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es auch noch reichlich schief aussah.

      Das Meer rauchte immer noch an jenen Stellen, wo die glühenden Steine hineingeflogen waren. An manchen Stellen waren Nebelgespinste entstanden. Wie winzige kleine Inseln sahen sie aus.

      Der nächste Ausbruch erfolgte eine halbe Stunde später. Die Rauchsäule über der Ausbruchstelle war etliche Meilen hoch. Ganz oben war der Himmel von schwefelgelber Farbe, die sich jetzt auch auf das Meer auszuwirken begann. Es war nicht mehr tintenblau, es war grün und gelblich und an einigen Stellen tiefschwarz. Die immer höher steigende Aschewolke begann das Sonnenlicht zu verdrängen, bis ein diffus wirkendes Dämmerlicht entstand. Auch die paar Wolken hatten sich verfärbt und zogen unheilschwanger dahin.

      Nach dem Ausbruch hüllte sich der achteraus liegende Küstenbereich in undurchdringlichen Nebel. Lautes Zischen war zu hören, wenn das glühende Gestein im Meer verdampfte.

      Wieder sahen sie zum Himmel, wo es Feuer nach allen Seiten regnete. In die See schlug ein pausenloser Hagel kleinerer Trümmer. Es wirkte, als würden tausend Drehbassen gleichzeitig ihr gehacktes Blei und Eisen ins Wasser feuern.

      Als das Brüllen und Donnern verklang, war nur noch ein dumpfes Grollen zu hören.

      „Ich glaube, wir sind aus dem Gröbsten heraus“, sagte der Seewolf. „Die Glutbrocken werden uns nicht mehr erreichen. Wir bleiben vorerst auf Westkurs, um den Wind besser auszunutzen. Möglicherweise steht ja noch ein größerer Ausbruch bevor. Ich weiß es nicht, die Natur ist unberechenbar.“

      Pete Ballie blickte stirnrunzelnd auf den Kompaß. Dann kratzte er sich mit der linken Hand verblüfft den Schädel.

      „Das Ding spielt verrückt“, sagte er kopfschüttelnd. „Die Kompaßnadel benimmt sich wie damals vor Bornholm. Ob hier das gleiche Phänomen herrscht?“

      Hasard beugte sich ebenfalls über den Kompaß und beobachtete die Nadel, die in wilden Kreisen hin- und zurückschwang.

      „Vermutlich hängt das mit dem Ausbruch zusammen“, meinte er. „Das wird sich nach einer Weile sicher wieder legen.“

      Der Kompaß befand sich in einem hölzernen Gehäusekasten dicht vor dem Ruder, das wiederum fast unmittelbar vor dem Besanmast stand. Der Kompaß selbst war reich verziert und mit vielen Schnörkeln versehen. Es war noch ein älteres Modell und wirkte auf den ersten Blick sinnverwirrend.

      „Wenn wir uns auf der ‚Santa Barbara‘ erst einmal richtig umgesehen haben, dann werden wir den Kompaß umbauen und besser sichern“, meinte Hasard. „Die Dons sind mit diesem wichtigen Instrument viel zu sorglos umgegangen. Nicht einmal eine Abdeckung ist da. Vorerst aber haben wir andere Sorgen.“

      Die See ging immer noch hoch. Brausend rasten Wellen heran, die schräg von achtern aufliefen und über die Kuhl tobten, seit sie den Kurs geändert hatten.

      Nach zwei weiteren Stunden war das Land nicht mehr zu sehen. Nur eine unheimliche und riesige Rauchwolke stand über der Küste, ein gigantischer Pilz, der sich weiter und weiter ausdehnte.

      Am Nachmittag hatte sich das Meer wieder beruhigt. Aus den Wellen wurde eine langrollende Dünung. Aber das ferne Grollen war noch zu hören als Zeichen, daß die Erde bebte.

      Die Sonne war hinter einem Schleier aus graugelbem Dunst verschwunden. Sie glich einem verzerrten Ball. Ihre Strahlen waren nicht in der Lage, das diffuse Halbdämmer zu durchdringen.

      Sie segelten auf Westkurs weiter. Die Kompaßnadel hatte sich inzwischen beruhigt und pendelte nur noch leicht. Sie wollten soviel Abstand wie nur möglich zur Küste gewinnen, um nicht wieder in Gefahr zu geraten.

      Der Seewolf spielte auch mit dem Gedanken, auf diesem Kurs gleich weiter nach China zu segeln, denn aus diesem Grund waren sie ja mit der „Isabella“ und „Eiliger Drache“ aus dem Stützpunkt ausgelaufen.

      Allerdings hatte sich in der Zwischenzeit einiges geändert, was nicht einkalkuliert war.

      Zuerst aber mußten sie weg, denn da war der gewaltige Ausbruch, und da waren auch die Spanier, denen sie nicht wieder in die Hände fallen wollten.

      Aber dann kam doch alles wieder einmal ganz anders, als sie sich das vorgestellt hatten.

       2.

      Das Verhängnis begann bei ruhiger See mit einer harmlos erscheinenden Fumarole, einer Gas und Dampf aushauchenden unterseeischen Blase, die an der Oberfläche zerplatzte.

      Die „Santa Barbara“ bewegte sich nur noch langsam durchs Wasser. Aus der Backstagsbrise war inzwischen ein laues Lüftchen geworden. Der Himmel war immer noch von diffuser Farbe, der Stand der Sonne ließ sich nur annähernd vermuten.

      „Geisterdämmerung“, sagte Old O’Flynn, der unbehaglich die Schultern hochzog und sich mißtrauisch nach allen vier Himmelsrichtungen umblickte. „Ich sage euch, da ist was im Gange. Vor ein paar Stunden noch ging fast die Welt unter, und jetzt ist es so unheimlich ruhig geworden. Das gefällt mir überhaupt nicht. Außerdem knistert mein Holzbein. Das hat es auch noch nie getan.“

      „Vielleicht wird es sich bewurzeln und neu ausschlagen“, meinte der Profos. „Du mußt es von jetzt an immer kräftig gießen.“

      Der Alte, kürzlich Vater eines strammen Söhnchens geworden, fand das gar nicht lustig, was Carberry wieder behauptete. Er fühlte sich in seiner Haut plötzlich nicht mehr wohl. Aber statt auf dem Stützpunkt zurückzubleiben, hatte er die Reise nach China um jeden Preis mitmachen müssen.

      „Du redest nur Stuß“, brummte er, „aber ich meine das ernst.“

      „War auch nicht so gemeint“, lenkte Edwin Carberry ein. „Wollte nach dem Erdbeben nur die Stimmung ein bißchen auflockern. Aber du hast recht mit der eigenartigen Stimmung.“

      Jeder an Bord spürte es. Diese unheimliche Ruhe, der weiter abflauende Wind, das geisterhafte Tageslicht, das alles wirkte bedrückend. Hinzu kam noch ein eigenartiger Geruch, der in der Luft hing und sich nicht definieren ließ.

      „Riecht so, als wäre der Satan persönlich erschienen“, sagte Old O’Flynn schnuppernd. „Oder stinkt diese Galeone so?“

      Der Kutscher beruhigte die besorgten Gemüter jedoch gleich.

      „Das ist ein typischer Schwefelgeruch, weiter nichts. Bei Vulkanausbrüchen riecht es oft nach dem Zeug. Es steigt hoch in die Luft, verbreitet sich und senkt sich wieder mit der Asche. Das kann noch ein paar Tage dauern.“

      Die meisten hatten sich jetzt zum Palavern auf der Kuhl versammelt. Zwar sollte erst die „Santa Barbara“ von vorn bis achtern und von oben bis unten inspiziert werden, doch die Stimmung drückte auf die Gemüter, und so schoben sie die Inspektion noch ein Weilchen hinaus.

      Fast unvermittelt erhob sich Steuerbord voraus eine Blase aus dem Wasser. Sie wurde so groß wie ein Faß. Dann zerplatzte sie mit einem schmatzenden Geräusch, und eine zehn bis zwölf Yards hohe Fontäne sprudelte hoch. Nach einigen Sekunden sank der Wasserstrahl ins Meer zurück. An seiner Stelle hatte sich Dampf gebildet, der sich ebenfalls rasch verflüchtigte.

      „Gibt’s hier Wale?“ fragte der Decksälteste Smoky erstaunt.

      „Das war nicht der Spout eines Wales“, sagte Ferris Tucker. „Die blasen ganz anders und hinterlassen auch keine Nebelwolken. Wir haben ja selbst schon Wale gejagt.“

      „Was war es dann?“

      Darauf wußte im ersten Augenblick selbst der Kutscher keine Antwort. Sehr nachdenklich starrte er zu der Stelle, wo es gleich darauf noch einmal zu blubbern begann. Wieder stieg ganz feiner Nebel aus dem Meer, aber ohne die Begleiterscheinung einer sprudelnden Fontäne.

      Der Kutscher spürte, wie es ihm kühl über den Rücken lief. Er sah in Gesichter, die mißtrauisch die See absuchten und immer wieder jene Stelle betrachteten, wo das Meer Blasen warf.

      Auf dem Achterdeck der „Santa Barbara“ war dieses Phänomen ebenfalls längst beobachtet

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