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den Kerker von Havanna geworfen sei. Ferner: Don Juan de Alcazar sei noch nicht nach Havanna zurückgekehrt.

      Arne erbat umgehend Nachricht, wie der Bund der Korsaren auf das unerwartete Wiederauftauchen der Black Queen zu reagieren gedachte. Sie hatte es offenbar darauf abgesehen, die Spanier zu benutzen, um den Bund zu vernichten, was erhöhte Gefahr für die Schlangen-Insel bedeutete, deren Position den Queen-Leuten samt Caligula ja bestens bekannt war.

      „Ich drücke dir die Daumen“, sagte Arne, als er Dragan nachblickte. Jussuf und Jörgen standen schweigend neben ihm. Auch ihre Gedanken befaßten sich mit dem großen Risiko, dem sowohl die Schlangen-Insel und Coral Island als auch die Faktorei ausgesetzt waren. Ein winziger Anstoß genügte, und alles flog auf. Dann waren sie geliefert, hier wie drüben, bei den Caicos Islands.

      Die drei Männer kehrten in das Haus zurück. Ihre Stimmung war gedrückt. Über Caligulas weiteres Schicksal hatte auch Jussuf keine Hinweise in Erfahrung gebracht. Hüllte er sich in Schweigen – oder nutzte er sein Wissen aus, um seinen Kopf zu retten? Dies war die große Frage. Und: Ließ Don Antonio sich auf so etwas ein oder nicht?

      Sehr schlecht schliefen die drei von der Faktorei in dieser Nacht. Immer wieder wachten sie auf und quälten sich mit der peinigenden Frage. Es mußte etwas geschehen, schon bald. Wenn Don Juan nach Havanna zurückkehrte, sah er sehr schlecht aus.

       6.

      Auch auf der Schlangen-Insel herrschte einiger Aufruhr, denn Izmir war mit der Nachricht über das Auftauchen Caligulas in Havanna eingetroffen. Die unterschiedlichsten Erwägungen wurden angestellt, auch wälzten die Männer und die Frauen bereits Pläne, wie sie eingreifen könnten.

      Am Nachmittag des 19. April nun entdeckte Philip junior, der als Ausguck auf den Ratsfelsen geklommen war, als erster die Taube, die sich der Insel näherte. Er gab die Meldung sofort weiter, und kurze Zeit darauf stand Gotlinde, Thorfin Njals Frau, am Taubenschlag bereit, um den Vogel in Empfang zu nehmen.

      Dragan schwenkte auf die Insel ein, senkte sich in langgezogenen Schleifen auf den Landeplatz und fiel schließlich in seinen Schlag ein. Das Glöckchen klingelte wild, Dragan hüpfte aufgeregt herum und schlug mit den Schwingen, weil er zu seiner Sulima wollte. Gotlinde lächelte, griff nach ihm und befreite ihn von der Nachricht, dann entließ sie ihn in Sulimas Schlag.

      Wenig später war es Renke Eggens, der – am Strand der Bucht mitten zwischen den Kameraden stehend – die wie üblich in deutscher Sprache abgefaßte Nachricht vorlas.

      Diese zweite Brieftaubenbotschaft schlug „wie eine Flaschenbombe“ ein. So jedenfalls drückte es Ferris Tucker aus, als der Text übersetzt worden war. Hasard berief sofort eine Versammlung des Inselrats ein, und im Dunkelwerden fanden sie sich auf dem Ratsfelsen ein. Ein Feuer wurde entzündet, es warf seinen zuckenden, huschenden Schein auf die ernsten Gesichter der Anwesenden.

      „Wir dürfen keine Zeit verlieren“, begann der Seewolf. „Ich schätze, ihr seid euch alle im klaren darüber, daß gehandelt werden muß.“

      „Richtig, aber wie?“ fragte Jean Ribault.

      „Willst du schon wieder mit der ‚Isabella‘ auslaufen?“ fragte Old O’Flynn. „Das halte ich für zu riskant.“

      Erst am 14. April war die „Isabella IX.“ von ihrem Raid gegen die „Pax et Justitia“ zurückgekehrt, aber sie hatte keine nennenswerten Gefechtsschäden erlitten. Auch war es kein Problem, sie unverzüglich wieder auszurüsten und zum Auslaufen vorzubereiten. Was Old Donegal Daniel O’Flynn meinte, war etwas anderes: Die „Isabella“ war zu bekannt. Wenn sie sich in die Nähe von Kuba begab, konnte es Ärger geben, ehe Hasard überhaupt zum Zug gelangte.

      „Einen Augenblick“, sagte Siri-Tong. „Bevor wir überhaupt entscheiden, was zu tun ist und welches Schiff wir einsetzen, müssen wir die Frage der Vordringlichkeit klären. Mit anderen Worten: Soll als erstes die Black Queen in ihrem Versteck überfallen oder Arne in Havanna Hilfestellung geleistet werden?“

      „Havanna ist wichtiger“, entgegnete Hasard. „Deswegen habe ich auch nicht vor, mit der ‚Isabella‘ in See zu gehen. Ich sehe die Sache folgendermaßen. Wir müssen unverzüglich gegen die Black Queen vorgehen, auf Biegen und Brechen und um jeden Preis. Sie ist eine tödliche Bedrohung für die gesamte Existenz unseres Bundes. Aber Arne schwebt ebenfalls in tödlicher Gefahr. Denn wenn es der Zufall will, kann ihn jeder Mann der Crew der ‚Caribian Queen‘ entlarven.“

      „Und verraten, daß er ein Mitglied der sogenannten englischen Piratenbande ist“, fügte Oliver O’Brien hinzu. „Falls Don Juan das erfährt, sind Arne, Jussuf und Jörgen geliefert. Nach seiner ersten Konfrontation mit dir, Hasard, wird Don Juan noch versessener darauf sein, sein Ziel zu erreichen.“

      Hasard stimmte dem zu. „Mit Sicherheit. Deshalb hat ein Abstecher nach Havanna unbedingt den Vorrang. Erst danach kümmern wir uns um die Queen. Das eine läßt sich mit dem anderen verbinden. Vielleicht ist es sogar besser, Arne, Jörgen und Jussuf aus Havanna abzuziehen, um ihre Enttarnung zu verhindern. Ich will ganz ehrlich zu euch sein. Ich bin in schwerer Sorge um die drei.“

      „Das sind wir alle“, sagte der Wikinger mit dröhnendem Baß. „Aber Arne ist schlau genug, sich von den Dons nicht packen zu lassen.“

      „Langsam“, sagte Old O’Flynn. „Selbst wenn Don Juan noch nicht nach Havanna zurückkehrt ist, dürfen wir nicht vergessen, daß da Don Antonio, die fette Ratte, hockt. Der ist imstande, Arne und seine beiden Helfer festzunehmen, wenn er was erfährt. Und dann versucht er, daraus Kapital zu schlagen, indem er uns erpreßt.“

      „Ich bin der Ansicht, daß Arnes Einsatz in Havanna nicht mehr zu verantworten ist“, sagte der Seewolf. „Er steht auch in keinem Verhältnis zur Effektivität möglicher Beutezüge. Das heißt, das Leben und die Sicherheit unserer drei Gefährten haben absoluten Vorrang vor der Jagd nach spanischen Schatzschiffen.“

      „Was hast du vor?“ fragte die Rote Korsarin. „Du planst doch bereits etwas, das sehe ich dir an.“

      „Ja. Um in dieser Beziehung Klarheit zu schaffen, ist es unbedingt notwendig, mit Arne persönlichen Kontakt aufzunehmen. Seine Situation muß durchgesprochen und beraten werden. Danach können wir dann entscheiden, wie wir vorgehen.“

      „Also laufe ich aus!“ rief der Wikinger. „Mich kennt in Havanna keiner!“

      „O Gott, nein“, sagte Jean Ribault. „Die Spanier kriegen einen Schrecken, von dem sie sich nicht wieder erholen, wenn du auf Kuba erscheinst.“

      „Odin läßt dir den Himmel aufs Haupt fallen!“ brüllte der Wikinger. „Ich gebe mich als harmloser Handelsfahrer aus! Was ist schon dabei?“

      „Daß du nicht harmlos aussiehst“, erwiderte Old O’Flynn gelassen. „Ein schwarzer Kahn voll wilder, menschenfressender, behelmter Nordpolbären – Himmel, die Dons machen sich ja in die Hose, wenn ihr da auftaucht.“

      Thorfin geriet in Fahrt. Wütend rückte er sich seinen Kupferhelm zurecht. „Nein! Das ist Quatsch! Immer, wenn ich was unternehmen will, habt ihr was dagegen! So geht das nicht! Ich protestiere!“

      „Du hältst die Sache nur auf“, sagte der Seewolf. „Denk mal logisch. Wir haben nur ein Schiff zur Verfügung, das perfekt getarnt nach Havanna segeln kann und dort kein Aufsehen erregt.“

      „Die ‚Wappen von Kolberg‘ etwa?“ brüllte der Nordmann. „Nein! Die ist am 10. März mit offiziellem Ziel Kolberg von Kuba abgesegelt! Daß sie in Wirklichkeit die Schlangen-Insel angelaufen hat, wissen die Dons nicht! Die riechen also glatt Lunte, wenn die ‚Wappen‘ jetzt schon zurückkehrt! Sie könnte allenfalls erst im Juli wieder in Havanna sein!“

      „Schrei nicht so“, sagte Jean Ribault. „Dein Gebrüll ist bis nach Coral Island zu hören. Die Timucuas werden sich fragen, was hier los ist.“

      „Ich brülle soviel, wie es mir paßt!“

      „Deine Überlegungen sind schon richtig,

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