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Die anderen Finnen waren jetzt alle versammelt und freuten sich, daß der Koch nur an einem Bein hing und außenbords über der See baumelte.

      An einer Leine wurde der Farbtopf mit dem Pinsel abgefiert.

      „Fang an!“ brüllte der Kapitän. „Und wenn du es nicht ordentlich tust, lassen wir dich bis in den Hafen hängen.“

      Mäkilä jammerte weiter, daß ihm das Blut zu Kopf stiege und er kaum noch etwas sehen könne.

      „Fang endlich an!“ rief Hakulinen drohend. „Sonst wirst du nie wieder etwas sehen können.“

      Mäkilä heulte seine Angst weiter ins Kielwasser und erwartete jeden Augenblick, daß oben an Deck einer auf die Idee verfiel, das Tau weiter abzufieren oder gar durchzuschneiden.

      In der unmöglichen Stellung, in der er hing, griff er nach dem Pinsel, tauchte ihn in die schwarze Farbe und pönte drauflos. Jedes Mal, wenn der Pinsel die Bordwand berührte, versetzte es Mäkilä in leichten Schwung, und er begann wie ein riesiges Pendel achtern am Schiff zu schwingen.

      „Den Schwung mußt du ausnutzen“, riet eine Stimme hoch über ihm.

      „Steck dir doch den Pinsel ins Maul, dann ziehen wir dich immer am Heck entlang.“

      Mäkilä pinselte weiter, bis der Name „Isabella“ immer mehr verschwand und schließlich von der schwarzen Farbe ganz aufgesogen wurde.

      Zu dem Zeitpunkt war ihm das Blut schon so in den Kopf gestiegen, daß er fast bewußtlos war und nur noch rote tanzende Nebelschleier erkennen konnte.

      Dann hievten sie erst den Pott mit Pinsel und Farbe hoch, weil der ihrer Ansicht nach wichtiger war. Doch schließlich zogen ihn kräftige Fäuste an Bord, wo er benommen auf dem Achterdeck hockte.

      Zwei andere hatten inzwischen provisorisch eine Stelling gezimmert und außenbords gefiert. Der Zimmermann Kuhmo enterte bereits ab, um den neuen Namen „Katkorapu“ mit Goldfarbe an den Spiegel zu malen.

      „Ist noch was von der schwarzen Farbe übrig?“ fragte der Kapitän.

      Pulkila sah in den Topf und nickte.

      Hakulinen räusperte sich, sah dann nachdenklich auf den stumpfsinnigen Koch und nickte ebenfalls.

      „So ein bißchen schwarze Farbe verändert viel“, sagte er. „Vielleicht kann man damit auch aus dem stinkenden Koch einen besseren Koch machen, einen, der nicht mehr so dreckig und fettig aussieht und schön gleichmäßig glänzt.“

      „Ich werde mich um das Essen kümmern“, sagte der Koch heiser vor Angst, weil ihm bereits etwas schwante.

      Doch Hakulinen schüttelte nur freundlich den Kopf. Er zeigte flüchtig auf die Kuhl und winkte zwei weitere Leute auf das Achterdeck, Abromeit und den Profos Alavus.

      „Bleib hier“, sagte er mit der gleichen falschen Freundlichkeit. „Um das Essen werden sich andere kümmern. Für dich ist heute Feiertag, du erhältst einen neuen Anstrich.“

      Die Männer grölten schadenfroh und schnitten Mäkilä gleich den Weg ab, damit er nicht türmen konnte.

      „Das tut nicht weh und ist besser als Schläge“, sagte Hakulinen. „Und es wird dir auch verdammt lange in Erinnerung bleiben. Packt ihn jetzt, zieht ihm die dreckigen Klamotten aus und streicht den Kerl schwarz an!“

      Auf einen solchen Befehl hatten sie alle nur gewartet, und schon stürzte sich die Meute auf den hysterisch kreischenden Koch und riß ihm die Plünnen herunter.

      Zum Schluß trug er noch eine drekkige Unterhose und seine Stiefel. Die Unterhose sah aus wie ein bei schwerem Wetter aus dem Liek gefetztes Segel. Sie war ziemlich zerrissen.

      Der Koch hieb in seiner Angst um sich und brüllte seine Furcht lauthals gegen den Wind. Für die anderen war das Anlaß genug, sich nur noch mehr zu beeilen. Deftige Witze wurden gerissen, und jeder erbot sich freiwillig, den „verfluchten Koch“ anzustreichen.

      Der erste Pinsel schwarzer Farbe klatschte ihm auf den Kopf und verklebte seine Haare zu einem schmierigen Teppich. Dann ging es zügig weiter. Der Rücken kam an die Reihe, dann das Stück zwischen Oberschenkel und Stiefeln, und nach einer Weile sah der schreiende Koch in des Wortes doppelter Bedeutung recht finster aus.

      Das hohnvolle Gelächter begleitete ihn, und er fühlte sich so gedemütigt wie noch nie in seinem Leben.

      Aber schön gleichmäßig schwarz sah er aus, wie die anderen unter tosendem Gelächter anerkennend feststellten. Gar nicht wieder zu erkennen war er in seiner glänzenden Pracht, und von der Unterhose abwärts sah es aus, als steckten da zwei schwarzglänzende Ofenrohre in einem Paar Stiefel.

      Hakulinen grinste ihn freundlich an.

      „Bisher haben wir uns alle über dich nur geärgert“, sagte er, „jetzt bereitest du uns auch mal eine Freude, und jeder hat Gefallen an dir. Aber diese Freude wollen wir noch ein wenig genießen. Deshalb wirst du jetzt immer in aller Pracht und Herrlichkeit von vorn bis achtern laufen, auf und ab, als wenn du Wache gehst. Und jetzt setz dich in Marsch, Brust raus, Kopf hoch, die Arme angewinkelt.“

      Mäkilä konnte weder fluchen noch schreien, noch die Kerle alle lauthals verdammen, denn die Farbe trocknete verdammt schnell an der frischen Luft. Das zog ihm aber gleichzeitig die Haut so zusammen, daß er kaum noch die Lippen auseinanderkriegte. Selbst seine Arme pappten schon am Körper an.

      An Leib und Seele gebrochen, begann er von achtern über das Quarterdeck zu gehen, dann durchquerte er die Kuhl, Brust raus und den Kopf hoch, die Arme angewinkelt, und enterte die Back.

      Dort mußte er eine zackige, überaus lächerlich wirkende Kehrtwendung beschreiben und die Strecke wieder zurückgehen.

      Jedesmal wenn er an einem vorbeikam, wurde er untertänigst gegrüßt, und alle verbeugten sich vor ihm. Dabei fühlte er sich selbst immer kleiner werden und zusammenschrumpfen. Auch sah er immer schlimmer aus, nach Hakulinens Ansicht wie ein frisch geteerter Affe aus grauer Vorzeit.

      So wanderte der Koch rastlos wie Ahasverus über die Decks, erbärmlich anzusehen, und auf jeder seiner Wanderungen begleitete ihn eine Lachsalve aus tränenden Gesichtern.

      Inzwischen stand der Name „Katkorapu“, was soviel wie Krabbe hieß, am Spiegel des Schiffes. Diesen Namen hatte auch die Galeone Hakulinens gehabt, die durch die Hauptschuld des Kochs verbrannt war.

      Als sie endlich in Wisby einliefen, stand der Koch immer noch frierend und schnatternd an Deck, und der Profos zwang ihn dazu, zur Begrüßung das alte finnische Lied von dem bösen schwarzen Walfisch anzustimmen.

      Aus Angst vor weiteren Schikanen oder Prügel stand der Koch dann wenig später auf der Kuhl und sang zum Ergötzen aller in voller Lautstärke das Lied vom Walfisch.

      2.

      Zwei Männern fiel das Schiff schon auf, noch bevor es in den Hafen einlief.

      Der eine dieser Männer war sehnig, stark, groß und von wilder Geschmeidigkeit, mit wehenden blonden Haaren und durchdringend blikkenden eisblauen Augen.

      Arne von Manteuffel, ein Vetter des Seewolfs Philip Hasard Killigrew, eine Zweitausgabe des Seewolfs, nur eben heller als der schwarzhaarige Killigrew. Sein Schiff, die „Wappen von Kolberg“ lag noch immer an der Pier, weil Arne von Manteuffel auf eine bereits avisierte Pelzladung aus Wiborg wartete.

      Der andere Mann war der Hafenmeister, der aus schmalen Augen auf die anlegende prächtige Galeone blickte, und seiner Verwunderung dadurch Ausdruck gab, daß er sich verblüfft den Schädel kratzte.

      Verdammt, das Schiff kannte er doch, allerdings nichts als „Katkorapu“, sondern als „Isabella“. Er hätte jeden Eid darauf geleistet, daß es die „Isabella“ war, aber sie hieß anders, obwohl das Schiff sozusagen ein Solitär unter den Schiffen war.

      Er musterte die Kerle mit gerunzelter Stirn und starrte reichlich verblüfft auf den singenden Neger an Deck, der

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