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überlegte, ob es sich lohne, einen Disput über das Für und Wider eines Seegefechtes zu beginnen. Aber sehr schnell gelangte er zu der Einsicht, daß es keinen Zweck hatte, sich mit dem Generalkapitän herumzustreiten. Er, Gozálbez, hätte dabei doch nur den kürzeren gezogen.

      Wie üblich sagte er deshalb nur: „Si, Señor!“ und nahm, die Order entgegen, die entsprechenden Befehle weiterzuleiten, die den kompletten Verband innerhalb kurzer Zeit in Kampfbereitschaft versetzen würden.

      Die Engländer sollten um jeden Preis angegriffen werden. Doch Gozálbez konnte nicht umhin, sich über diese Entscheidung des Don Ramón Firuso de Fernández zu wundern. Denn es lag sonst so gar nicht in der Art des Generalkapitäns, grundlos gegnerische Schiffe anzugreifen. Auch er hatte seine Anweisungen von der Admiralität: Er sollte sein Geleit möglichst unbeschadet auf dem Weg über die Azoren in die Neue Welt bringen. Was veranlaßte ihn dazu, sich derart aggressiv zu verhalten?

      Old Donegal Daniel O’Flynn hatte seit Luke Morgans Alarmruf nicht aufgehört, die zwölf spanischen Schiffe scharf in Augenschein zu nehmen. Mit unverhohlenem Argwohn spähte er zu den Galeonen und Karavellen, die da mit prall geblähten Segeln heranrauschten.

      „Da liegt was in der Luft“, sagte er finster. „Da braut sich was zusammen, das schwöre ich euch. Die führen was gegen uns im Schilde. Sie haben doch keinen Schlick in den Augen und müssen uns längst entdeckt haben.“

      Hasard mußte den Prophezeiungen des Alten, die manchmal etwas übertrieben waren, recht geben.

      „Das stimmt, Donegal“, sagte er. „Sie hätten sich zu einer Kursänderung durchringen können, aber sie halten ihre Route auch weiterhin ein.“

      Er hatte inzwischen ein paar Berechnungen angestellt und wußte genau, bei welcher Position beide Verbände zwangsläufig zusammentreffen mußten. Die Entscheidung schien jetzt bei ihm zu liegen. Um des Friedens willen konnte er den Kurs der „Isabella“ korrigieren und mit den anderen Schiffen nach Westen ablaufen. Aber was geschah, wenn die Spanier als Fühlungshalter hinter ihm blieben?

      Er wägte alle Möglichkeiten ab, dann sagte er: „Wir warten weiterhin ab. Wenn der Don, der den Verband anführt, etwas von uns will, muß er bald Farbe bekennen.“

      „Das tut er auch gleich, und zwar mit einem saftigen Böller“, sagte Old O’Flynn. „Es gibt Verdruß, das spüre ich in meinem Beinstumpf.“

      „Wie gut, daß wir vorsorglich Klarschiff zum Gefecht sind“, sagte sein Sohn. „Sir, soll ich in den Vormars auf entern? Von dort oben kann ich die Schiffe besser im Auge behalten und sehen, wann sie ihre Stückpforten öffnen.“

      „Das ist nicht nötig“, sagte der Seewolf. „Hilf dafür Ferris, das Katapult aufs Quarterdeck zu hieven.“

      „Aye, Sir!“ sagte Dan, wandte sich um und eilte zu Ferris Tucker, der mit Unterstützung von Blacky und Sam Roskill die „Höllenflaschenabschußkanone“ an Deck geholt hatte. Mit vereinten Kräften beförderten sie das Ding aufs Quarterdeck, wo der rothaarige Riese seinen Gefechtsstand einrichtete – für alle Fälle.

      Für den „Fall eines Falles“ verließ auch Big Old Shane das Achterdeck und holte sich seinen Langbogen aus englischer Eibe. Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, hielt den Bogen bereits in der Hand, und zusammen teilten sie jetzt untereinander die Brandpfeile und Pulverpfeile auf, die beim Gefecht ebenso wie die Höllenflaschen eine sinnvolle Ergänzung zu den übrigen Bordwaffen der „Isabella“ darstellten.

      Während auch auf der „Wappen von Kolberg“, auf „Roter Drache“, auf dem Schwarzen Segler, auf der „Le Vengeur III.“ und der „Tortuga“ alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen wurden, ging an Bord der sechs Schiffe das große Rätselraten weiter. Was hatten die Spanier vor? Was würden sie unternehmen? Bahnte sich tatsächlich ein Gefecht an, für das es keinerlei Motiv gab? Es schien absurd zu sein – und doch sollten sich alle dumpfen Ahnungen bewahrheiten.

      2.

      Hektischer Betrieb herrschte an Bord der „Vencedor“, der „Confianza“, der „San Mateo“ und der vier Kriegskaravellen. Ramón Firuso de Fernández’ Befehle hatten eine Kette von Aktivitäten ausgelöst. Rufe und Flüche ertönten auf den Schiffen, das Trappeln von Stiefeln und nackten Fußsohlen erzeugte einen Rhythmus, der von heraufziehendem Unheil kündete.

      Mitten in den Vorbereitungen ließ der Generalkapitän seinen Stückmeister Jaime Rabel durch Gozálbez zu sich rufen – und wieder wunderte sich der Erste Offizier, als Fernández in seiner Kapitänskammer verschwand und kurz darauf auch Rabel das Achterkastell betrat.

      Was hatte der Generalkapitän dem Stückmeister mitzuteilen? Warum gab er ihm seine Befehle nicht öffentlich, vor den Achterdecksgästen und der Mannschaft? Was sollte die Geheimnistuerei?

      Auf dem Hauptdeck steckten ein paar Männer an den Geschützen die Köpfe zusammen und tuschelten miteinander. Gozálbez verfolgte es voller Unbehagen. Das seltsame Verhalten des Generalkapitäns konnte böses Blut erzeugen. Auch die Offiziere waren von dem, was vorging, alles andere als erbaut. Doch keiner von ihnen vermochte zu erraten, was in diesem Moment in der Kapitänskammer besprochen wurde.

      Hätten sie die Möglichkeit gehabt, die Unterredung der beiden Männer zu belauschen, wären ihre Gesichter vor lauter Verwunderung lang und länger geworden. Nie zuvor hatte sich etwas Vergleichbares an Bord der „Vencedor“ zugetragen, und es war wohl auch das erstemal, daß auf einem spanischen Schiff ein Komplott wie dieses geschmiedet wurde.

      Jaime Rabel war ein großer, hagerer Andalusier mit schulterlangem, schwarzem, strähnigem Haar. Er hatte feinnervige, lange Finger, die meisterhaft mit Lunten und Zündlöchern umzugehen verstanden. Wenn er Freiwache hatte, pflegte er auf seinem Saiteninstrument, der Vihuela, zu spielen und maurische Gesänge anzustimmen, die den Nordspaniern an Bord erheblich auf den Geist gingen. Auch Fernández konnte ihn nicht sonderlich gut leiden, doch für das, was er plante, war dieser finstere, meist schweigsame und sehr stolze Rabel, der ihn jetzt vom Eingang der Kammer her aufmerksam musterte, genau der richtige Mann.

      „Setzen Sie sich, Rabel“, sagte Fernández. Er hatte hinter seinem Tisch Platz genommen. „Ich habe einen besonderen Befehl für Sie, und ich erwarte von Ihnen, daß Sie ihn mit größter Präzision ausführen.“

      Rabel setzte sich. „Señor Capitán, soll ich dem Flaggschiff der Engländer das Rüder wegschießen? Ist es das, was Sie von mir verlangen?“

      Fernández lächelte und setzte eine verschwörerische Miene auf. „Im geeigneten Augenblick sollen Sie natürlich auch das versuchen, mein lieber Freund. Aber hören Sie mir erst einmal zu.“

      Rabel beugte sich mit gespanntem Gesicht vor. Es war noch nie passiert, daß der Generalkapitän persönlich ihn zu sich gerufen hatte. Es war allenfalls mal der Erste Offizier gewesen, der sich dazu herabließ, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Es war bekannt, daß Ramón Firuso de Fernández das „gemeine Decksvolk“ verachtete und jeden direkten Kontakt zu den Männern, die vor dem Mast fuhren, vermied. Demnach mußte schon ein ganz besonderer Anlaß vorliegen, ihn hierherzubestellen. Aber welcher?

      Rabels Augen verengten sich leicht. Die Sache war ihm nicht geheuer. Er war nicht der „liebe Freund“ des Generalkapitäns. Es war durchaus möglich, daß der Mann irgendein Himmelfahrtskommando plante, bei dem er ihn, Rabel, und vielleicht gleich noch ein Dutzend anderer Männer der „Vencedor“ zu verheizen gedachte.

      „Sie kennen doch Adriano de Mendoza y Castillo“, begann der Generalkapitän.

      „Den Kapitän der ‚Confianza‘?“ Rabel mußte lächeln. „Ja, natürlich. Mir sind die Namen sämtlicher Schiffskapitäne in unserem Geleit bekannt, Señor.“

      „Gewiß, aber ich meine etwas anderes. Wie gut wissen Sie über Castillo Bescheid?“

      War das eine Fangfrage? Rabel dachte angestrengt nach. Fernández war ein Mann von impulsiver und leicht aufbrausender Art, es war nur ratsam, ihn nicht zu reizen. Die Antwort mußte

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