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kombiniert.

      Es war allerdings, gelinde gesagt, ein völlig unterfinanzierter und an jeglichen anderen Ressourcen ziemlich zehrender Kraftakt, mit dem dieser Workshop überhaupt realisiert werden konnte. Dass sich nun aber just diejenige Seite in der Tierversuchsdebatte, die außer durchgearbeiteten Wochenenden und idealistischer Fleißarbeit nichts von solch einem Engagement hat, für das normativ Geforderte einsetzt, sollte nicht nur die breitere Bevölkerung, sondern gerade auch die Institutionen nachdenklich machen.

      Von Scham und Trauer möchte ich an dieser Stelle nicht wieder sprechen. Aber in einem derart politisierten System wie dem in diesem Fall erfahrenen muss man sich, so denke ich, ethisch nicht viel vormachen. Es gehört kein Politikstudium dazu zu erkennen, dass es auch eine politische Frage ist, welche Veranstaltungen mit welchen Inhalten für wen zugänglich gemacht werden. Hier besteht grundsätzlich die Gefahr, dass nur gehört wird, was gehört werden soll. In Anbetracht des Pluralismus in der Ethik und ihrer Schwierigkeiten, sich als Wissenschaft zu behaupten, mag es bisweilen zu reizvoll sein, eben nur diejenigen Ethiker*innen dazuzubitten, die das jeweilige System gerade noch verkraften kann. Diese Auswahl hat nicht zuletzt mit gefühlten Eindrücken und Berührungsängsten zu tun. So habe ich etwa bei jemandem promoviert, der sich auf der besagten Podiumsdiskussion zu den Kommissionen am MKE vor vielen Jahren klar für Grundrechte für Tiere ausgesprochen hat, der aber gleichzeitig und immer wieder gerne von Rationalität und von Wahrscheinlichkeiten spricht. Wenn er mir nun eine Anfrage für einen Beitrag zu der Frage weiterleitet, wie die „ethische Vertretbarkeit“, die in den Anträgen begründet werden muss, „operationalisiert“ werden kann, und zwar „befriedigender als bislang“, und wenn er die Person, die nach solchen Verbesserungsmöglichkeiten sucht, an mich weiterempfiehlt, dann freue ich mich. Ich wundere mich aber nicht mehr, wenn diese Person, die sich auch „im System“ befindet, sich bei mir dann doch nicht meldet – nicht einmal, um herauszufinden, ob meine „systemkritischen“ Vorstellungen und Erfahrungen dazu, wie ethische Urteile in einem solchen Prozess gebildet werden, geschweige denn, wie sie sich bewähren können, so vernachlässigbar sind, wie diese Person aus welchen Gründen auch immer meint.

      Sagte ich, ein solches Engagement sei geprägt von durchgearbeiteten Wochenenden und idealistischer Fleißarbeit? Ich vergaß zu erwähnen: den potenziellen Reputationsverlust. Dabei ist meine individuelle Reputation im Kontext des großen Ganzen gewiss nicht zentral. Aber es gibt die Geschichten der Abwertung von engagierten, selbstlosen Kolleg*innen, die das mit den Tieren, mit der Wissenschaft und mit dem gesetzlichen Auftrag der Überwachung und, ja, auch der Abschaffung von Tierversuchen ernst nehmen. Es gibt aber auch die Geschichten von denen, die Biologie oder (Tier-)Medizin studieren wollten, ohne Tierversuche durchführen zu müssen, und die dann das Fach gewechselt oder eben die Sensibilität verloren haben. Und manche Karrieren gehen aufgrund mangelnder Finanzierung irgendwann eben nicht weiter … Dass es all diese Geschichten auch gibt, ahnen Sie sicher selbst, und das ist hier nicht mein Thema.

      Was ich hier aber offen anprangere, was mich philosophisch umtreibt, ärgert und betrübt, ist eine pseudo-pragmatische Ethik der Bequemlichkeit. Wenn man institutionell (und das ist immer auch politisch) nur gerade so viel moralischen Zweifel, so viel Kritik zulässt, dass das existierende System gerade nicht wirklich ins Nachdenken, in Bewegung versetzt wird, dann können sich andere so sehr hineingedacht haben, wie sie mögen – bewirkt wird dadurch nichts oder nur sehr wenig. Das aber ist Pragmatismus im schlechten Sinne, vielleicht mit Methode, aber ohne das Spektrum an Perspektiven, die notwendig sind, um zu guten, weil nachhaltigen und intelligenten Lösungen zu kommen. Diese Perspektiven aber werden auch durch Emotionen eröffnet, das hoffe ich, nahegelegt zu haben und zeigen zu können. Vor allem aber werden mit einer solchen Bequemlichkeit Probleme tangiert, die tiefer liegen als die einer irgendwie „angewandten“ Ethik. So zum Beispiel auch das Problem, was es heißt, im Umgang mit Tieren wirklich Mensch und menschlich zu sein – und was sich gemeinschaftlich dafür tun lässt.

      1.2Warum ich lieber keine Veganerin wäre: Ein Versuch über Massentierhaltung

      Ich erinnere mich nicht mehr an das Wetter, nicht mehr an das genaue Datum; es muss ein Samstag gewesen sein. Ich erinnere mich nur noch ungefähr daran, wie alt ich gewesen bin, Teenager eben, aber was ich damals verstanden habe, das ist mir heute noch klar: Wir lieben die einen Tiere und töten die anderen – und das ist ein Problem. Und dabei meine ich mit „die einen Tiere“ nicht Pferde oder Hunde und mit „die anderen“ Schweine oder Hühner. Damals meinte ich „die einen Pferde“ und „die anderen Pferde“. Heute meine ich die einen Tiere – Menschen – und alle anderen. Aber ich greife voraus.

      Zurück zu besagtem Samstag, irgendwann Anfang der 1990er-Jahre. Es geht auf 12 Uhr zu, der Pferdemarkt ist bald vorbei. Ich bin ein „Pferdemädchen“, habe mein Taschengeld für Huffett, Bürsten und Leckerli ausgegeben und komme in einer Ecke neben einem Kaltblut zu stehen. Auf seinem Rücken steht eine Zahl in blauer Kreide. Das ist sein Schlachtgewicht. Der Pferdemarkt findet im Schlachthof statt und in dem Moment wird mir zum ersten Mal die Bedeutung dieses Wortes klar und mir wird klar, dass die Pferde, die hier keinen neuen Käufer finden oder wieder mitgenommen werden, getötet werden. Diese Erkenntnis trifft mich nicht wie ein Schlag, sondern sie nistet sich hintergründig in meinem Kopf ein. Es ist zunächst ein Gefühl der Irritation, dann eine Ahnung, dass ich schon weiß, aber nicht wissen will. Das Pferd guckt mich nicht an. Ich gucke es an, gucke es weiter an, versuche zu verstehen, auch, ob ich verstehen will. Anders als bei meinem Patenpferd in einem Münchner Reitstall und ausnahmslos all seinen Kolleg*innen kenne ich seinen Namen nicht. Aber ich sehe keinen Unterschied, sehe nicht, warum es nicht in einer dieser Boxen stehen könnte, mit seinem genauso weichen Maul am Heu zupfen, mit seinem genauso langen Schweif die Fliegen vertreiben und mit genauso viel und manchmal genauso herzlich wenig Elan den Wünschen kleiner und großer Mädchen und von ein paar Jungs entspräche, die es füttern, putzen, streicheln, reiten, ausführen und anhimmeln wollen. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich von dieser Erfahrung ausgehend generalisiert habe. Schlimmere Bilder als dieses hat es jedenfalls nicht mehr gebraucht. Ich hatte den Entschluss gefasst, kein Fleisch mehr zu essen, und die einzigen Male, die ich dann noch am Schlachthof war, bin ich mit meiner besten Freundin dort gewesen, um zu gucken, ob wir nicht ein Pferd oder eine Kuh rausholen könnten. Das hat nie geklappt.

      Der Gefühlsmix aus Scham, bislang so dumm gewesen zu sein, das nicht zu sehen, und aus Verzweiflung, gepaart mit dem Impuls, da jetzt aber schnell etwas machen zu müssen, führten mich in den jugendlichen Fleischverzicht und in so etwas wie Aktivismus. Mit meinen 13 Jahren – oder wie alt ich eben gewesen bin – war ich voller Hoffnung, Entschlossenheit, Beseeltheit und Aufklärung, auch wenn sich mein Mahnen und meine Proteste auf Familie und Freund*innen beschränkten.

      Natürlich wollte ich die, die mir nahestehen, davor bewahren, solch eine Ungerechtigkeit zu begehen. Es ging also nicht nur um die Tiere, sondern auch um die Leute, Familie, Freund*innen, die man ja als bessere Menschen sehen will. Davon zeugt der noch heute traurige, faule Schmerz, wenn ich daran denke, wie mein kluger, integerer Vater sich das Fleisch trotz allem schmecken ließ, ja, sogar Witze machte über mich und meinen Verzicht. Aus der Sorge um mein soziales Umfeld, in dem sich meine moralische Erkenntnis bewähren musste, entwickelte ich, wie so viele andere auch, unendliche Möglichkeiten, auf den gedankenlosen Fleischkonsum der anderen zu reagieren: verständnisvoll („Ja, klar muss es schmecken, aber probiere doch mal x?“), neckend („Oh, Fleisch-Salat!“), kritisch („Schon wieder Fleisch!“) oder sauer („Ihr versteht mich nicht …“). Ich glaube, in unseren Breitengraden hat jede*r schon einmal an einem Tisch gesessen, wo es um das Thema Fleisch ging, war dabei auf der ein oder anderen Seite und kann den Eindruck teilen: Das Miteinander stockt irgendwann. Auch wenn es manchmal so scheinen mag – Essen ist eben keine individuelle Angelegenheit, sondern eine sozial geteilte Praxis. Wer sie boykottiert oder „Extrawünsche“ anmeldet, macht sich nicht beliebt, auch wenn die Gründe einsichtig sind. Das gilt nicht nur für die spezifische Situation, wenn sich mehrere Menschen zum Kochen oder Abendessen verabreden, sondern auch für all die Praktiken, die im Hintergrund dafür sorgen, dass es überhaupt etwas zu essen geben kann, und die entscheiden, was das ist. Zu diesen Praktiken zählen mindestens die Landwirtschaft, die Lebensmittelindustrie und -forschung, der Markt und die Politik.

      Nun

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