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Anschein nach steht uns nur diese eine Jolle zur Verfügung. Es dürfte eine Selbstverständlichkeit sein, daß zuerst wir, die Angehörigen des Adels, damit in Sicherheit gebracht werden. Später können Sie dann Ihre Überlegungen anstellen, Stewart.“

      Sandwich wollte allen Ernstes auf die Jolle zustelzen, und er forderte seine Standesgenossen mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen.

      „Keinen Schritt weiter!“ brüllte Stewart mit Donnerstimme.

      Wenn die Hochwohlgeborenen tatsächlich erschrocken zurückprallten, lag das aber nicht an ihm, sondern an Doherty. Das Monstrum war einen Schritt neben seinen Gebieter getreten und neigte drohend den riesenhaften Oberkörper vor. Mehr war nicht nötig.

      „Was soll das heißen?“ schrie Sandwich schrill.

      Sir Robert Monk gab ihm die Antwort mit eiskaltem Grinsen.

      „Daß Sie hierbleiben, mein Bester. Sie und die anderen. Mister Stewart und ich brauchen Sie nicht. Sie sind absolut nutzlos.“

      Sir James Sandwich sperrte den Mund auf, und auch die übrigen Gentlemen starrten Monk fassungslos an. Ausgerechnet er, einer der ihren, war ihnen in den Rücken gefallen. Das war mehr, als sie auf Anhieb verkraften konnten. Eine bittere Medizin, die sich nicht so schnell herunterwürgen ließ.

      Und in den nächsten Minuten gab es keine Gelegenheit mehr für sie, abermals Proteste zu äußern.

      „Mister O’Leary“, sagte Stewart entschlossen.

      „Sir?“ Der Bootsmann der „Lady Anne“ trat vor.

      „Sie gehen mit an Bord, außerdem die beiden Söhne Sir John Killigrews. Bestimmen Sie weitere dreizehn Mann aus Ihrer Crew, die Sie für geeignet halten, die Jolle zu besetzen.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte O’Leary knapp. Er hatte sofort begriffen. Jetzt war sich jeder selbst der Nächste, nichts anderes zählte mehr. Und er wußte, daß sich die Auserwählten haargenau nach diesem Grundsatz richten würden.

      Im Handumdrehen bestimmte O’Leary die brutalsten und rücksichtslosesten Schläger aus der „Lady Anne“-Crew als Jollenbesatzung. Sie waren gewitzt genug, sich schnellstens auf die Seite von Charles Stewart, Sir Robert Monk und O’Leary zu begeben, wo inzwischen auch die ferkelgesichtigen Killigrew-Söhne erleichtert Aufstellung genommen hatten.

      Die übrigen Kerle aus O’Learys Meute brüllten ihren Protest hinaus. Doch die Stentorstimme ihres Bootsmanns übertönte alles.

      „Schnauze halten, oder ich lasse sie euch stopfen!“

      Das wirkte. Denn die von O’Leary Bevorzugten bauten sich mit drohendem Grinsen in einer Linie auf. Ihre Pranken, zu Fäusten geballt, waren deutlich genug.

      Im nächsten Moment war es Sir Robert Monk, der den Gentlemen einen erneuten Schock zufügte.

      „Mister O’Leary!“ rief er. „Bitte veranlassen Sie, daß Sir James und seinen Freunden die Waffen abgenommen werden.“

      Der Bootsmann der „Lady Anne“ brauchte es nicht ausdrücklich zu wiederholen.

      „Dann mal los, Männer“, sagte er grinsend und teilte mit knappen Handbewegungen fünf Kerle ein, die die Spezialaufgabe zu übernehmen hatten.

      Während die Hochwohlgeborenen vor Entsetzen zu zittern begannen, erkannten die Zurückgewiesenen aus der Killigrew-Meute ihre Chance.

      „Los jetzt!“ schrie einer von ihnen. „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ Und mit erhobenen Fäusten stürmte er als erster auf die Jollen-Crew zu. Die anderen folgten ihm wutentbrannt.

      O’Leary und die anderen duckten sich verteidigungsbereit.

      „Mister Doherty!“ rief Stewart schneidend.

      Das Monstrum walzte auf die Angreifer los und fällte drei von ihnen mit einem einzigen sensenartigen Hieb.

      Zur selben Zeit stießen die Gentlemen quiekende Schreie aus, als ihnen von derben Pranken die zierlichen Prunkdegen entrissen wurden. Viel ließ sich mit diesen Waffen nicht anfangen, aber sie waren besser als nichts.

      O’Leary und seine Auserwählten ließen nun ebenfalls ihre Fäuste wirbeln. Gemeinsam mit dem wild grunzenden Doherty gelang es ihnen, die Angreifer zurückzutreiben. Ein halbes Dutzend der Kerle wälzte sich jammernd am Boden – die Auswirkung von Dohertys Hieben. Der Anblick wirkte auf die übrigen demoralisierend.

      „Los jetzt!“ befahl Charles Stewart. „Bringt die Jolle zu Wasser! Und dann nichts wie weg!“

      Joe Doherty stemmte sich als erster gegen den Spiegel des Bootes, folglich genügte es für die anderen, mit halber Kraft zu schieben.

      Die Kerle an Land erwachten aus ihrer Fassungslosigkeit, als die Jolle bereits vollständig bemannt war und im Uferwasser Fahrt aufnahm.

      Mit wildem Gebrüll stürmten ein paar von ihnen in die Fluten und schwammen dem Boot nach.

      Die sieben Gentlemen beschränkten sich darauf, ein schrilles Wehklagen anzustimmen.

      Unterdessen erreichten drei, vier Kerle schwimmend die Jolle und versuchten, das Dollbord zu packen. Es blieb beim Versuch. Doherty hieb ihnen die Faust auf die Schädel, daß sie unter Wasser gestoßen wurden und blubbernd zurückblieben.

      Einer aus der Meute, der mit den anderen in ohnmächtiger Wut am Strand ausharrte, bückte sich nach einem Stein und schleuderte ihn mit einem wilden Schrei dem Boot nach. Augenblicklich folgten die anderen seinem Beispiel.

      Schon der erste Stein war ein Volltreffer.

      Charles Stewart verspürte einen harten Schlag am Kopf und kippte bewußtlos nach vorn. Doherty konnte ihn gerade noch abfangen und verhindern, daß sein Master zwischen die Duchten fiel.

      Im nächsten Moment ging bereits ein Steinhagel auf die Jolle nieder. Flüche und Aufschreie der Getroffenen waren die Folge.

      Die Kerle am Strand stimmten ein Triumphgeheul an. Ein paar von ihnen liefen auf den für sie erreichbaren Ausgang der Bucht zu, um die Jolle von dort aus mit weiteren Steinwürfen einzudecken. Daß sie Monk und Stewart nicht mehr aufhalten konnten, dämmerte ihnen bereits. Doch die mit aller Kraft geschleuderten Steine milderten, wenigstens ihre Wut.

       8.

      Es war ein beschämendes Bild, das den Zuschauern von der „Orion“ und der „Dragon“ geboten wurde.

      Dieses Bild wurde um keinen Deut schöner, als jetzt Sir James Sandwich auf den Ersten Offizier der „Orion“ zustelzte.

      Die Männer aus den Crews der beiden Kriegsgaleonen hatten sich inzwischen gemeinsam am Strand versammelt. Angesichts des blasierten Jünglings mit den verlebten Gesichtszügen wechselten sie belustigte Blicke. Viele von ihnen mußten sich die Hand vor den Mund halten, um nicht in Lachen auszubrechen.

      Die übrigen Hochwohlgeborenen verharrten in einiger Entfernung und spähten erwartungsvoll herüber. Unterdessen befanden sich die zurückgebliebenen Kerle aus der Killigrew-Meute noch auf der Landzunge. Sie hatten das Steinewerfen aufgegeben. Die Jolle hatte inzwischen zuviel Distanz gewonnen.

      Für die Männer von der „Dragon“ und auch für ihre Gefährten von der „Orion“ bestätigte sich unterdessen der Eindruck, den sie in den vergangenen Stunden von Charles Stewart gewonnen hatten. Schon früher war er durch seine rauhbeinige und oft rücksichtslose Art aufgefallen. Doch dabei hatte er sich meistens noch fair verhalten.

      Die Aussicht auf Gold und Reichtum schien jetzt allerdings sein wahres Ich ans Tageslicht gebracht zu haben. Nichts hielt ihn mehr zurück, auf sein Ziel loszusteuern. Das entwürdigende Schauspiel, das er soeben mit der Jolle geboten hatte, war das letzte deutliche Beispiel dafür.

      Die Männer aus den beiden Crews konnten nur noch Abscheu und Ekel für Stewart empfinden. Wer sich in einer Gemeinschaft von Schiffbrüchigen befand und dann nur an den eigenen Vorteil

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