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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 615. Sean Beaufort
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 615
Год выпуска 0
isbn 9783966880299
Автор произведения Sean Beaufort
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Hasard richtete sich auf und duckte sich unter den wuchtigen Decksbalken.
„Ich versuche ein paar Stunden zu schlafen. Veranstaltet nicht zuviel Krach.“
„Nein, Sir.“
Jeweils zwei oder drei Kabellängen voneinander entfernt, noch immer in Kiellinie, aber ohne den geisterhaften Verfolger, die Karavelle, schob sich der Verband aus drei Schiffen dem unsichtbaren Ziel entgegen.
An Bord aller Schiffe gab es nur einen Gedanken: Jede weitere Stunde brachte die Schebecke und die Galeonen näher an die Stunde der Rettung heran.
2.
„Weißt du, Roebuck, das ist eigentlich ganz einfach“, erklärte Jeff Bowie und legte den rechten Arm um die Schulter des kleinen Fletchers, „denn wenn ein Schiff eine sehr lange Reise unternimmt, muß es auch richtig ausgerüstet sein.“
„So wie die ‚Pilgrim‘, nicht wahr?“ fragte der Kleine und blickte zur Galeone hinüber. Aber in seinem Blick lag alles andere als Heimweh. „Alle Zimmer unter dem Deck sind voller Sachen.“
„Das sind keine Zimmer“, belehrte ihn Bowie und hielt sich mit dem Haken an der linken Prothese an der Kante des Sülls fest. „Man nennt es Laderäume. Oder Kammern oder Lasten. Aber wir haben für drei Dutzend Leute sehr viel mehr geladen. Zuerst muß man wissen, wieviel ein kleiner Mann wie du oder solch ein Vielfraß wie Edwin Carberry ißt und trinkt.“
„Ist Carberry ein Vielfraß?“ wollte Roebuck mit durchdringender Stimme wissen.
„Na ja, wenn man ihm viel auf den Teller haut“, meinte Jeff mit breitem Grinsen, „putzt er alles weg. Heute hat er nicht viel empfangen. Heute war er kein Vielfraß. Du auch nicht, ich auch nicht.“
Nach kurzem Nachdenken sagte er ganz ohne Sarkasmus: „Seit einigen Tagen ist hier auf der Schebecke keiner ein Vielfraß. Wir sparen beim Essen, damit die Leute auf den Galeonen nicht verhungern. Aber das brauche ich dir nicht noch mal zu erzählen.“
„Nein. Weiß ich alles, Jeff.“
Der fünfjährige Roebuck war zum Liebling der Crew geworden. Das aufgeweckte Bürschchen, dem der Kutscher einen pfiffigen Haarschnitt verpaßt hatte, war gerade dabei, alle interessanten Stellen des Schiffes zu entdecken. Vom Bug bis zum Heck war alles für Roebuck neu und mußte untersucht werden.
Die Seewölfe paßten auf, daß Roebuck nicht ein drittes Mal über Bord ging. Im Gegensatz zu den vielen verwahrlosten, armen und ausgebeuteten Londoner Kindern waren die drei Sprößlinge der Fletchers ausgesprochen ruhig und wohlerzogen.
„Dann weißt du auch, daß wir vor dem In-See-Gehen lange rechnen müssen? Pro Mann so und so viele Mahlzeiten, und das so viele Tage lang, wie wir unterwegs sind.“
„Aber das wißt ihr doch niemals ganz genau“, erklärte Roebuck.
„Aus diesem Grund kaufen wir eben mehr ein. Wir müssen ganz genau überlegen. Die meisten Nahrungsmittel verderben auf See. Deshalb hängen wir das Fleisch in Leinensäcken zum Durchlüften an den Mast. Darum wird das Mehl immer wieder durchgesiebt. Es gibt keine einzige Ratte auf der Schebecke. In verschlossenen Fässern haben wir Wein und sehr viel mehr Wasser, als wir selbst brauchen. Deine Mutter weiß das alles genauso gut wie der Kutscher und Mac Pellew.“
„Aber – das Essen ist teuer. Habt ihr soviel Geld?“ fragte der Kleine neugierig.
„Dafür reicht’s“, bestätigte Jeff zufrieden.
Die zwölfjährige Sarah kauerte neben Will Thorne auf der Kuhl. Er versuchte ihr beizubringen, wie das Hantieren mit dem Segelmacherhandschuh vor sich ging. Allerdings beschäftigten sich die beiden nicht mit einem Segel, sondern mit einer Jacke aus Segeltuch, die Will dem ältesten Sohn der Fletchers angemessen hatte.
Will zeigte ihr, wie die geriffelte Platte aus Eisen die lange Nadel durch den Stoff stieß. Die Platte befand sich genau über der Daumenmaus in dem breiten Band aus Leder, das über die Hand gestülpt worden war. Der Faden zog sich folgsam durch die feinen Löcher.
„Wenn wir fleißig sind“, bemerkte er mit leiser Stimme und einem zögernden Lächeln, „ist die Jacke vielleicht fertig, wenn wir Virginia erreichen.“
„Dann sieht Little John wie ein Seewolf aus“, strahlte das Mädchen und zählte die Knöpfe an ihrer Schürze.
„Er ist schon halbwegs einer von uns“, meinte der Segelmacher und fuhr still in seiner Tätigkeit fort.
Little John half seinem Vater an den Außenplanken des Beibootes und zeigte, daß er tatsächlich auf dem besten Weg war, ein tüchtiger Seemann zu werden. Während seine Geschwister und sein Vater noch einige Schwierigkeiten hatten, sich schnell und sicher an Bord zu bewegen, glitt er mittlerweile ebenso geschickt wie jeder Mann der Crew über die Planken.
In der scheinbaren Ruhe des frühen Nachmittags änderte sich nur ein einziger Punkt.
Der Wind drehte, wehte zunächst schwächer aus Nordost, dann kalt aus Nord, schließlich schlug er völlig um und wurde zum Westwind. Die Segelwachen kriegten Arbeit, denn die Schiffe mußten kreuzen, Schlag um Schlag nach Nordwest oder Südwest.
Gegen Abend stand Dan O’Flynn auf der Back und schnupperte in den Wind aus Westen.
„Ich weiß es“, murmelte er im Selbstgespräch. „Aber ich werde mir die Klappe nicht verbrennen. Dennoch riecht es nach Land. Kein Zweifel, meine Freunde. Dan O’Flynn, der Lotse, hat wieder mal zugeschlagen.“
Er hütete sich davor, seine Beobachtung Hasard und den Seewölfen mitzuteilen. Er war immer überzeugt davon gewesen, daß sie näher an Land waren als angenommen. Natürlich bedeutete seine Wahrnehmung noch lange nicht, daß morgen früh die paradiesischen Ufer auftauchten.
Aber …
Der Wind war wärmer. Er wirkte ganz anders. Die Luft roch auch nicht mehr nach See und Wasser wie in den vielen zurückliegenden Tagen und Nächten. Ob es der Geruch nach frischem Wasser war oder nach Wäldern, durch die der Wind strich, konnte Dan nicht sagen. Aber auch einer weniger feinen Nase würde diese Änderung bald auffallen.
Er stieg mit breitem Grinsen über das Deck. Die Schebecke lag mit dem Wind von Backbord auf Nordwestkurs. Der große dunkelrote Sonnenball hing drei Handbreiten über der Kimm.
„Heute nacht“, murmelte Dan vergnügt, „werde ich wohl endlich einmal lange und tief schlafen können.“
Er kontrollierte sorgfältig durch das Spektiv die beiden Galeonen, die voraus in Luv segelten. Dort schien alles in Ordnung zu sein, es gab keine Signale, und an Deck bewegten sich nur die Mannen, die dort etwas zu suchen hatten.
Neben dem Niedergang zum Achterdeck blieb er stehen, schaute zu den ersten blinkenden Sternen hinauf und spürte, wie seine Hoffnung, bald das Schlimmste hinter sich zu haben, um eine kleine Spanne wuchs.
Ob die Schiffe ihre kranke menschliche Fracht ein paar Tage früher oder später an Land setzten, war völlig unwichtig.
Wichtig für alle war der Umstand, daß bald Land gesichtet wurde.
Bald?
Sie würden es erleben, wie lange diese Höllenfahrt noch dauerte. Für die vielen Toten spielte diese Überlegung keine Rolle mehr. Sie hatten ihr nasses Grab gefunden.
Zweimal acht Glasen lang kreuzten die drei Schiffe über den Atlantik, bis nach der Morgendämmerung.
Unverändert wehte der Wind aus dem westlichen Quadranten.
Der unverkennbare Geruch dieses seltenen, teuren Getränks, das sich Kaffee oder Mokka nannte, weckte Don Juan aus einem sehr angenehmen Traum. Er reckte die Schultern, dehnte die Muskeln und sagte sich, daß ein Tag, der mit dem Geruch dieser schwarzen, süßen Brühe anfing, nichts Schlechtes mehr bringen konnte.
Wellenhöhe und Wogenstärke