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denke nach. Ferris wird bereit sein.“

      „Wir gehen nach Steuerbord. Bob Grey hat gesagt, er kennt die Ufergewässer.“

      „Wir denken uns etwas aus“, versprach der Seewolf. „Wahrscheinlich werden wir es so machen.“

      Die Schiffe segelten versetzt hintereinander her. Immer deutlicher wurden die Steilhänge an der Steuerbordseite. Das Leuchtfeuer war bereits außer Sicht, und tatsächlich sichteten die Seewölfe ein paar Fischerboote, die in der Dünung schaukelten. Zwei Seemeilen etwa betrug die Distanz zum Land.

      Don Juan rief zum Seewolf hinüber: „Wann ist die nächste Ebbe? Dan müßte es wissen.“

      „Wird gleich erledigt.“

      Die Männer überlegten, mit welcher Technik es am schnellsten ging. Die Galeone mußte so weit gekrängt werden, daß der Kiel fast auf dem Trockenen lag. Nur so war ein Flicken, Austauschen oder Überplanken der schadhaften Stellen möglich, denn Ferris Tucker konnte schlecht unter das Schiff tauchen.

      Die „Fidelidad“ mußte also auf Sand gesetzt werden, bevor die Ebbe ablief. Die Flut und notfalls ein hastig geschaufelter Graben würden den Schiffskörper wieder aufschwimmen lassen. Die Reparatur selbst war mit wenigen Helfern eine recht einfache Sache.

      Gab es Schwierigkeiten? Sicher. Es konnte sein, daß der Anker der Schebecke ausbrach oder durchgezogen wurde, und dann kippte das Schiff zurück und begrub den Zimmermann unter sich, samt Werkzeug und Pechkessel. Schon jetzt trug der achterliche Wind den Geruch des Pechs in die Nasen der Galeonen-Crew.

      Dan O’Flynn tauchte auf den Bugplanken auf, legte die Hände an den Mund und rief zu Don Juan und den anderen hinüber: „Sieht günstig aus, Freunde! In drei Stunden kippt die Tide!“

      „Gar nicht so günstig!“ schrie der Spanier. „Das zwingt uns, schnell an Land zu segeln.“

      „Niemand hindert euch!“

      „Auch richtig.“

      Während Hasard und Don Juan ihre Meinungen austauschten, waren die Männer der „Fidelidad“-Mannschaft bereits unter Deck und suchten in den Laderäumen nach Tauwerk und Blöcken, nach Werkzeugen und allen Ausrüstungsteilen, die für diese Reparatur gebraucht wurden. Sie wurden ohne Hast, aber schnell an Deck geschafft und sauber aufgeklart.

      „Mist, verdammter! Warum konnte das nicht morgen passieren?“ rief der Seewolf halb wütend, halb enttäuscht.

      Don Juan antwortete im gleichen Tonfall: „Paddy Rogers hat’s gemerkt. Lauter gute Seeleute an Bord, Sir!“

      „Aye, Sir!“ rief der Seewolf lachend.

      Natürlich wußten sie, daß solche Unterbrechungen zwar nicht gerade an der Tagesordnung, aber auch alles andere als selten waren. Schiffe und Mannschaften, besonders solche ausgepichten Seeteufel wie die des Philip Hasard Killigrew, waren darauf vorbereitet, irgendwelche Zwischenfälle so gut, unaufwendig und schnell wie möglich zu beseitigen.

      Aber sie alle kochten vor Wut, waren enttäuscht oder niedergeschlagen und verfluchten die Spanier, die ihre Schiffe derart schlecht in Schuß hielten – je nach Temperament. Jeder sah ein, daß die Planken ausgewechselt oder die Fugen neu kalfatert werden mußten, wenn es Don Juan und Roger für richtig hielten. Und London, die Queen und alle vorstellbaren Annehmlichkeiten waren fast zum Greifen nahe!

      Bob Grey zupfte Don Juan am Ärmel und sagte: „Du solltest noch einen Strich mehr abfallen. Wir haben Saint Valery passiert.“

      „Einverstanden. Du bist der Lotse, klar?“

      „Aye, aye, Sir!“

      Sie grinsten sich an. Beide Schiffe änderten die Richtung und steuerten auf die Felsen zu. Noch gab es keinen einzigen Sonnenstrahl auf dem Meer. Überdies würde die Bucht – welche auch immer ausgesucht würde – mehrere Stunden lang im schwarzen, kühlen Schatten liegen, was den Seewölfen gar nicht unangenehm war.

      Die Schebecke fiel zurück und schob sich dann an Steuerbord an der Galeone vorbei. Achtern stand der Seewolf und beobachtete die Küstenlinie durch das Spektiv.

      Bob Grey versuchte, sich schweigend und konzentriert der Uferlandschaft zwischen Saint Valery und Dieppe zu entsinnen und sah Felsen, Brandung und die wenigen Büsche, die sich mit den Wurzeln in den Spalten festgekrallt hatten.

      An einigen Stellen rieselte Wasser in dünnen Rinnsalen über die Felsen und hatte im Lauf langer Jahre schmale Bahnen hineingeschnitten. Die Brandung brach sich an den zerklüfteten, mehrfarbigen Felsen. An den Stellen, wo sie in sandigen und geröllgefüllten Buchten auslaufen konnte, warfen die Wellen das Echo auf ganz andere Weise zurück.

      „Wenn der Untergrund allzu schräg abfällt“, überlegte Roger Brighton, „und wenn wir die Galeone nach Backbord krängen, dann fällt die ‚Fidelidad‘ um.“

      „Also eine Wende. Die Masttoppen landwärts.“

      „Wenn es geht?“

      Beide Schiffe segelten in einer Kabellänge Abstand vor den Felsen entlang. Kein Mensch zeigte sich auf den Klippen. Die Fischer gingen ihrer Arbeit nach und schienen sich nicht um die Schebecke und das andere Schiff zu kümmern.

      „Wie tief?“ rief Don Juan.

      Von rechts ertönte ein undeutliches Echo. Im Bug stand Batuti, hielt Ausschau und peilte.

      „Mehr als fünfzehn Fuß. Geröll, keine Klippen!“ rief der hünenhafte Gambiamann zurück.

      Die schroffen Klippen zogen langsam vorbei. Die erste Bucht tauchte auf, eine halbmondförmige Aussparung der senkrechten und schrägen Felsbarriere, die voller feinkörnigem Sand war. Geröll und Treibgut bildeten landeinwärts einen hohen Wall.

      „Weiter geradeaus!“ rief Don Juan.

      Weiter draußen führte Hasard mit der Schebecke eine Wende durch und ging auf Gegenkurs.

      „Die nächste oder übernächste Bucht. Weiter, Jan!“ rief Bob Grey, der sich weit über das Steuerbordschanzkleid beugte und abwechselnd in die Brandung und auf den Kiesgrund unter dem Wasser starrte.

      Nach einigen Manövern und Versuchen entdeckten sie schließlich eine geeignete Bucht. Sie war voller groben Gerölls, das auf einem dünnen Sandgrund lag. Die Galeone wendete, die Segel wurden backgebraßt. Mit den langen Riemen bugsierte die Crew ächzend und keuchend den Rumpf tiefer in die Bucht, genau in die Mitte.

      Als der lange Kiel zuerst einmal schwach, dann stärker über die riesigen Kiesel scharrte, verließen Bob Grey und Jack Finnegan das Oberdeck und schwangen sich übers Schanzkleid nach unten. Sie fluchten, als sie von der nächsten Brandungswelle, die sich am Schiffsrumpf brach, erwischt wurden. Das Wasser war lausig kalt.

      „Beeilt euch!“ rief Don Juan. „Dann wird es euch richtig warm.“

      Von Bord flogen zwei dicke Leinen. Die Seewölfe packten die Enden, stapften durch das schäumende Wasser auf die Felsen zu und belegten die Landleinen mit mehreren Schlägen. Sie beeilten sich, über die Planken und Rüsten wieder an Bord zu klettern und schüttelten sich frierend.

      „Verdammt kalt. Und die Kiesel – glitschig und schlecht für die Knochen“, meinte Bob Grey. „Feine Bucht, das, nicht wahr?“

      „Hast du gut ausgesucht. Trocknet eure Zehen, und dann müssen wir eine sinnreiche Vorrichtung anbringen.“

      „Aber wir haben noch länger als eine Stunde Zeit.“

      „Vorbereitungen dauern, Freunde“, gab Don Juan zu bedenken. „Ja, so ist es – je früher wir fertig sind, desto früher können wir wieder weiter.“

      „Daran ist viel Wahres“, murmelte Finnegan und zog bedächtig seine Stiefel an.

      Die Schebecke warf zwei Kabellängen vor der Bucht den Anker. Die Jolle der Galeone wurde abgefiert und hinübergerudert. Ferris Tucker lud seine Werkzeuge und alles Material, das er brauchte, ins Boot. Während er sich zur Galeone

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