsige Art hätte Hasard ihm am liebsten eine gepfeffert. Sein Gesicht wurde noch kantiger und härter, in seinen eisblauen Augen erschien kalte Wut.

      „Wir hatten durch widrige Umstände Verluste unter dem gewöhnlichen Schiffsvolk“, erklärte der

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