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bereits in ähnlichen Situationen praktiziert hatten – die einzige Möglichkeit, um das Schiff am Querschlagen zu hindern und vor dem Wind zu halten. Außerdem wurde die Fahrt vermindert.

      Längst waren alle Luken und Schotten verschalkt und auch die letzten Manntaue gespannt. Die Männer leinten sich an. Hasard war wieder an der Querbalustrade des Quarterdecks und rief: „Beide Buganker zum sofortigen Fallen vorbereiten!“

      „Anker klar zum Fallen!“ schrie Smoky zurück, der sich mit Al Conroy und Gary Andrews zusammen auf die Back begeben hatte.

      Genau in diesem Moment flog dem Profos nun doch die Pelzmütze davon. Er war wieder auf das Hauptdeck abgeentert und hangelte in den Manntauen nach vorn, stieg die Stufen des Backbordniederganges zur Back hoch und brüllte: „Ho, Smoky, ich habe mal gehört, daß bei einem solchen Stürmchen die Euter der Kühe auf den Deichen der Themse querstehen!“

      Er wollte den Männern zu Hilfe eilen und die Buganker klarieren, doch die Sturmbö, die über die „Isabella“ hinwegfegte, riß ihm seine Kopfbedeckung weg und entführte sie in die tobende See. Zu spät hob Carberry die Hand, um das Ding festzuhalten, sie klatschte nur noch wirkungslos auf sein kahlrasiertes Haupt.

      „Himmel, Arsch und Kabelgarn!“ schrie er zwar noch, aber dadurch ließ sich die Mütze auch nicht mehr zurückholen.

      Carberry stolperte auf die Back und prallte fast mit Smoky zusammen, der sich eben aufrichtete und grinsend die Glatze des Profos’ betrachtete.

      „Na klar!“ rief Smoky. „Bei den Kühen soll so was passieren! Aber eine solche Gefahr ist bei Kahlköpfigen nicht zu befürchten! Denn wie sollen wohl Haare auf einer Glatze bei einem solchen Stürmchen querstehen, was?“

      Ein grollender Laut löste sich von Carberrys Lippen, er fand diese Bemerkung überhaupt nicht witzig. Bevor er aber mit seiner Pranke nach Smoky ausholen konnte, geriet über ihren Köpfen die Vorbramrah ins Taumeln. Dan O’Flynn sah es vom Quarterdeck aus – er hatte ja bekanntlich die besten Augen von allen Männern der „Isabella“. Er stieß einen Schrei aus und gestikulierte wie verrückt, und Al und Gary hoben daraufhin gemeinsam die Köpfe.

      „Achtung!“ schrie Al. „Die Spiere kommt runter!“

      Auch der Profos blickte nach oben, stieß einen saftigen Fluch aus und warf sich gegen Smoky. Al und Gary sprangen einfach auf die Galionsplattform hinunter, um sich in Sicherheit zu bringen – und schon donnerte die Rah nach unten.

      Mit einem riesigen Satz brachte Carberry Smoky und sich aus dem Gefahrenbereich. Sie landeten beide innig umarmt am Backbordschanzkleid der Back. Schwer krachte die Spiere auf die Back, es knirschte und splitterte, und vom Hauptdeck her waren die wütenden Rufe der Männer zu vernehmen.

      Smoky war das Grinsen aber immer noch nicht vergangen. Er sah dem Narbenmann ins grimmige Gesicht und schrie: „He, he, Ed! Nun werde doch nicht immer gleich so vertraulich! Muß das denn sein?“

      „Du alter Prielrochen!“ stieß der Profos grollend hervor. „Heb schon deinen Achtersteven von mir weg. Was sollen denn die anderen denken?“

      Sie rappelten sich wieder auf und klammerten sich am Schanzkleid fest, denn schon rollte ein Brecher heran und ergoß sich rauschend über die Decks. Naß wie die Seehunde waren sie und hilflos obendrein, da blieb ihnen nur das bißchen Galgenhumor.

      Denn der Sturm – das wußten sie alle, ohne sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben – trieb die „Isabella“ unaufhaltsam auf Legerwall zu, wo sie auflaufen und zerschellen würde. Da half kein Beten und kein Fluchen, ihrer aller Schicksal schien besiegelt zu sein. Ob die beiden Buganker, die als Manöver des letzten Augenblicks geworfen werden würden, faßten und hielten, wußte kein Mensch. Genausogut konnten auch die Ankertrossen brechen, und dann war es endgültig aus mit der „Lady“ und ihrer Crew.

      Vor Topp und Takel lenzend bewegte sich das Schiff durch die aufgewühlte, kochende See. Die Dämmerung hatte inzwischen begonnen, die Sichtverhältnisse wurden noch schlechter. Bald würde es so finster sein, daß man nicht mehr die Hand vor den Augen zu erkennen vermochte.

      „Es läßt sich nicht mehr errechnen, wie weit die Küste noch entfernt ist“, sagte Ben zu Hasard. „Ich kann unsere genaue Position nicht mehr feststellen.“

      „Ich auch nicht“, sagte der Seewolf mit verbissener Miene. „Alles ist unwägbar geworden. Wir können nur noch hoffen, daß der Sturm so bald wie möglich nachläßt.“

      Doch diesen Gefallen schien Rasmus den Männern der „Isabella“ nicht tun zu wollen. Immer wütender peitschte der Wind auf das Schiff ein, die Brecher wuchsen und wälzten sich donnernd gegen ihr Opfer, richteten sich wie drohende Giganten neben den Bordwänden auf und fielen brüllend und zischend über die fluchenden Männer her. Die Gefahr nahm zu, das Auflaufen auf Legerwall schien somit unabwendbar zu sein.

      Carberry tobte, weil es ihm nicht gelungen war, die Vorbramrah zu packen und festzuhalten. Sie hatte ein Stück des Steuerbordschanzkleides der Back eingedrückt und war dann außenbords geflogen.

      Auch Al und Gary, die sich nach dem Herunterfallen der schweren Spiere sofort wieder von der Galion aufgerichtet hatten, war es nicht geglückt, die Rah zu bergen. Nicht nur die drei Segel waren wie ein Spuk verschwunden, auch die Spiere tauchte nun in den Fluten unter und wurde nicht wiedergesehen. Der Materialverlust wuchs – was würde noch alles geschehen?

      „Der Teufel soll diesen Scheißsturm und die verfluchte Ostsee holen!“ brüllte der Profos mit aller Macht gegen das Tosen an. „Wenn das so weitergeht, werden uns noch sämtliche Masten aus dem Kielschwein gerupft! Beim Donner, was ist hier los? Ist die Welt verrückt, was, wie?“

      Wie zur Antwort erfolgte ein neuer Donnerschlag, gleichzeitig zuckten Blitze wie Geisterfinger nieder. Old O’Flynn verdrehte die Augen, hob eine seiner Krücken und schrie: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Das sind die Wasserdämonen, die über uns herfallen!“

      Das Schiff hob sich unter dem Anrollen einer gewaltigen Woge, die Decks gerieten in eine bedrohliche Schräglage, und der Alte mußte sich an den Manntauen festklammern, um nicht außenbords gerissen zu werden. Fast verlor er eine seiner Krücken, und mit seinem Holzbein glitt er immer wieder auf den Planken aus, so daß er eine Art Tanz aufführte.

      „Donegal!“ brüllte Big Old Shane. „Dir beißen die Dämonen wohl gerade in den Hintern, was? Hör bloß mit deinen Sprüchen auf, die haben uns gerade noch gefehlt!“

      „Es sind die Geister von Abo“, murmelte der Alte dennoch, aber das konnte keiner mehr verstehen. „Sie sind hinter uns her. Paavo Korsumäki rächt sich an uns, er jagt uns die Mächte der Finsternis nach. Er ist doch ein Heide, oder? Na bitte – er steht mit sämtlichen Inselgespenstern und Schärenkobolden im Bund.“

      So kommentierte jeder von ihnen den Sturm auf seine Art. Fest stand, daß die Ostsee wieder einmal völlig unberechenbar war. Als Binnenmeer hatte sie es wirklich in sich, und Carberry schwor sich insgeheim, daß er es nie wieder wagen würde, sie zu unterschätzen.

      Angst vor dem Sturm hatten die Seewölfe nicht – sie hatten schon ganz andere Wetter abgeritten und ihr Leben hundertfach aufs Spiel gesetzt. Doch sie bangten jetzt um ihr Schiff. Sie war noch nagelneu, diese „Isabella IX.“, die erst vor drei Monaten bei Hesekiel Ramsgate auf der Werft in Plymouth vom Stapel gelaufen war.

      Sollten sie sie jetzt schon wieder verlieren? Hölle und Teufel, das kam nicht in Frage! Die Erinnerung an das, was ihnen in Ägypten widerfahren war, wo sie die „Isabella VIII.“ im versandeten Kanal der Pharaonen hatten aufgeben müssen, war noch zu frisch in ihnen. Es sollte ihnen nicht wieder passieren, daß sie auf eine derartig erniedrigende Weise um ihr Schiff gebracht wurden.

      „Sir!“ schrie Ben. „Warum riskieren wir es nicht und werfen die verdammten Anker?“

      „Wir warten noch!“ rief der Seewolf. Unablässig blickte er jetzt in die Richtung, in der sich die Küste befinden mußte. Irgendwann mußte sie vor ihnen auftauchen, sie konnte nicht mehr weit entfernt sein.

      Plötzlich wollte es eine

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