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einen schrägen Hang hoch und tauchte zwischen dicken Quadern unter. Er rechnete sich bereits eine Chance aus, doch noch zu entweichen, doch jetzt waren die Hunde heran. Er hörte ihr Hecheln und Schnaufen, das Knurren und heisere Bellen hinter seinem Rücken, und das Grauen drohte ihn zu lähmen. Er hastete weiter, stolperte jedoch über einen flachen Stein und stürzte auf ein Geröllfeld.

      Die Bestie war plötzlich über ihm und schnappte nach seiner Kehle. Cochuba wußte, daß es Philipp war, der schrecklichste unter den Hunden, der Rüde, der mehr Menschen durch seine Bisse getötet hatte als alle anderen.

      Cochuba drehte sich auf den Rücken und packte Philipps Kehle. Er drückte mit aller Kraft, aber Philipp war wendig und stark. Er riß sich los. Sein heißer Atem traf Cochubas Gesicht. Die Zähne waren wie schwere, schnappende Zangen, und sie packten gnadenlos zu.

      Luis Carrero blieb stehen, als er den gellenden Schrei vernahm, der durch die Nacht tönte. Er ließ die Peitsche sinken und wandte sich zu seinen Männern um.

      „Das war’s mal wieder“, sägte er und grinste. „Auf Philipp ist Verlaß.“ Seine Mundwinkel sanken wieder herunter. „Aber nicht auf euch. Ihr habt weniger Verstand im Kopf als der dümmste Hund.“

      „Señor“, sagte einer der Aufseher. „Wir können nichts dafür, daß das passiert ist. Es muß ihm irgendwie gelungen sein, die Kette von dem Pflock zu lösen.“

      „Wer hatte Wache?“ fragte Carrero lauernd.

      „Ich“, antwortete einer der beiden Posten.

      „Nur du allein?“

      „Ich auch, Señor“, erwiderte der zweite Mann.

      „Nähertreten!“

      „Señor“, sagte der erste Posten. „Wir haben es nicht verdient, daß Sie uns bestrafen. Wir haben unsere Pflichten nicht vernachlässigt.“

      „Die Hunde haben alle gepennt“, sagte der andere. „Das habe ich deutlich gesehen. Ich bin doch nicht blind.“

      Carrero tat einen schnellen Schritt auf sie zu und hieb mit der Peitsche zu. Sie zuckten zusammen, duckten sich und hoben die Hände zur Abwehr.

      „Ihr Drecksäcke!“ brüllte er sie an. „Vielleicht seid ihr bald beide blind! Ich sorge dafür!“

      „Nein!“ schrie der eine.

      „Ihr habt nicht aufgepaßt!“

      „Es tut uns leid!“ rief der zweite Mann.

      Carrero drosch noch ein paarmal auf sie ein, dann verharrte er reglos. Sein Atem ging heftig, aber er war innerlich völlig gelassen.

      „So“, sagte er. „Und jetzt entschuldigt euch gebührend für eure Nachlässigkeit, oder ich sperre euch in das schwarze Loch.“

      Das schwarze Loch war eine Erdgrube, in die ein Mann gepfercht wurde, wenn er seinen Dienst vernachlässigt hatte. Es war eine Art Höhle, in der man weder sitzen noch liegen, sondern nur kauern konnte. Bei Tage war es drückend heiß, bei Nacht entsetzlich kalt.

      Carrero hatte diese Folter ersonnen, und nicht nur die Sklaven hatten vor dieser Bestrafung eine Heidenangst, auch seine Kerle, die allesamt nicht gerade als Weichlinge einzustufen waren.

      Die beiden Aufseher sanken auf die Knie und rutschten auf Carrero zu.

      „Bitte, bitte“, jammerten sie. „Nicht ins schwarze Loch, Señor! Bitte verzeihen Sie uns! Gnade!“

      Carrero winkte ihnen gnädig zu. „Das genügt. Ihr könnt aufstehen. Ich verzeihe euch. Aber daß so was nicht noch mal passiert. Das nächstemal seid ihr dran!“

      „Danke“, murmelten sie. Es war ihnen lieber, sich vor ihm zu erniedrigen. Das konnte man hinnehmen. Schließlich wußte jeder, was für ein elender Menschenschinder dieser blonde Hüne war.

      „Señor“, sagte ein anderer Aufseher. „Was sollen wir mit dem geflohenen Kerl tun?“

      „Liegenlassen“, erwiderte Carrero. „Die Hunde haben heute noch nichts gefressen. Sie erledigen das schon. Wenn morgen früh noch was von ihm übrig ist, schüttet Erde drauf.“

      Er wandte sich ab und kehrte zu seiner Behausung zurück. Nicht nur die Blicke seiner Kerle folgten ihm – auch die der Sklaven. Alle waren hellwach und hatten verfolgt, was sich abgespielt hatte. Wäre es auch nur ein paar von ihnen gelungen, sich von den Ketten loszureißen, dann hätten sie sich jetzt auf ihn gestürzt und versucht, ihn mit den bloßen Händen zu töten.

      Aber es gab keine Chance. Sie waren dazu verdammt, weiterhin ihr Los hinzunehmen. Was es einem einbrachte, wenn man floh, hatte sich wieder einmal gezeigt. Cochuba war ein mutiger Mann gewesen. Auch seine Idee, zunächst Carrero zu töten, war richtig gewesen, aber er hatte Carrero unterschätzt. Der Mann war höllisch gefährlich, ständig auf der Hut und durch nichts zu überrumpeln. Solange er in Potosi die Oberaufsicht führte, gab es keine Aussicht auf eine Flucht.

      Luis Carrero betrat das Steinhaus, rammte die Tür hinter sich zu und hob den Stuhl vom Boden auf. Er setzte sich an seinen Tisch, trank noch einen Becher Wein und begann, angestrengt zu überlegen.

      So geht das nicht weiter, dachte er. Es muß etwas geschehen. Ich werde morgen früh mit de Cubillo darüber reden.

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