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deßhalb bringt er es über sein Herz, Diesen leiden, und Jenen schwelgen zu sehen.

      Auch die zweite Ursache (der Trübsal) will ich aus der Schrift zu belegen versuchen. Und welche war das? Daß wir nicht, wenn wir zu gleicher Tugend aufgefordert werden, sagen sollen, Jene seien einer andern Natur theilhaftig, oder nicht Menschen gewesen. Deßhalb sagt Jemand, indem er von dem großen Elias redet, etwa also: „Elias war ein Mensch, den Leiden unterworfen wie wir.” 27Siehst du, wie er aus der Gemeinschaft der Leiden beweist, er sei ein Mensch gleich uns? Und wieder: „Denn auch ich bin ein Mensch und wie ihr den Leiden unterworfen.” 28 Das also verbürgt uns die Gemeinschaft der Natur. Damit du aber einsehest, daß die Trübsal uns auch belehrt, wen wir selig zu preisen haben und wen nicht, so erhellet Dieß daraus. Wenn du nämlich den Paulus sagen hörst: „Bis zu dieser Stunde hungern und dursten wir, sind entblößt, werden mit Fäusten geschlagen und haben keine bleibende Stätte und mühen uns ab,” 29 und: „Wen der Herr lieb hat, den züchtiget er; er schlägt aber jeglichen Sohn, den er aufnimmt,” 30so ist es sehr klar, daß wir nicht die, welche in Ruhe dahin leben, sondern die, welche um Gottes willen verfolgt werden und leiden, lobpreisen und die nachahmen sollen, welche tugendhaft leben und sich der Gottseligkeit befleißen. So sagt auch der Prophet: „Ihre Rechte ist eine Rechte der Bosheit; ihre Töchter sind geputzt und ringsum geschmückt nach Art eines Tempels; ihre Speicher sind voll, eines wird zum andern geschüttet; ihre Schafe sind fruchtbar und gehen aus in großer Zahl; ihre Rinder sind fett; da ist kein Mauerriß, kein Durchgang, noch Geschrei auf ihren Gassen. Glückselig preist man dein Volk, das Solches hat.”31 Was aber sagst du, o Prophet? „Glückselig das Volk,” spricht er, „dessen Herr sein Gott ist.” Nicht den, der reich ist an Gütern, sondern wer in Gottesfurcht pranget, den, spricht er, preise ich glücklich, und wenn er auch zahllose Unfälle erleidet.

      Wenn wir noch eine neunte Ursache angeben sollen, so möchten wir dieses anführen, daß die Trübsal die Angefochtenen bewährter macht. Denn die Trübsal bewirkt Geduld, die Geduld aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung, die Hoffnung aber macht nicht zu Schanden.” 32Siehst du, daß die Bewährung aus der Trübsal die Hoffnung auf die zukünftigen Dinge in uns erwecket und das Beharren in Versuchungen uns gute Hoffnung gewährt auf das, was zukünftig ist? Ich sagte also nicht umsonst, daß gerade jene Trübsale unsere Hoffnung auf die Auferstehung besiegeln, und die Geprüften zu einer höhern Stufe der Vollkommenheit emporheben: „Denn,” heißt es, „gleichwie das Gold im Ofen, also wird ein Mensch, der Gott gefällt, im Ofen der Trübsal bewährt.” 33

      Noch eine zehnte Ursache ist zu nennen. Und was ist das für eine? Damit wir, was ich auch schon früher oft gesagt habe, auch die uns etwa anklebenden Makeln hienieden noch ablegen. Darauf deutet der Erzvater Abraham, wenn er zu dem Reichen sagt: „Lazarus hat sein Böses empfangen, darum wird er getröstet.” 34 — Und nebst dieser bietet sich noch eine andere dar; und welche ist das? Damit unsere Kronen und Kampfpreise sich mehren. Denn je höher die Trübsale steigen, um so viel, ja um vieles mehr, wächst die Vergeltung: „Denn die Leiden dieser Zeit,” heißt es, „sind nicht zu vergleichen mit der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.” 35

      Da wir nun so viele Gründe für die Trübsal der Heiligen anführen können, so laßt uns in den Versuchungen nicht mißmuthig werden, noch verzagen, noch auch in Unruhe fallen, sondern laßt uns zuvörderst unsere eignen Seelen erziehen und unterweisen und dann Andern das Gleiche lehren. Und wenn du einen Menschen siehst, der tugendhaft lebt, der Weisheit obliegt und Gott wohlgefällt, dann aber unzählige Übel erduldet: so laß dich das nicht ärgern, Geliebter. Und wenn du siehst, daß Jemand geistliche Geschäfte unternimmt und etwas Heilsames zu vollführen im Begriff steht, aber darüber zu Fall kommt: so laß dich das nicht beirren. Denn ich weiß. daß Viele also bei sich fragen: „Jener,” sagen sie, „reiste nach dem Martyrium, 36den Armen Geschenke zu bringen und litt Schiffbruch und verlor Alles. Wieder ein Anderer gerieth in demselben Falle unter Räuber, rettete kaum sein Leben und entwich nackt von dannen. Was sollen wir dazu sagen?” Daß man sich über nichts Derartiges betrüben soll! Denn litt er auch Schiffbruch, so bleibt ihm dennoch die Frucht der Gerechtigkeit unverkürzt. Denn er hat alles das Seinige gethan: er sammelte die Gaben, verwahrte sie, nahm sie und ging. Er trat die Reise an; der Schiffbruch geschah weiter nicht mit seinem Willen. Aber weßhalb ließ Gott diesen zu? Um ihn bewährt zu machen. „Allein die Armen,” sagst du, „gingen der Gaben verlustig.” Du trägst nicht so große Sorge für die Armen als Gott, der sie gemacht hat. Denn ob sie auch dieser Almosen verlustig gingen, so kann er ihnen anderswoher eine noch reichere Quelle des Überflusses eröffnen.

      10.

      Laßt uns demnach über solche Ereignisse von ihm nicht Rechenschaft fordern, sondern in Allem ihn preisen. Denn nicht umsonst und ohne Grund läßt er oft dergleichen geschehen; ja, nebstdem, daß er derer nicht vergißt, welche des Trostes dieser Gaben genießen sollten, sondern ihnen statt derselben andere Nahrungsquellen eröffnet, macht er auch den, der den Schiffbruch erlitt, bewährter und verhilft ihm zu einem größern Lohne. Denn viel größer als Almosengeben ist Dieß, daß auch ein in solche Umstände Versetzter Gott noch Dank sage. Denn nicht nur, was wir an Almosen geben, sondern auch was wir, von Andern beraubt, edelmüthig ertragen, — auch das bringt uns reichliche Frucht. Und damit du lernest, dieses sei größer als jenes, so will ich es dir an den Schicksalen Jobs deutlich machen. Als dieser noch seine Güter besaß, öffnete er das Haus den Armen und theilte Alles aus, was er hatte; allein er leuchtete nicht so hell, da er sein Haus den Armen aufthat, als da er hörte, daß es eingestürzt sei, und er dennoch nicht murrte. Er leuchtete nicht so hell, da er von der Schur der Schafe die Nackten bekleidete, als erleuchtete und preiswürdig war, da er hörte, daß Feuer herabgefallen sei und alles Zuchtvieh verzehrt habe, und er dennoch danksagte. Damals war er ein Menschenfreund, jetzt ward er ein Weiser; damals erbarmte er sich der Armen, jetzt dankte er dem Herrn, und sprach nicht bei sich selbst: „Was soll das sein? Die Heerden sind zerstört, von denen unzählige Arme sich nährten? und wenn ich unwürdig war, dieses Wohlstandes zu genießen, so sollte ich wenigst um deretwillen verschont bleiben, die daran Theil hatten!” Allein nichts dergleichen sagte noch dachte er, sondern er wußte, daß Alles, was Gott thut, weislich gethan ist. Und damit du dich überzeugst, daß er dem Teufel später eine tiefere Wunde schlug, da er nach dem Verlust danksagte, als da er im Besitze Almosen spendete, so erwäge nur, daß, als er im Besitze war, der Teufel immer einen Argwohn auszusprechen hatte, und dennoch, wenn auch fälschlich, sagen konnte: „Dient dir denn Job umsonst?” Nachdem er ihm aber Alles genommen und ihn von Allem entblößt hatte, und derselbe deßungeachtet seine gute Gesinnung gegen Gott bewahrte: da war ihm sein unverschämtes Maul forthin gestopft und er hatte nichts weiter zu sagen. Denn der Gerechte leuchtete herrlicher als zuvor. Denn ungleich größer als der Reiche, der Barmherzigkeit übt, ist der, welcher den Verlust aller Dinge edelmüthig und mit Danksagung erträgt; wie an diesem Gerechten ersichtlich ist. Damals war er voll reicher Huld gegen die Mitknechte; jetzt offenbarte er seine große Liebe gegen den Herrn. — Ich halte mich bei diesem Gedanken nicht ohne Grund länger auf, sondern weil öfters Viele, welche Almosen gaben und Wittwen ernährten, ihrer Habe beraubt wurden, Andere bei einfallender Feuersbrunst Alles verloren, Andere Schiffbruch erlitten, noch Andere durch Verläumdungen und Nachstellungen aller Art, ungeachtet ihrer großen Mildthätigkeit, in die äußerste Armuth, in Schwachheit und Krankheit geriethen, ohne daß sich Jemand ihrer hilfreich angenommen hätte: damit wir nun nicht sagen, was in der Regel die Menge sagt: „Es weiß Niemand Nichts,” 37 so ist all das Angeführte hinreichend, diesen beunruhigenden Gedanken abzuweisen. „Dieser,” sagt man, „der so viel Barmherzigkeit thut, hat alles verloren.” Und was hat es denn zu bedeuten, daß er Alles verlor? Wenn er ob dieses Verlustes danksagt, so wird er sich des göttlichen Wohlgefallens in um so höherem Grade bemeistern, und wird es nicht zwiefältig, wie Job, sondern hundertfältig wieder empfangen sammt dem zukünftigen Leben. Wenn es ihm hienieden aber übel ergeht, so bringt ihm eben dieses, daß er Alles edelmüthig erträgt, einen um so größern Lohn. Denn nur, weil Gott ihn auf einen höhern Kampfplatz und zu größern Kämpfen beruft, ließ derselbe ihn aus dem Wohlstande in Armuth verfallen. Kam oft Feuer herbei und verzehrte dein Haus und vernichtete dir deine gänzliche Habe? Denke an Job’s Geschick;

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